958 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Ausgedruckt am 22. 1. 2002
Bericht
des Rechnungshofausschusses
betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Autragsvergaben im Bundesstraßenbau und Bundeshochbau (Zweiter Teilbericht) (III-110 der Beilagen)
Der gegenständliche Wahrnehmungsbericht erfolgte auf Grund eines Prüfungsersuchens des damaligen Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 1 Abs. 4 RHG 1948 vom 8. Mai 1998.
In der Kurzfassung des Prüfungsergebnisses führt der Rechnungshof im gegenständlichen Bericht ua. wie folgt aus:
Im überprüften Zeitraum (1994 bis 1996) tätigten die überprüften Dienststellen und Unternehmungen des Bundesstraßen- und Bundeshochbaues Vergaben im Umfang von rund 8,9 Milliarden Schilling. Hieraus wählte der Rechnungshof nach Strukturierung der Vergaben in mehrere Risikoklassen mit einem Stichprobenverfahren 16 Vergaben von Straßen- und Brückenbauarbeiten und 93 Vergaben im Hochbaubereich (Baumeister- und Professionistenarbeiten) aus, die insgesamt rund 40% der gesamten Auftragssumme umfassten.
Dem Anlass und besonderen Charakter der Gebarungsüberprüfung entsprechend maß der Rechnungshof der Ordnungsgemäßheit der Abwicklung der Auftragsvergaben und der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften hohe Bedeutung bei.
Dabei beanstandete der Rechnungshof Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften. Diese führten teilweise dazu, dass die notwendige Transparenz des Vergabeverfahrens nicht mehr gegeben war oder dass der Zuschlag an Bieter erteilt wurde, die nicht Bestbieter im Sinne der vergaberechtlichen Vorschriften waren, weil ihr Angebot zB auszuscheiden gewesen wäre. Bei zwei Bauvorhaben schloss der Rechnungshof wegen der auffälligen Preisgestaltung Bieterabsprachen nicht aus.
Bei 16 Hochbauvorhaben war das Leistungsverzeichnis so mangelhaft, dass ein wesentlicher Teil der Leistungen nicht oder in anderem Umfang ausgeführt wurde. Dies hat gemeinsam mit stark unterschiedlich angebotenen Einheitspreisen zur Folge, dass bei diesen Vorhaben ein an zweiter Stelle oder noch weiter dahinter gereihter Bieter die im Leistungsverzeichnis enthaltenen Leistungen billiger abgerechnet hätte als der jeweilige ursprüngliche Billigstbieter (insgesamt 7,6 Millionen Schilling).
Bei einigen Bauvorhaben stellte der Rechnungshof Abrechnungsmängel mit wesentlichen Kostenauswirkungen fest. Das aus den Vergabemängeln und Abrechnungsmängeln resultierende Einsparungspotenzial schätzte der Rechnungshof mit rund 6 Millionen Schilling bei den überprüften Straßenbauvorhaben und mit 63,9 Millionen Schilling bei den überprüften Hochbauvorhaben ein, wovon rund 6,5 Millionen Schilling zurückgezahlt sind oder einbringlich sein könnten.
In den Schlussbemerkungen des gegenständlichen Wahrnehmungsberichtes führt der Rechnungshof aus:
Angesichts der Vergaben durch öffentliche Stellen (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger, Kammern, öffentliche Unternehmungen usw.), die sich auf etwa 300 Milliarden Schilling jährlich belaufen, vermögen bereits wenige, nicht korrekt durchgeführte Vergabeverfahren oder in deren Vorfeld gelegene, den freien Wettbewerb behindernde Vorgänge beträchtliche finanzielle Nachteile für die vergebenden Stellen und damit in letzter Konsequenz für die Steuerzahler zu bewirken.
Nach Ansicht des Rechnungshofes obliegt es deshalb in erster Linie den vergebenden Stellen die erforderlichen Vorkehrungen für die Einhaltung der Grundsätze des freien und fairen Wettbewerbs (zB Gleichbehandlung der Bieter) zu treffen.
Zur Verwirklichung dieser Grundsätze empfahl der Rechnungshof aus Anlass der gegenständlichen Gebarungsüberprüfung der Auftragsvergaben im Bundesstraßenbau und Bundeshochbau zusammenfassend,
– die im Vergaberecht vorgesehenen Formvorschriften einzuhalten;
– die Leistungsverzeichnisse auf Basis ausgereifter Planungen, Bestandserhebungen und unter Einbeziehung der abschließenden Wünsche der späteren Nutzer so zu erstellen, dass die Abweichungen bei der Ausführung so gering wie möglich sind;
– allfällige Wahlpositionen in die Schlusssumme von Alternativen einzubeziehen und eine angemessene Anzahl von Leistungspositionen als „wesentliche Positionen“ (zB etwa im Preisumfang der halben zu erwartenden Angebotssumme) zu bezeichnen;
– die Angebotseröffnung nach allen Kriterien der Transparenz und Ordnungsgemäßheit durchzuführen;
– die Angebotsprüfung und -beurteilung sowohl nach den formalen Erfordernissen (Rechtsgültigkeit) als auch verstärkt ua. im Hinblick auf das Erkennen von Spekulationsansätzen von Unterpreisen und überhöhten Preisen (Preisanalyse) vorzunehmen sowie
– bei der Bauabwicklung in Wahrnehmung der Bauherrnfunktion verstärkt auf die vertragsgemäße Einhaltung der ausgeschriebenen Leistungsinhalte durch die ausführenden Unternehmungen und deren Überwachung durch die örtliche Bauaufsicht zu achten.
Der Rechnungshofausschuss hat den gegenständlichen Wahrnehmungsbericht, der dem Ausschuss am 29. September 2001 zugewiesen wurde, in seinen Sitzungen am 4. Dezember und 19. Dezember 2001 unter Beiziehung von Auskunftspersonen gemäß § 40 Abs. 1 GOG behandelt.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Wolfgang Großruck, Dr. Günther Kräuter, Mag. Gilbert Trattner, Mag. Heribert Donnerbauer, Mag. Kurt Gaßner, Christian Faul und der Ausschussobmann Mag. Werner Kogler und die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dr. Monika Forstinger und der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein sowie der Präsident des Rechnungshofes Franz Fiedler.
Mit Stimmenmehrheit wurde beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Wahrnehmungsberichtes zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Rechnungshofausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Auftragsvergaben im Bundesstraßenbau und Bundeshochbau (Zweiter Teilbericht) (III-110 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2001 12 19
Norbert Staffaneller Mag. Werner Kogler
Berichterstatter Obmann