995 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 25. 2. 2002

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (724 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungszusammenarbeit, EZA-G) erlassen und das Urlaubsgesetz geändert werden

Das Bundesgesetz über die Hilfe an Entwicklungsländer (Entwicklungshilfegesetz) stammt vom 10. Juli 1974 (BGBl. Nr. 474) und wurde 1989 novelliert (BGBl. Nr. 579).

Schon 1974 hieß es in den Erläuterungen, dass Entwicklungshilfe – sie wird nun breiter als Entwick­lungszusammenarbeit definiert – ein länger dauernder Prozess sei. In den vergangenen 25 Jahren hat sich die schon damals aufgezeigte Entwicklungsproblematik weiter zugespitzt. Während einigen wenigen Entwicklungsländern, vor allem in Asien, der Weg zur Industrialisierung gelungen ist, hat eine größere Zahl kaum Fortschritte gemacht. Die Zahl der in absoluter Armut lebenden Menschen ist inzwischen auf 1,4 Milliarden angestiegen. Die Kluft zwischen dem Fünftel der reichsten Länder und dem Fünftel der ärmsten betrug 1960 30:1, 1990 60:1 und 1997 74:1. Diese Armut ist auch eine der Hauptursachen für immer neue Konflikte, die wiederum ihrerseits jede weitere Entwicklung im Keim ersticken, und für Umweltzerstörung in teilweise globaler Dimension.

Die Globalisierung macht eine Auseinandersetzung mit der Dritten Welt nicht nur zu einem sozialen Gebot, sondern zu einer politischen Notwendigkeit. Einzelne Länder alleine können nicht weltweite Umweltfragen lösen. Frieden verlangt internationale Zusammenarbeit. Massenmigration kann nur dann langfristig in den Griff bekommen werden, wenn auch an der Beseitigung ihrer Ursachen gearbeitet wird. Entwicklungszusammenarbeit kann einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der globalen Probleme leisten.

Gefordert ist also weltweite Partnerschaft und geteilte Verantwortung. So gesehen, hat Entwicklungszu­sammenarbeit in den kommenden Jahren ein erweitertes Mandat zu erfüllen.

Österreich beteiligt sich seit 1961, als es der neu geschaffenen OECD (Nachfolgeorganisation der früheren OEEC) und dem DAC (Development Assistance Committee) beitrat, an Maßnahmen der Ent­wicklungszusammenarbeit. Seither hat Österreich die Zielsetzungen dieser Organisationen mitgetragen.

Im Rahmen der Vereinten Nationen, deren Mitglied Österreich seit 1955 ist, hat die Österreichische Bundesregierung schon 1970 die quantitative Zielsetzung der Vereinten Nationen, nämlich die Leistung von 0,7% des BNP als öffentliche Entwicklungszusammenarbeit, für sich anerkannt und in späteren Jahren immer wieder bekräftigt.

Seit 1995 ist Österreich als Mitglied der EU gehalten, sich auch an der gemeinschaftlichen Entwick­lungszusammenarbeit und ihrer Finanzierung zu beteiligen und an ihrer Umsetzung mitzuarbeiten. Dies hat bisher zu einem Anstieg der öffentlichen Leistungen für Entwicklungszusammenarbeit um bis zu 1,5 Milliarden Schilling jährlich geführt.

Entwicklungszusammenarbeit wird heute als ein Teil der Entwicklungspolitik angesehen, die wiederum die Gesamtheit aller jener Maßnahmen bedeutet, die Entwicklungsländer positiv oder negativ berühren können.

Entwicklungspolitische Maßnahmen können von einer Vielzahl von staatlichen Akteuren gesetzt werden und finden in einem komplexen internationalen Umfeld statt, sodass Kohärenz und Koordination unabdingbar geworden sind.

Das vorliegende Gesetz soll diesen geänderten Bedingungen Rechnung tragen.

Die durch Artikel 2 vorgesehene Änderung des Urlaubsgesetzes stellt klar, dass Tätigkeiten als Ent­wicklungshelfer für eine Organisation im Sinne des § 3 Abs. 2 Entwicklungszusammenarbeitsgesetz (Artikel 1) für die Bemessung des Urlaubsausmaßes anzurechnen sind.

Der Außenpolitische Ausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage erstmals in seiner Sitzung am 13. November 2001 in Verhandlung genommen und nach der Berichterstattung für den Ausschuss einstimmig beschlossen, die Regierungsvorlage dem für Fragen der Entwicklungspolitik eingesetzten Unterausschuss, dem seitens der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion die Abgeordneten Christian Faul, Dr. Elisabeth Hlavac, Inge Jäger (Obfrau) und Mag. Christine Muttonen, seitens des Parlaments­klubs der Freiheitlichen Partei Österreichs die Abgeordneten Ilse Burket, Ing. Gerhard Fallent, Evelyn Freigaßner und Dr. Gerhard Kurzmann (Obfraustellvertreter), seitens des Parlamentsklubs der Österreichischen Volkspartei die Abgeordneten Edeltraud Gatterer, Wolfgang Großruck, Mag. Karin Hakl (Obfraustellvertreterin) und Dr. Günther Leiner sowie seitens des Parlamentsklubs der Grünen die Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Schriftführerin) angehören, zur weiteren Beratung zuzuweisen.

Der erwähnte Unterausschuss beschäftigte sich in seiner Sitzung vom 5. Dezember 2001 mit der gegenständlichen Regierungsvorlage und berichtete durch seine Obfrau dem Außenpolitischen Ausschuss in dessen Sitzung vom 14. Februar 2002.

An der sich an diesem Bericht anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Ing. Gerhard Fallent, Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Elisabeth Hlavac und Inge Jäger sowie die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner.

Die Abgeordneten Inge Jäger und Mag. Ulrike Lunacek brachten einen Entschließungsantrag ein, dem folgende Begründung beigegeben war:

„Bei der Sitzung der Entwicklungsminister der Europäischen Union am 8. November 2001 wurden erst­mals verbindliche Schritte zur Erhöhung der nationalen Entwicklungshilfe akzeptiert. Um eine Anhebung der nationalen Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts zu erreichen, vereinbarten die EU-Entwicklungsminister die Verabschiedung konkreter Zeitpläne. Die Europäische Kommission wurde beauftragt, mit den einzelnen Mitgliedstaaten Verhandlungen über diese Zeitpläne zu führen.

In Österreich haben die Leistungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit einen Tiefstand erreicht. Österreich liegt Berechnungen der OECD zufolge mit seinen ODA-Leistungen bei nur 0,22% des Bruttonationaleinkommens. Die Leistungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit liegen damit deutlich unter jenen der übrigen EU-Mitgliedstaaten, die durchschnittlich 0,33 Prozent betragen. Der Kernbereich der österreichischen ODA, die bilateralen Programm- und Projekthilfe, wurde seit dem Amtsantritt der Regierungskoalition von ÖVP und FPÖ drastisch gekürzt und liegt nach dem Budget­voranschlag 2002 nur noch bei 759,5 Millionen Schilling. Die Mittel sind damit unter jene des Jahres 1990 gesunken

Das Außenamt hat kürzlich eine Umfrage des Fessel-GfK-Instituts veröffentlicht, der zufolge 83 Prozent der Österreicher es für richtig halten, dass Österreich Entwicklungszusammenarbeit leistet. 48 Prozent sprachen sich für eine deutliche Erhöhung der österreichischen Entwicklungshilfeleistungen aus. Nur sechs Prozent der Befragten waren der Meinung, Österreich gebe bereits zuviel Geld dafür aus (Der Standard, 24. 11. 2001).“

Da der finanzielle Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit, wie in Berichten der OECD gemahnt wird, nicht der wirtschaftlichen Stärke Österreichs entspricht, werde dieser Antrag eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mehrstimmig ange­nommen.

Der oberwähnte Entschließungsantrag der Abgeordneten Inge Jäger und Mag. Ulrike Lunacek fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (724 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 02 14

                              Edeltraud Gatterer                                                                Peter Schieder

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann