1039/J XXI.GP
des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur
betreffend Direktorenbestellung
Direktorenbestellung BORG Feldkirch
Infolge der Probleme, die sich aus Direktorenbestellungen der vergangenen Jahre
(z.B. im Falle des Bundesgymnasiums Bludenz) ergaben, und zum Zwecke der
Objektivierung von Bestellungsverfahren hat des Kollegium des Landesschulrats
(LSR) für Vorarlberg eine sogenannte Findungskommission eingerichtet. Diese
besteht aus der Landesrätin als Vorsitzender mit Dirimierungsrecht, 3 Vertreterinnen
des LSR und je 1 VertreterIn von Dienststellenausschuss und
Schulgemeinschaftsausschuss der betroffenen Schule sowie des Fachausschusses.
Diese Kommission schlägt dem Kollegium des LSR, das von den politischen
Parteien nach dem Ergebnis der Landtagswahlen beschickt wird (derzeit 6 ÖVP, 3
FPÖ, 1 SPÖ) eine Reihung der Bewerbungen vor. Das Kollegium beschließt sie, die
Bundesministerin bestätigt sie und der Bundespräsident ernennt den Direktor.
Im Vorfeld dieses Prozederes bilden sich Dienststellenausschuss (DA) und
Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) der betroffenen Schule sowie die
Lehrervertretung auf Landesebene, der Fachausschuss (FA), ihre Meinung anhand
von Hearings mit den BewerberInnen und vertreten ihre Beschlüsse in der
Findungskommission.
Für die Direktorenstelle des BORG Feldkirch gab es 3 Bewerbungen, die am 9. Juni
vom Kollegium des LSR gereiht wurden. Dabei wurde Prof. Dr. Harald Walser,
Lehrer am BG Feldkirch, vom SGA mehrheitlich und vom FA einhellig befürwortet
und auch vom Landesschulinspektor favorisiert, da er als einziger Bewerber über
eine ausgezeichnete Dienstbeurteilung verfügt. Eine solche wurde seitens des LSR
bislang auch immer als Voraussetzung für eine Direktorenbewerbung genannt. Von
den Lehrerinnen des BORG Feldkirch erhielt er 31% Zustimmung, was für einen
Bewerber von einer anderen Schule ein beachtliches Ergebnis ist. Die
Personalvertretung des BORG Feldkirch stellte ausdrücklich fest, dass sie nicht nur
den von den LehrerInnen favorisierten Administrator des BORG Feldkirch, Dr.
Konzett, sondern ebenso Dr. Harald Walser als Direktor ihrer Schule für geeignet
halte.
Die Findungskommission, deren Vorsitz die Landesrätin einem Vertreter der ÖVP im
Kollegium des LSR, Hofrat Dr. Bechter, übertrug, kam in ihrer Sitzung vom 11. Mai
2000 zu keiner Entscheidung im Sinne der ÖVP. Der Direktor des LSR, Hofrat Dr.
König unterbrach - wiewohl nicht Vorsitzender dieses Gremiums - daraufhin die
Sitzung unter dem Vorwand, dass es sehr heiß sei und die Anwesenden müde
wären. Die Vertreter von DA, SGA und FA
verließen die Sitzung unter Protest,
welcher dem LSR seitens des Vorsitzenden des FA, Mag. Christian Rhomberg, auch
schriftlich vorliegt.
Wenige Tage später, am 17. Mai, fällten die 3 Vertreter des LSR in der
Findungskommission und ihr Vorsitzender, Hofrat Dr. Bechter, eine Entscheidung für
Dr. Konzett als Erstgereihten, ohne die anderen Mitglieder der Kommission erneut
einzuladen. Dabei hat auch der Vorsitzende, Hofrat Bechter, mitgestimmt, obwohl er
kein Stimmrecht hatte. So musste die Landesrätin nicht von ihrem Dirimierungsrecht
Gebrauch machen.
Weder die Mitglieder der Findungskommission, die bei dieser Entscheidung nicht
anwesend waren, noch die BewerberInnen wurden vom Ergebnis informiert; dies
unter dem Vorwand, dass die Entscheidung des Kollegiums nicht beeinflusst werden
solle. Dennoch sickerte die Wahrheit zur Presse durch, woraufhin die Vorarlberger
Lehrerinitiative (VLI), die oppositionelle Personalvertretungsfraktion im
Fachausschuss AHS, die Öffentlichkeit über die Vorgänge informierte.
Es sprechen einige Indizien dafür, dass die 9:1 - Entscheidung des LSR - Kollegiums,
das sich im Verhältnis 9:1 von VertreterInnen der Regierungsparteien zu solchen der
Opposition (SPÖ) zusammensetzt, parteipolitisch motiviert ist. Dass alle
BewerberInnen in ihrem Ruf geschädigt werden, nimmt die Landesrätin dabei
bewusst in Kauf, indem sie durch die Beugung des Objektivierungsverfahrens eine
öffentliche sowie möglicherweise auch eine rechtliche Auseinandersetzung
heraufbeschwört.
Im gegenständlichen Fall - wie auch in anderen Fällen der jüngeren Vergangenheit -
wurde ein Bewerber zurückgereiht, der zwar über alle fachlichen Qualifikationen für
die Direktorenstelle verfügt, dem aber die entscheidende politische Qualität fehlt: er
ist weder Mitglied des CV noch ÖVP - nahe. Im Gegenteil: Dr. Harald Walser tritt als
Historiker für eine vorbehaltlose Aufarbeitung der NS - Vergangenheit ein (wie dies
auch in der Präambel der Regierungserklärung gefordert wird), ebenso für die
Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ oder für
die Entschädigung von NS - ZwangsarbeiterInnen. Dr. Walser ist parteifreies
Vorstandsmitglied der Grünen Bildungswerkstatt Vorarlberg, Mitbegründer der
oppositionellen Vorarlberger Lehrerinnen - und Lehrer - Initiative (49% Stimmenanteil
bei den letzten PV - Wahlen), Mitglied der Historiker - Vereinigung Johann - August -
Malin - Gesellschaft, die sich besondere Verdienste um die Aufarbeitung der jüngeren
Geschichte des Landes erworben und damit der Regierungsmehrheit ihr
geschichtspolitisches Monopol streitig gemacht
hat.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Werden Sie den vom Kollegium des Vorarlberger Landesschulrats erstgereihten
Bewerber bestellen, auch wenn nur der zweitgereihte über eine ausgezeichnete
Dienstbeurteilung verfügt und deswegen auch vom Landesschulinspektor Hofrat Dr.
Wehinger favorisiert wurde? Wie werden Sie ihre Entscheidung begründen?
2. An wievielen Vorarlberger AHS wurden seit 1980 Direktorinnen bestellt, die zum
Zeitpunkt ihrer Bestellung über keine hervorragende Dienstbeurteilung verfügten? An
wievielen Vorarlberger BHS wurden seit 1980 DirektorInnen bestellt, die zum
Zeitpunkt ihrer Bestellung über keine ausgezeichnete Dienstbeurteilung verfügten?
3. Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise der Findungskommission, die die
Entscheidung nicht nur in Abwesenheit der Eltern - und LehrvertreterInnen getroffen,
sondern sie auch noch vor ihnen geheimgehalten hat?
4. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass deren Vorsitzender als Vertreter der
Landesrätin die Entscheidung mitgefällt hat, obwohl er nicht stimmberechtigt war?
5. Wie beurteilen Sie den Umstand, dass der Vorsitzende der Findungskommission
eine Regierungspartei im LSR - Kollegium vertritt?
6. Wie beurteilen Sie den Umstand, dass die Vorgangsweise der
Findungskommission nicht der Objektivierung des Verfahrens diente, sondern
lediglich die politische Entscheidung vorwegnahm?
7. Wie beurteilen Sie das Verhalten des Direktors des Vorarlberger Landesschulrats,
Hofrat Dr. König, der die entscheidende Sitzung der Findungskommission mit dem
Hinweis auf Hitze und Müdigkeit unterbrach und sich über die Einwände der
VertreterInnen von Dienststellen -, Schulgemeinschafts - und Fachausschuss
hinwegsetzte?
8. Wie beurteilen Sie im Zusammenhang mit Ihrer Entscheidung den Stellenwert
eines Objektivierungsverfahrens und einer Findungskommission angesichts der
beschriebene Vorfälle.
9. Wie beurteilen Sie - in Kenntnis der oben geschilderten Sachlage - ein
Direktorenbestellungsverfahren, das die Kluft zwischen LSR - Direktor und
Landesrätin auf der einen Seite und den AHS - LehrerInnen Vorarlbergs (nach der
Affäre um die von LSR - Direktor Hofrat König willkürlich zurückgehaltenen
Werteinheiten des Schuljahrs 1997/98) weiter vergrößern wird?
10. Halten Sie angesichts der beschriebenen Umstände die im Regierungsprogramm
angekündigte Kontrollfunktion der Landesschulräte zur Sicherstellung einer
objektiven Postenvergabe für ein geeignetes Instrument?