1073/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten G. Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend Umsetzung der Resolution des Landtages von Oberösterreich über

Maßnahmen zur Verhinderung grenznaher Atomkraftwerke

 

 

 

 

Der Oberösterreichische Landtag hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dieser

Angelegenheit befasst und seine ablehnende Haltung, insbesondere zum

Atomkraftwerk Temelin wiederholt deutlich dargelegt (zuletzt mit der Resolution vom

10. Juni 1999 betreffend die verpflichtende Einbindung des AKW Temelin in die EU -

Beitrittsverhandlungen mit Tschechien - Beilage 546/1999, XXV GP, und der

Resolution vom 9. November 1999 betreffend die Präzisierung der österreichischen

Position im Rahmen der EU - Beitrittsverhandlungen zum Kapitel Energie - Beilage

665/1999, XXV GP). Der zur Beratung der Vorgangsweise zur Anti - Atom - Linie des

Landes Oberösterreich eingesetzte Unterausschuss hat sich bereits mehrmals mit

diesem Thema eingehend auseinandergesetzt und auch entsprechende Strategien,

besonders zur Verhinderung des grenznahen AKW Temelin, ausgearbeitet.

 

Da das enorme Gefährdungspotential grenznaher Atomkraftanlagen jedoch vor

Landesgrenzen nicht halt macht und auch andere Bundesländer betroffen sind,

haben am 4. März 1999 auf Initiative des Oberösterreichischen Landtages

Abgeordnete des Oberösterreichischen Landtages mit Landtagsabgeordneten aus

Niederösterreich, Salzburg und Wien weitere Vorgangsweisen zur Verhinderung des

grenznahen Atomkraftwerkes Temelin beraten. Zur Fortsetzung dieser Gespräche

hat ein weiteres Treffen von Landtagsabgeordneten dieser Bundesländer in St

Pölten am 18. Mai 1999 stattgefunden, wobei neben der inhaltlichen

Auseinandersetzung mit dem gegenständlichen Thema auch vereinbart wurde, in

den weiteren Gesprächen Vertreter aller Bundesländer einzuladen.

 

Schließlich hat am 9. Mai 2000 in Salzburg eine weitere Gesprächsrunde zum

Erfahrungsaustausch zur Verhinderung grenznaher Atomkraftwerke stattgefunden,

wobei an dieser Sitzung Landtagsabgeordnete aller österreichischen Bundesländer

sowie auch ein Vertreter des für die Atompolitik zuständigen Bundesministers für

Land -  und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft teilgenommen haben.

Dabei kam zum Ausdruck, dass sich die anwesenden Landtagsabgeordneten darin

einig sind, dass

a) Österreich sich weiterhin für ein atomkraftwerkfreies Europa einsetzen muss

     und die Errichtung und Inbetriebnahme von Atomkraftwerken und sonstigen

     kerntechnischen Anlagen auch in Zukunft entschieden abzulehnen ist;

 

b) diese Überzeugung Österreichs in adäquater Weise auf europäischer Ebene

     eingebracht werden soll, wobei der Entwicklung von Ausstiegsszenarien,

     insbesondere im Rahmen der Beitrittsverhandlungen, und umfassenden

     Reformen des Energiesektors hohe Bedeutung zukommt: Insbesondere sollte

     Österreich weiterhin auf Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer

     Energieträger setzen, sowie mit den jeweiligen Regierungen über konkrete

     Ausstiegskonzepte und Finanzierungsmöglichkeiten verhandeln, wobei die

     Bundesländer etwa im Rahmen des Internationalen Klimabündnisses vorbildlich

     agieren sollen. Auf europäischer Ebene ist insbesondere die volle

     Berücksichtigung der Kostenwahrheit des Preises von Atomstrom einzufordern;

 

c) alle Möglichkeiten auszuschöpfen sind, sowohl in der Außenpolitik als auch in

    grenzüberschreitenden Kontakten der Länder, auf die Stilllegung und

    Nichtinbetriebnahme insbesondere grenznaher Atomkraftwerke hinzuwirken;

 

d) der Festsetzung von „Freigabe - Grenzwerten“ entgegenwirken ist, unterhalb

     derer radioaktiver Schutt und Schrott nicht mehr als radioaktiv gelten sollen und

     ungehindert bzw undeklariert in den Handel kommen können,

 

e) auf politischer Ebene offensive Verhandlungen mit Tschechien über einen

    Baustopp von Temelin zu führen sind und im Falle weiterer

    Umweltverträglichkeitsprüfungen eine breite öffentliche Einwendungskampagne

    in Österreich durchzuführen ist.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1. Welche Schritte unternahmen Sie, um eine fundierte und koordinierte

     Information sicherzustellen?

 

2. Welche Schritte unternahmen Sie, um eine Vernetzung von Initiativen und für

     die bestmögliche Unterstützung einzelner Bundesländer in ihren Bemühungen

     um nukleare Sicherheit bei bestehenden Anlagen Sorge zu tragen und alle

     Möglichkeiten, insbesondere auch bei den Betrittsverhandlungen, zur

     Stilllegung von grenznahen Atomkraftwerken zu nutzen?

 

3. Welche Schritte unternahmen Sie, um den Auf -  und Ausbau von

     Energiepartnerschaften mit Nachbarregionen, unter besonderer

     Berücksichtigung des Ausbaues der Nutzung erneuerbarer Energieträger und

     der Forcierung der effizienten Energienutzung Sorge zu tragen?

 

4. Welche Schritte leiteten Sie ein, um die Förderung von Aktivitäten zur

     Verhinderung bzw Stillegung von grenznahen Atomkraftwerken Sorge zu

     tragen?

5. Welche Schritte unternahmen Sie, um von der Regierung der Tschechischen

     Republik detaillierte Informationen über die im AKW Temelin realisierten

     technischen Lösungen in einem Umfang anzufordern, der eine qualifizierte

     Überprüfung auf Expertenebene ermöglicht?

 

6. Welche Schritte unternahmen Sie, um die Regierung der Tschechischen

     Republik die Erwartung zur Kenntnis zu bringen, dass österreichische

     Staatsbürger gleichberechtigt an diesen Verfahren teilnehmen können und bis 

     zum Abschluss aller Verfahren keine Schritte gesetzt werden, die eine

     radioaktive Verseuchung der Anlage zur Folge haben könnten?

 

7. Welche Schritte unternahmen Sie, um eine Anpassung des Aktionsplanes vom

     Juni 1999 auf der Basis der akkordierten gemeinsamen Position der

     Bundesländer unter ihrer Mitarbeit vorzunehmen?

 

8. Welche Schritte unternahmen Sie, um permanent die Umsetzung der

    Ratsbeschlüsse vom 24. September 1998, 7. Dezember1998 und vom 3./4.

    Juli 1999 einzufordern, wonach Atomkraftwerke der Beitrittsländer dem

    aktuellen Stand der Technik entsprechen müssen und im Rahmen der

    Beitrittsverhandlungen ein entsprechender Nachweis zu erbringen ist?

 

9. Welche Schritte unternahmen Sie, um zusätzlich zur bilateralen Ebene den

    vollen Zugang zu den Projektinformationen über bestehende als auch geplante

    oder schon in Bau befindliche Atomkraftwerke der Beitrittskandidaten im

    Rahmen des Beitrittsprozesses einzufordern?

 

10. Welche Schritte unternahmen Sie, um rasch auf höchster politischer Ebene

       Verhandlungen mit der tschechischen Regierung, der EU - Kommission und dem

       EU - Rat mit dem Ziel aufzunehmen, dass vor Durchführung der anstehenden

       UVP - Verfahren keinerlei Schritte wie Brennstabeinführung oder Start des

       Probebetriebs gesetzt werden, die zur Kontaminierung des Reaktors führen

       und damit vollendete Tatsachen schaffen?

 

11. Welche Schritte unternahmen Sie, um sich bei entsprechenden Verhandlungen

       mit Tschechien entschieden dafür einzusetzen, einen umfassenden Zugang zu

       den Projektunterlagen und Projektdokumentationen zu erlangen?

 

12. Welche Schritte unternahmen Sie, um sich dafür einzusetzen, dass eine

       durchzuführende Gesamt - UVP europäischem Standard entsprechen muss und

       insbesondere ausreichende Fristen, umfassende Einsichtnahme in die

       Projektunterlagen, vollständige Beteiligungsmöglichkeit für österreichische

       Bürgerinnen und Bürger und aufschiebende Wirkung gewährleistet sind?

 

13. Welche Schritte unternahmen Sie, um rasch innerhalb der EU Initiativen zu

       setzen, damit der dringende Verdacht tschechischer Dumpingstromexporte, die

       zu akuter Wettbewerbsverzerrung führen, umfassend überprüft wird und

       derartige Überprüfungen verstärkt auch für Atomstromlieferungen am

       Gemeinschaftsmarkt durchgeführt werden im Sinne der Drittlandsklausel der

       Bundesregierung?

14. Welche Schritte unternahmen Sie, um rasche Schritte zu setzen, die sicher

       stellen sollen, dass derartige Stromimporte aus Tschechien unterbunden

       werden?

 

15. Welche Schritte unternahmen Sie, um sich innerhalb der EU für einen

       einheitlichen Sicherheitsstandard für AKW‘s einzusetzen, der sich auf

       jeweiligen aktuellen Höchststand der Technik orientiert?