1082/J XXI.GP
der Abgeordneten G. Moser, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Resolution des Oberösterreichischen Landtages zum Bereich
Lohndumping im Beschaffungswesen
Das öffentliche Beschaffungswesen stellt aufgrund der Höhe der von der öffentlichen
Hand eingesetzten Mittel einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Die von den
öffentlichen Auftraggebern repräsentierte Nachfragemacht ermöglicht seitjeher
neben der Beschaffung von Leistungen auch die Verfolgung bzw Unterstützung von
politischen Zielsetzungen allgemeiner Natur. Während vor der Verrechtlichung des
Vergabewesens in Österreich mit der Vergabe von Aufträgen oftmals
regionalpolitische Ziele verfolgt wurden (vor allem durch Regional - oder
Lokalpräferenzen), stehen heute horizontale Ziele im Vordergrund, etwa der
Umweltschutz, § 16 Abs 7 Bundesvergabegesetz 1997).
Die öffentlichen Auftraggeber haben weiters ein berechtigtes Interesse daran, dass
ihre allgemein - politischen Ziele nicht ausgerechnet im Bereich des öffentlichen
Auftragswesens durch die Bieter bzw Bewerber unterlaufen werden. Dies gilt vor
allem für den Bereich des Arbeits - und Sozialrechts. Sowohl der Bund als auch die
Länder haben in den jeweiligen Vergabegesetzen Vorkehrungen gegen die
Umgehung arbeits - und sozialrechtlicher Standards getroffen. In der Praxis zeigt sich
aber, dass die bestehenden Vorschriften nicht immer ausreichen, um die
Aufweichung der sozialen Standards bzw ein "Lohndumping“ zu verhindern. Dies
trifft in erster Linie auf den Bereich der Bauaufträge zu, wo vor allem die
weitgehende Möglichkeit zur Weitergabe des Auftrages an Subunternehmen und der
Einsatz von ausländischen Arbeitskräften im Verein mit nicht ausreichenden
Kontrollmöglichkeiten und - kapazitäten die Umgehung der in Österreich gültigen
Standards ermöglicht. Die Umsetzung der „Entsenderichtlinie“ und die übrigen im
Bundesgesetz BGBl I Nr 120/1999 enthaltenen Bestimmungen stellen zwar einen
Schritt in die richtige Richtung dar, reichen für sich allein aber noch nicht aus, um
der Gefahr des Sozial - und Lohndumpings wirksam begegnen zu können. Die
Entsenderichtlinie selbst dient nicht nur der Wahrung der Rechte der einzelnen
Arbeitnehmer, sondern auch dem fairen Wettbewerb und dem Schutz in der arbeits -
und sozialrechtlichen Standards in den
einzelnen Mitgliedstaaten. Die Durchsetzung
der von der Richtlinie aufgestellten Verpflichtungen soll daher nicht nur im Ermessen
des betroffenen Arbeitnehmers liegen.
Den öffentlichen Auftraggebern kommt eine gewisse Vorbildfunktion bei der
Berücksichtigung sozialer und ökologischer Standards im Beschaffungswesen zu.
Aufgrund ihrer Marktmacht hätten sie auch weitreichende Möglichkeiten zur
Durchsetzung derartiger Zielvorstellungen, jedoch lassen die
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, die nur an wirtschaftlichen Kriterien orientiert
sind, eine Einbeziehung dieser Aspekte kaum zu. Die einschlägigen Richtlinien und
das Bundesvergabegesetz sollten daher den Spielraum der Auftraggeber für die
Berücksichtigung ökologischer und sozialer Gesichtspunkte erweitern.
Sowohl bei der Berücksichtigung sozialer und ökologischer Gesichtspunkte als auch
bei der Bekämpfung von Lohndumping im Vergabewesen ist der
Handlungsspielraum des Landesgesetzgebers stark eingeschränkt, weil das
Vergaberecht weitgehend durch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben determiniert wird
und jedenfalls faktisch die Notwendigkeit besteht, im Vergabeverfahren möglichst
keine Abweichungen von den bundesgesetzlichen Regelungen vorzusehen.
Ein nach dem Grundsatz des freien und fairen Wettbewerbs funktionierender
Beschaffungsmarkt verlangt ein wirksames strafrechtliches Instrumentarium zur
Bekämpfung von Preisabsprachen zum Nachteil des Auftraggebers. Die derzeit
bestehenden Möglichkeiten, insbesondere §§ 146 ff StGB (Betrug) erweisen sich in
der Praxis oft als unzureichend, weil der Nachweis der „subjektiven Tatseite" kaum
zu führen ist. Es sollte daher eine effiziente eigene Sanktionsmöglichkeit für
erwiesene Preisabsprachen, etwa im Rahmen des Kartellrechts, geschaffen werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Welche Schritte unternahmen Sie, um die nachstehenden Forderungen durch
entsprechende Gesetzesinitiativen bzw durch entsprechende Initiativen zur
Änderung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften umgesetzt werden?
a) Den öffentlichen Auftraggebern ist ein größerer Spielraum zur
Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Gesichtspunkten im
Beschaffungswesen einzuräumen, die gemeinschaftsrechtlichen
Vorschriften sollen die Einbeziehung von politischen Zielsetzungen wie
Nichtdiskriminierung, Umweltfreundlichkeit der beschafften Waren in
Produktion, Gebrauch und Entsorgungen, Einhaltungen sozialer und
humanitärer Standards bei der Produktion oder Förderung der
Lehrlingsbeschäftigung ermöglichen.
b) Verstöße gegen die in den §§ 7 ff des Arbeitsvertragsrechts -
Anpassungsgesetzes enthaltenen Vorschriften betreffend die Entlohnung
von Arbeitnehmern durch ausländische Arbeitgeber sollen die öffentlichen
Auftraggeber zum Ausschluss des betreffenden Bieters bzw Bewerbers
vom Vergabeverfahren mangels Zuverlässigkeit berechtigen.
c) Die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von
Dienstleistungen („Entsenderichtlinie“) soll dahingehend abgeändert
werden, dass neben den Arbeitnehmern bzw deren Vertretern auch deren
• gesetzliche und freiwillige berufliche Interessenvertretungen, sowohl
im Heimatstaat des Arbeitnehmers als auch in dem Mitgliedstaat, in
dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht wird, sowie
• Unternehmen, die im Heimatstaat des Arbeitnehmers oder in dem
Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht
wird, ansässig sind und die durch Nichteinhaltung der
Bestimmungen der Richtlinie konkrete wirtschaftliche Nachteile
erleiden,
zur Durchsetzung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen
legitimiert sein sollen.
2. Welche Schritte werden Sie unternehmen, um im Fall erwiesener
Preisabsprachen eine klare rechtliche Sanktionsmöglichkeit durch
Verschärfung des Kartellrechts auch dann zu ermöglichen, wenn die geltende
Voraussetzung eines Vermögensschadens mit Schädigungsabsicht als
Betrugsbestand nicht erfüllt wird.