11/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordnete Mag. Johann Maier und Genossen

an die Bundesministerin f. Frauenangelegenheiten u. Verbraucherschutz

betreffend Codex - Alimentarius - Kommission

 

1962 wurde von der FAO (Food and Agriculture Organisation) und der

Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Codex - Alimentarius - Kommission gegründet, deren

Beschlüsse die Grundlage für den weltweiten Handel mit Lebensmittel bilden. Die

Empfehlungen der Codex - Alimentarius - Kommission sehen Mindeststandards hinsichtlich der

Qualität für den weltweiten Handel von Lebensmittel vor.

Auch Österreich ist in der Codex - Alimentarius - Kommission Mitglied, derzeit vertreten durch

das BM für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz.

 

Jedes Mitgliedsland hat eine Stimme bei der Entscheidungsfindung in der Codex -

Kommission. Der Codex - Kommission zur Seite steht eine Vielzahl von Komitees, in die die

Mitglieder ihre Vertreter entsenden.

Daneben werden auch Beobachter aus Organisationen, die keiner Regierung angehören,

eingeladen. Sie kommen aus Industrie, Kammern, Berufsverbänden, Europäischer

Kommission oder der internationalen Konsumentenorganisation Consumers International.

Es ist nicht festgelegt, wer eingeladen werden muß, doch eine Momentaufnahme im Jahr 1998

zeigte: Von 111 nicht stimmberechtigten Beobachtern kamen 100 aus industriefreundlichen

Organisationen, und nur einer stammte von einer Konsumentenorganisation.

Nach Presseberichten hat die Industrie zuviel Einfluss auf die Empfehlungen der Codex -

Alimentarius - Kommission.

 

Eine besonders bedenkliche Entscheidung hat diese Kommission beispielsweise über die

Hormone in der Tiermast gefällt (1995). Dabei verlangten die USA eine geheime

Abstimmung und kamen mit ihren Wünschen durch. Die Kommission entschied, bestimmte

Hormone der Tiermast zuzulassen. Die 197 Mitgliedstaaten wären nun verpflichtet, dem

Hormonfleisch ihre Landesgrenzen zu öffnen. Insgesamt wären damit 97 % der

Weltbevölkerung betroffen.

Nachdem die EU dazu nicht bereit war, wurden aufgrund der Entscheidung des

Schiedsgerichtes der WTO (28. 5. 1998) durch die USA Sanktionen für europäische Exporte

verhängt. Die Kommission bereitet nun weitere Gutachten vor um diese Sanktionen

bekämpfen zu können.

 

In der Europäischen Union besteht seit 1988 ein Verbot für solche Substanzen in der Tiermast

und ein Einfuhrverbot für auf diese Weise produziertes Fleisch. Die WTO betrachtete dies

nun als ein ungerechtfertigtes Handelshemmnis, weil die Gefährdung der menschlichen

Gesundheit durch den Genuß von hormonbehandeltem Fleisch nicht erwiesen wäre. Aber

auch das Gegenteil ist nicht erwiesen. Hier gilt offenbar das Prinzip, daß mögliche schädliche

Stoffe solange auf dem Markt bleiben dürfen, bis ihre Gefährlichkeit erwiesen ist.

Das Europäische Parlament lehnte die Verwendung der Normen des Codex - Alimentarius als

alleinige Bezugskriterien für die Streitbelegung im Rahmen der WTO ab. Insbesondere im

Hinblick auf die Tatsache, da sie wissenschaftlich bereits überholt sind sowie aufgrund des

nicht demokratischen und nicht transparenten Charakters der Verfahrensregeln des genannten

Codex. Das Europäische Parlament wies in einer Entschließung zu den Schlußfolgerungen

des „Hormon - Panel“ der WTO weiters darauf hin, daß die wissenschaftlichen Argumente, die

im Rahmen des WTO - Panel den Ausschlag gaben, größtenteils auf Daten beruhen, die von

der Industrie selbst zur Verfügung gestellt wurden. Daher wurde die Aufrechterhaltung des

Verbots der Verwendung von bestimmten Hormonen sowie des Verbots der Einfuhr von

hormonbehandeltem Fleisch gefordert.

 

Verbraucherpolitisch bedeutet diese Entscheidung der Codex - Alimentarius - Kommission der

WHO sowie die Entscheidung der WTO ein Negieren der europäischen

Verbraucherinteressen und andererseits, dass ein von Wirtschaftsinteressen dominiertes

Gremium Maßstäbe für die Allgemeinheit festlegt. Die fachliche Unabhängigkeit der Codex -

Delegierten muß in Anbetracht deren Zusammensetzung absolut in Frage gestellt werden.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für

Frauenangelegenheiten u. Verbraucherschutz nachstehende Anfrage:

 

1. Durch welche Person(en) wird Österreich in der Codex - Alimentarius - Kommission derzeit

    vertreten?

 

2. Wer kann Mitglieder oder Beobachter in die Komitees der Codex - Alimentarius -

    Kommission entsenden?

 

3. In welchen Komitees sind die Republik Österreich oder andere österreichische

    Interessensgruppen als Mitglieder oder Beobachter vertreten?

 

4. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht notwendig,, damit es in den Komitees und bei

    den Beobachtern es zu einer Ausgewogenheit zwischen den einzelnen Interessensgruppen

    kommt?

 

5. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die undemokratischen und nicht transparenten

    Verfahrensregeln in der Codex - Alimentarius - Kommission geändert werden? Welche

    Maßnahmen wären dafür notwendig?

 

6. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass wissenschaftliche Daten - die für eine Empfehlung

    der Codex - Alimentarius - Kommission die Entscheidungsgrundlage bilden -

    wissenschaftlich weder überholt noch alleine von der Industrie stammen?

    Welche Maßnahmen wären dafür notwendig?

 

7. Welche Maßnahmen halten Sie weiters für notwendig, um den internationalen Einfluss

    der Industrie auf die Empfehlungen der Codex - Alimentarius - Kommission

    zurückzudrängen?

 

8. Welche Haltung vertreten Sie zu den Millenniumsgesprächen in Seattle, damit eine

    eigenständige europäische oder nationale Lebensmittelpolitik (z.B. Produktverbote,

    Einfuhrverbote, Kennzeichnung) nicht als ,,ungerechtfertigtes Handelshemmnis“

    angesehen wird?