1145/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Landesverteidigung

 

betreffend Assistenzeinsatz des Bundesheeres - „Mörderische Monotonie"

 

Unter der Überschrift „Soldatendrama. Mörderische Monotonie“ kritisiert das

Wochenmagazin „Format“ (Nr. 28/00, 5. 44 f.) den mittlerweile seit mehr als 10 Jahren

bestehenden Assistenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres an der östlichen Grenze des

Bundesgebietes. Die Format - Recherchen zeichnen ein tristes und gefährliches Bild: „Endlose

Einsätze, wenig Freizeit - ein Teufelskreis aus Dienst, Suff und wieder Dienst machen den

Rekruten schwer zu schaffen.“ ... „Nach dem tragischen Tod zweier junger Soldaten im

Assistenzeinsatz an der Grenze zu Ungarn: Kameraden kritisieren mangelnde psychologische

Betreuung, übermenschliche Belastung und schikanöse Strafen. Das Verteidigungsministerium

beschwichtigt.“ Der Artikel berichtet von der Hilflosigkeit der jungen Männer angesichts von

menschlichen Tragödien, Bestechungsversuchen von Schleppern und der ständigen Angst vor

Zwischenfällen. Die Soldaten haben keine fundierte asylrechtliche Ausbildung und keine

permanente Supervision; die Vorgesetzten reagieren offenbar völlig unsensibel auf

menschliche Hilfeschreie von überforderten und falsch eingesetzten jungen Männern (z.B.

Essverbot als Sanktion).

Die unterfertigte Abgeordnete hat auf derartige Gefahren bereits 1990 im Rahmen einer

angemeldeten Kundgebung an der Grenze hingewiesen; die in der Folge durchgeführten

Prozesse (Republik Österreich gegen Petrovic und vice versa) endeten mit einer Verurteilung

der Republik. Bereits damals wurde moniert, dass die diffizile Aufgabe der

nichtmilitärischen Grenzsicherung nur von sehr erfahrenen, spezifisch geschulten und

permanent betreuten zivilen Beamtinnen wahrgenommen werden sollte; Sonst sei mit einer

Häufung menschlicher Fehlleistungen bzw. mit Kurzschluss - und Verzweiflungshandlungen

zu rechnen. Dies trägt der auch von namhaften Rechtsexpertinnen geäußerten Meinung, dass

der Assistenzeinsatz völkerrechtlich und verfassungsrechtlich verfehlt sei, Rechnung. in der

Folge wurde auch wiederholt massive Kritik seitens des Rechnungshofes vorgebracht;

dennoch wurde die Fehlentscheidung von damals in einer geradezu apodiktischen Weise

verteidigt und der Assistenzeinsatz unverändert fortgesetzt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.   Wie viele Selbstmorde bzw. Selbstmordversuche gab es seit Beginn des

      Assistenzeinsatzes in den einzelnen Jahren?

 

2.   Wie viele a) Unfälle von Soldaten, b) Angriffe auf Soldaten und c) Verletzungen von

      Soldaten ereigneten sich in den einzelnen Jahren seit Beginn des Assistenzeinsatzes?

3.   Wie viele Ausfälle durch a) körperliche und b) seelische Erkrankungen von Soldaten

      waren seit Beginn des Assistenzeinsatzes in den einzelnen Jahren zu verzeichnen? (Bitte

      Angabe in Krankheitstagen pro Person.)

 

4.   Wie ist die medizinische Betreuung der Soldaten im Assistenzeinsatz organisiert?

 

5.   Ist eine permanente psychologische Betreuung bzw. regelmäßige Supervision

      angeordnet? Wenn nein, warum nicht?

 

6.   Welche Kontrollen der Vorgesetzten finden regelmäßig statt? Haben diese eine

      Fachausbildung betreffend Einsätze unter psychisch extrem belastenden Bedingungen?

 

7.   Entsprechen Berichte über perverse „Sanktionen“ (z.B. temporäres Essverbot) den

      Tatsachen? Welche Konsequenzen ziehen Sie im Falle der Bestätigung dieser Berichte?

 

8.   Entsprechen die Berichte über Bestechungsversuche den Tatsachen? Welche internen

      Kontrollmaßnahmen bestehen diesbezüglich?

 

9.   Werden Geldbeträge aus versuchten Bestechungen beschlagnahmt? Wenn ja, in welcher

      Höhe (gegliedert nach Einsatzjahren seit Beginn des Assistenzeinsatzes)?

 

10. Wie viele Disziplinarverfahren oder Militärstrafverfahren gegen Angehörige des

      Österreichischen Bundesheeres wurden abgewickelt wegen a) Fehlleistungen als

      Vorgesetzte von Assistenzsoldaten, b) Fehlleistungen als Soldat im Assistenzeinsatz und

      c) Annahme bzw. versuchte Annahme von Bestechungsgeldern? (Bitte nach Einzeljahren

      aufschlüsseln.)

 

11. Sind Sie bereit angesichts der Kritik von mehreren Seiten, der internen Unzufriedenheit,

      der exorbitanten Kosten und der ungelösten menschlichen Probleme junger, unerfahrener

      Einsatzkräfte einen Grundsatzdialog mit dem Bundesminister für Inneres und mit

      KritikerInnen über bessere Wege der nicht - militärischen Grenzsicherung zu führen?

 

12. Wie sehen Sie die nie verstummte rechtliche Kritik am Assistenzeinsatz: Das Bundesheer

      dient der Abwehr militärischer Angriffe bzw. Bedrohungen, darf aber keinesfalls gegen

      Flüchtlinge bzw. ohne Vorliegen einer militärischen Akutsituation für Aufgaben der

      inneren Sicherheit missbraucht werden?

 

13. Wie beurteilen Sie aus heutiger Sicht die a) völkerrechtliche und b) verfassungsrechtliche

       Zulässigkeit des Assistenzeinsatzes?

 

14. Anlässlich des Khatami - Besuches in Deutschland wurde - offenbar ohne Absprache mit

      den zuständigen österreichischen Stellen - das Schengen - Abkommen von deutscher Seite

      kurzfristig außer Kraft gesetzt, was zu erheblichen Behinderungen im Reiseverkehr an der

      deutsch - österreichischen Grenze führte. Sehen Sie einen Zusammenhang mit der offenbar

      menschlich total überforderten Grenzsicherung Österreichs durch Jung - Präsenzdiener?