1163/J XXI.GP
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Schubhaft für Ausländer/innen
„Österreich hat sich Flüchtlingen gegenüber immer aufgeschlossen gezeigt und im
Rahmen seiner Möglichkeiten immer wieder die helfende Hand ausgestreckt. Auch die
derzeitige Situation gibt keinen Grund, davon abzugehen. Zu einer Politik, die sich als
offene Asylpolitik versteht, gehört auch, Zuflucht und Durchreise zu ermöglichen.“
(siehe Osterreich und die neue Völkerwanderung, herausgegeben vom
Bundespressedienst 1990, Seite 29.)
Die persönliche Freiheit des Menschen gehört zu den sensibelsten und elementarsten
Grundrechten. Eine Haft über Personen sollte daher nur in Ausnahmefällen verhängt
werden. Da dies nicht der Fall ist - das beweist die hohe Anzahl der Schubhäftlinge -
stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende
ANFRAGE:
1. Gemäß § 67 FrG ist die Schubhaft im Haftraum der Behörde zu vollziehen, die sie
verhängt hat. Kann die Behörde die Schubhaft nicht vollziehen, so ist die
nächstgelegene Bezirksverwaltungs - oder Bundespolizeibehörde, die über einen
Haftraum verfügt, um den Vollzug zu ersuchen. In welchen Gemeinden befanden sich
zum 31.12.1999 und zum 30.6.2000 Hafträume von Bezirksverwaltungs - und
Bundespolizeibehörden, in denen Schubhaft gemäß § 67 durchgeführt wird?
2. In welchen gerichtlichen Gefangenenhäusern werden per 30.6.2000 Schubhäftlinge
festgehalten?
3. Wieviele Schubhäftlinge waren in den zu den Fragen 1 und 2 aufgezählten Hafträumen
am 31.12.1999 und am 30.6.2000 (aufgeschlüsselt nach Gemeinden und nach
Herkunftsländern der Schubhäftlinge) untergebracht?
4. Wieviele von den Schubhäftlingen waren männlichen, wieviele weiblichen Geschlechts,
wieviele waren schwanger, und zwar zum Zeitpunkt 31.12.1999 und am 30.6.2000,
(aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Gemeinden, in denen sich die Hafträume befinden,
und den Herkunftsländern der Schubhäftlinge)?
5. Wieviele von den Ausländer/innen, die sich zum 31.12.1999 in Schubhaft befanden,
waren unter 18 Jahren, wieviele unter 16 Jahren, wieviele unter 14 Jahren, wieviele
unter 10 Jahren und
wieviele unter 6 Jahren (aufgeschlüsselt nach Alter, den
Gemeinden, in denen sich die Hafträume befinden, und den Herkunftsländern der
Schubhäftlinge)?
6. Wieviele von den Ausländer/innen, die sich zum 30.6.2000 in Schubhaft befanden,
waren unter 18 Jahren, wieviele unter 16 Jahren, wieviele unter 14 Jahren, wieviele
unter 10 Jahren und wieviele unter 6 Jahren (aufgeschlüsselt nach Alter, den Gemeinden,
in denen sich die Hafträume befinden, und den Herkunftsländern der Schubhäftlinge)?
7. In wievielen Fällen wurden im Jahre 1999 und im 1. Halbjahr 2000 minderjährige
Kinder von ihren Müttern, die in Schubhaft genommen wurden, getrennt
(aufgeschlüsselt nach Gemeinden, in denen sich Hafträume befinden, und Jahren)?
8. Wie alt waren diese Kinder, die von den Müttern getrennt wurden (aufgeschlüsselt nach
Alter), und welchen Institutionen wurden diese Kinder übergeben (aufgeschlüsselt nach
Institutionen und Jahren)?
9. Wieviele von diesen Müttern, die in Schubhaft genommen wurden und denen die
Kinder weggenommen wurden, haben ihre Kinder noch gestillt?
10. In wievielen Fällen wurden im Jahre 1999 und im 1. Halbjahr 2000 Familien (Ehepaare,
Kinder von Eltern) im Rahmen der Schubhaft voneinander getrennt (aufgeschlüsselt
nach den Gemeinden, in denen sich Hafträume für die Schubhaft gemäß § 67 FrG
befinden, und Jahren)?
11. In wievielen Fällen wurden im Jahre 1999 und im ersten Halbjahr 2000 Frauen
zusammen mit ihren Kleinkindern in Schubhaft genommen (aufgeschlüsselt nach den
Gemeinden, in denen sich Hafträume für die Schubhaft gemäß § 67 FrG befinden, und
Jahren)? Scheinen diese Kinder in der offiziellen Schubhaftstatistik des
Innenministeriums als Schubhäftlinge auf?
12. In wievielen Fällen kam es im Jahre 1999 und im ersten Halbjahr 2000 zu
Selbstmordversuchen von Schubhäftlingen und wieviele Schubhäftlinge sind durch
Selbstmord in der Schubhaft gestorben (aufgeschlüsselt nach den Gemeinden, in denen
sich Hafträume gemäß § 67 FrG befinden, und der Staatsbürgerschaft)?
13. Wieviele Schubhäftlinge sind im Jahre 1999 und im ersten Halbjahr 2000 in
Hungerstreik getreten (aufgeschlüsselt nach Gemeinden, in denen sich Hafträume
gemäß § 67 FrG befinden, und nach der Dauer des Hungerstreiks und Jahren)?
14. Wieviele Asylwerber/innen wurden im Jahre 1999 und im ersten Halbjahr 2000direkt
nach dem Erstinterview bei der Asylbehörde festgenommen und in Schubhaft
genommen (aufgeschlüsselt nach Asylbehörden und Jahren)?
15. Halten Sie die Trennung von Familien, insbesondere minderjährige Kinder von ihren
Müttern oder Vätern durch die Verhängung der Schubhaft über Mütter und/oder Väter
und die Unterbringung der minderjährigen Kinder in Kinderheimen im Sinne des
Übereinkommens zur Vermeidung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender
Behandlung für gerechtfertigt?
16. Wenn nein, was werden sie unternehmen, daß dies in Zukunft nicht mehr vorkommt?
17. In welche Staaten der Welt hat Österreich in den Jahren 1999 und im ersten Halbjahr
2000 Menschen
abgeschoben (aufgeschlüsselt nach der Staatsbürgerschaft der
Abgeschobenen und den Ländern)? In wievielen Fällen wurden dabei
Zwangsmaßnahmen angewandt? Um welche Zwangsmaßnahmen handelte es sich?
18. Wieviele ausländische Staatsangehörige, die mit einem/einer ÖsterreicherIn verheiratet
sind, wurden 1999 und im ersten Halbjahr 2000 abgeschoben?
19. Wieviele Staatsbürger Nigerias wurden 1999 und im ersten Halbjahr 2000
abgeschoben?
a) wieviele davon direkt nach Nigeria?
20. Wieviele Staatsbürger des Iran wurden 1999 und im ersten Halbjahr 2000 abgeschoben?
a) wieviele davon direkt in den Iran?
21. Wieviele Staatsbürger des Irak wurden 1999 und im ersten Halbjahr 2000 abgeschoben?
a) wieviele davon direkt in den Irak?
22. Wieviele Staatsbürger Afghanistans wurden 1999 und im ersten Halbjahr 2000
abgeschoben?
a) wieviele davon direkt nach Afghanistan?
23. Wieviele Kosovo - Albaner und Roma aus dem Kosovo wurden 1999 und im ersten
Halbjahr 2000 abgeschoben (aufgeschlüsselt nach „Ethnie“ und Jahren)?
a) wieviele davon direkt in die Jugoslawische Republik?
b) wieviele davon nach Ungarn?
c) wieviele davon nach Slowenien?
24. Welche Befugnisse erhalten die Menschenrechtskommissionen des
Menschenrechtsbeirats als Kontrollorgan der Schubhaftanstalten?
25. Wieviele Zimmer stehen zur Durchführung der Schubhaft in den zur Frage 1
angeführten Hafträumen für Schubhäftlinge zur Verfügung (aufgeschlüsselt nach den
jeweiligen Gemeinden)?
26. Wieviele Schlafmöglichkeiten in Betten (Stockbetten) befinden sich in diesen Zimmern
(aufgeschlüsselt nach Gemeinden und Jahren)?
27. Wieviele der Schubhäftlinge in den Jahren 1999 und im 1. Halbjahr 2000 waren
Asylwerber/innen?
28. Wie rechtfertigen Sie die Verhängung der Schubhaft an Asylwerber/innen während des
laufenden Asylverfahrens?
29. In wievielen Fällen wurde 1999 und im ersten Halbjahr 2000 das gelindere Mittel statt
der Schubhaft angewandt?
30. Welche Methoden der Altersfeststellung werden bei Schubhäftlingen angewendet, bei
denen das Alter nicht feststeht oder die über keine Dokumente verfügen? Wie sicher und
exakt kann mit diesen Methoden das Alter festgestellt werden?
31. Existieren Haftlisten mit Namen und Daten von Schubhäftlingen, die Auskunft über
Ein - und/oder Ausgänge in bzw. aus Schubhaftanstalten geben? Wenn ja, warum
werden diese Listen den Schubhaftsozialdiensten zwecks Betreuung der Schubhäftlinge
nicht zur
Verfügung gestellt?
32. Gibt es Mindeststandards bezüglich der Bewegungsfreiheit von Schubhäftlingen? Gibt
es einen Mindeststandard, wieviel m2 pro Schubhäftling zur Verfügung stehen müssen?
33. Wieviele Schubhäftlinge wurden 1999 und im ersten Halbjahr 2000 im ersten Monat der
Schubhaft abgeschoben, wieviele im zweiten Monat, wieviele im dritten, vierten,
fünften und wieviele im sechsten Monat der Schubhaft?
34. Bei wievielen Personen wurde 1999 und im ersten Halbjahr 2000 die Höchstdauer von 6
Monaten ausgeschöpft? Wieviele davon wurden dann abgeschoben?
35. Existieren in den Schubhaftanstalten Gemeinschaftsräume für die Schubhäftlinge
(aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Gemeinden, in denen sich die Hafträume
befinden)? Wenn nicht, ist daran gedacht, Gemeinschaftsräume einzurichten?
36. Der Tod von Markus Omofuma hat gezeigt, daß eine psychologische Betreuung von
Schubhäftlingen zur besseren Bewältigung der Schubhaftsituation und der Abschiebung
notwendig ist. Ist daran gedacht, psychologische Betreuung für Schubhäftlinge
anzubieten?