1167/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Justiz

 

 

betreffend Ermittlungen wegen des Verdachtes auf nationalsozialistische

Wiederbetätigung gegen Ernest Windholz einerseits und Christoph Schlingensief

andererseits

 

 

Beim Landesparteitag der niederösterreichischen FPÖ Anfang Juni zitierte der

Abgeordnete zum Nationalrat und Landesparteiobmann der FPÖ Niederösterreich,

Ernest Windholz, den Leitspruch der SS, "Unsere Ehre heißt Treue“.

Die Staatsanwaltschaft St. Pölten in Person des Leitenden Staatsanwaltes Werner

Nussbaumer fand tags darauf „keinen Anlass, aktiv zu werden“ (Standard, 6.6.2000).

Wenige Tage später hat die niederösterreichische Sicherheitsdirektion in dieser

Angelegenheit eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft St. Pölten

abgeschickt, zu der der Leitende Staatsanwalt Nussbaumer gegenüber dem

„Standard“ erklärte: „Die wird behandelt“.

Auf die Nachfrage, was unter Behandlung zu verstehen sei, erklärte Nussbaumer:

„Behandelt heißt behandelt“ (Standard, 17.6.2000).

Im gleichen Beitrag wird auch über Ihren Telefonanruf berichtigt, mit dem Sie den

Redakteur des „Standard“ darauf aufmerksam machten, dass gegen den deutschen

Aktionskünstler Christoph Schlingensief wegen des Verdachtes auf

nationalsozialistische Wiederbetätigung nach Paragraph 3 g Verbotsgesetz ermittelt

werde. Laut „Standard“ seien die Staatspolizei und das Kommissariat Innere Stadt

angewiesen, „weiterhin und noch genauer zu dokumentieren“, was sich da rund um

den Asylanten - Container abspiele, auf dem der Spruch des niederösterreichischen.

Landesparteivorsitzenden Windholz bzw. der SS montiert war.

Die Zeitschrift „News“ berichtet in ihrer Ausgabe Nr. 26/2000 ebenfalls über Ihre

Anrufe bei „ausgewählten Journalisten einiger Zeitungen“ und zitiert aus einem Brief,

den Sie am 15. Juni, also einen Tag vor Ihrer Pressearbeit, an den Wiener

Bürgermeister Häupl geschrieben haben und in dem Sie folgendermaßen zitiert

werden: „Nach meinem derzeitigen Informations - und Wissensstand wäre eine

Untersagung der Veranstaltung über Sie durch die MA 35 möglich, wogegen die

Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat, keine rechtliche Möglichkeit des Eingreifens zu

haben“.

Die Zeitschrift „News“ kommentiert Ihre Vorgangsweise so:

„Im Klartext: Obwohl Böhmdorfer schon tags zuvor wusste, dass Schlingensief nichts

vorzuwerfen ist, hat er Zeitungen am Tag danach über einen Verbrechensverdacht

samt Einleitung eines Strafverfahrens informiert“.

„News“ berichtet weiter, dass nach den Angaben einer Sprecherin des

Justizministeriums die Staatsanwaltschaft Wien von der Verwendung des

Leitspruchs der SS bzw. des Landesparteiobmanns Windholz durch Christoph

Schlingensief erst am Tag nach Ihrem Brief an Bürgermeister Häupl erfahren habe.

Mit Datum vom 3.7.2000 haben Sie und „interessierte Kreise“ ein Schreiben von

Mag. DDr. Tull erhalten, in dem es unter anderem heißt: „Ich habe von einem in

Ihrer unmittelbaren dienstlichen Umgebung tätigen Freund erfahren, dass Ihrem

Wunsche entsprechend gegen den Abgeordneten Ernest Windholz kein

Strafverfahren gemäss den Bestimmungen des Verbotsgesetzes wegen dessen SS -

Aussage durchgeführt werden wird“.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.   Gibt es Ermittlungen wegen des Verdachtes auf nationalsozialistische

      Wiederbetätigung gegen den Landesparteiobmann der FPÖ Niederösterreich,

      Ernest Windholz, durch die Staatsanwaltschaft St. Pölten?

      Wenn ja, seit wann?

      Wenn nein, warum nicht?

 

2.   Gibt es Ermittlungen wegen des Verdachtes auf nationalsozialistische

      Wiederbetätigung gegen den Regisseur und Aktionskünstler Christoph

      Schlingensief durch die Staatsanwaltschaft Wien?

      Wenn ja, seit wann?

 

3.   Haben Sie die Staatsanwaltschaft Wien aufgefordert, rechtliche Möglichkeiten

      des Eingreifens gegen die Container -  Aktion von Christoph Schlingensief zu

      prüfen?

     Wenn ja, warum und wann?

 

4.   Warum haben Sie einen Brief an den Wiener Bürgermeister Häupl geschrieben,

      in dem Sie diesem eine Untersagung der Veranstaltung nahe legen?

 

5.   Warum haben Sie persönlich einige „ausgewählte Journalisten“ am 16. Juni

      angerufen, um sie über Ermittlungen wegen des Verdachtes auf

      nationalsozialistische Wiederbetätigung gegen Christoph Schlingensief zu

      informieren?

 

6.   Wann wurden Sie von der Staatsanwaltschaft Wien über die Ermittlungen nach

      dem Verbotsgesetz gegen Christoph Schlingensief informiert?

 

7.   Wann und durch wen wurde die Staatsanwaltschaft Wien informiert, dass bei der

      Container - Aktion von Schlingensief der Windholz - bzw. SS - Spruch „Unsere Ehre

      heißt Treue“ verwendet wird?

 

8.   Haben Sie gegenüber irgendwelchen Personen den Wunsch bzw. die Absicht

      geäußert, dass gegen Ernest Windholz keine Ermittlungen nach dem

      Verbotsgesetz durchgeführt werden sollen?

      Wenn ja, warum?

9.   Haben Sie der Staatsanwaltschaft St. Pölten gegenüber auf irgendeine Weise

      kundgetan, dass Sie bzw. das Justizministerium an Ermittlungen nach dem

      Verbotsgesetz gegen Ernest Windholz nicht interessiert sind?

      Wenn ja, wann und warum?

 

10. Haben Sie gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien auf irgendeine Weise

      kundgetan, dass Sie bzw. das Justizministerium an Ermittlungen nach dem

      Verbotsgesetz gegen Christoph Schlingensief interessiert sind?

      Wenn ja, wann und warum?