1225/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und Genossen

an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen

betreffend “Sofia Connection IV - Tod im Mont Blanc - Tunnel”

 

Das Inferno im Mont Blanc - Tunnel (Länge: 11,6 km) kostete vermutlich 40 Menschen das

Leben. Die Katastrophe wurde durch einen Lastwagen ausgelöst, der in Brand geriet. Danach

bildete sich ein 300 m langes Feuermeer, das auch andere Kraftfahrzeuge (ca. 30 Fahrzeuge).

betraf, die überdies durch herabfallende Gesteinsbrocken zermalmt wurden. 20 Lastwägen

und ca. 10 Personenwägen sind ausgebrannt.

 

Die Lösch - und Bergungsarbeiten waren durch Temperaturen von über 1000°C und giftige

Gase massiv beeinträchtigt worden. Wesentlich erschwert wurden die Rettungsaktionen auch

durch das Fehlen eines Fluchttunnels.

Unter den Toten befand sich auch ein LKW - Fahrer aus Kroatien, er hinterließ eine Frau und 3

Kinder. Beschäftigt war dieser LKW - Fahrer bei der Fa. Sommerbichler aus Salzburg.

 

Die Firma Johann Sommerbichler, Internationale Transporte, Hasenbachweg 222,

A - 5754 Hinterglemm, hat bei 29 erfassten und zugelassenen LKW‘s mit Kennzeichen der BH

Zell am See nur drei Angestellte und einen Arbeiter bei der Salzburger Gebietskrankenkasse

angemeldet. Diese LKW‘s sind in der Regel von Italien nach England und umgekehrt

unterwegs. Die Fahrer werden angeblich u.a. auch aus dem Gebiet des ehemaligen

Jugoslawiens rekrutiert. Die Route führt entweder über Frankreich oder über Oberitalien, bei

letztgenannter Route wäre eine Umrundung von der Schweiz und Österreich ohne großem

Zeitverlust nicht möglich. Daher übernimmt der Firmeninhaber den LKW jeweils an der

österreichischen Grenze vom Fahrer und fährt diesen dann durch Österreich und übergibt

wiederum an der Grenze an einen anderen Fahrer. Die so gepflogene Vorgangsweise der Fa.

Sommerbichler stellt unter Fahrerkreisen kein Geheimnis dar.

 

Weiters wurde ermittelt, dass die Fa. Sommerbichler über einen

Arbeitskräfteüberlassungsvertrag mit einem rumänischen Arbeitskräfteüberlasser,

ausländische Arbeitnehmer beschäftigt. Auf Anfrage der HTV - Salzburg bei der Fa.

Sommerbichler, verfügt diese derzeit über keinen weiteren Firmenstandort in einem anderen

Mitgliedsstaat der EU.

Dies bedeutet allerdings auch, dass diese ausländischen Arbeitnehmer in Österreich bei der

Sozialversicherung anzumelden und zu versichern wären. Gleichzeitig musste eine

Bewilligung auf Überlassung von Arbeitskräften nach dem AÜG erteilt werden. Derartige

Bewilligungen werden nur für besonders qualifizierte Arbeitnehmer erteilt. Nach Ansicht des

zuständigen Ministeriums erfüllen allerdings LKW - Fahrer diese Voraussetzung nicht.

 

Durch die von der Firma Sommerbichler gewählte und praktizierte Vorgangsweise umgeht

diese zwingende inländische Regelungen. Dadurch wird korrekt arbeitenden

Güterbeförderungsbetrieben in Österreich ein eminenter Wettbewerbsnachteil und

wirtschaftlicher Schaden zugefügt.

Dieser Betrieb beschäftigt somit ca. 30 nicht versicherte LKW - Fahrer und bestreitet auch die

Sozialversicherungspflicht. Diese 30 rumänischen Leiharbeiter wären nach dem ASVG am

Standort des Betriebes zu versichern. Die Salzburger Gebietskrankenkasse führt gerade ein

Beitragsnachforderungsverfahren durch. Dieses Verfahren und die Nachzahlung von

Sozialversicherungsbeitragen wären die Grundlage für eine allfällige Witwen - und

Waisenpension nach dem ASVG. Kinder werden allerdings nur dann fällig, wenn die

Sozialversicherungsbeiträge seitens der Firma bezahlt werden. Es kann niemand Leistungen

aus der Sozialversicherung beziehen, wenn keine Beiträge bezahlt wurden.

 

In der Transportwirtschaft stinkt vieles zum Himmel. Die Stundenlöhne sind niedrig (rund

90,- öS Bruttolohn die Stunde) aber trotzdem scheinbar zu hoch und deshalb weichen die

Unternehmer häufig auf andere Entlohnungsformen aus. Neu ist allerdings die Praxis diese

“teuren” österreichischen Lenker durch Umgehungsverträge mit LKW - Lenkern aus

Drittstaaten zu extrem niedrigen Preisen und ohne Sozialversicherung zu ersetzen. Dadurch

kam es auch, dass die Witwe und die drei hinterbliebenen Kinder nicht nur ihren Vater,

sondern auch alle sozialen Ansprüche verlieren könnten.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für soziale

Sicherheit und Generationen nachstehende Anfrage:

 

1. Ist Ihnen der geschilderte tragische Fall bekannt?

 

2. Wenn ja, haben Sie irgendwelche Maßnahmen in diesem Fall ergriffen und welche?

 

3. Wenn nein, weshalb nicht?

 

4. Gegen welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen sowie gegen welche

    gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen wird bei den o.g. Sachverhalt verstoßen?

    Handelt es sich dabei auch um Strafgerichtlich zu ahndenden Delikte?

 

5. Welche verschiedenen Behörden in Österreich wären für die Kontrolle des o.g.

    Sachverhaltes zuständig?

 

6. Welche Behörde(n) ist (sind) in diesem geschilderten Fall für die Kontrolle der Einhaltung

    des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des ASVG bzw. des

    Arbeitskräfteüberlassungsgesetz zuständig?

 

7. Sehen Sie bei dieser Problematik einen legislativen Handlungsbedarf in Österreich?

 

8. Halten Sie die gegenwärtigen Befugnisse der verschiedenen Behörden für ausreichend

    und für genügend koordiniert? Oder gibt es nach Ihrer Auffassung auf dem Gebiet der

    “grauen bzw. illegalen Kabotage” Rechts - und / oder Überwachungslücken?

 

9. Welche Transporte dürfen diese überlassenen Fahrer (im Sinne des geschilderten Fall) in

    Österreich und in der EU durchführen?

 

10. Werden Sie gegenüber der Fa. Sommerbichler weitere Kontrollen anordnen bzw.

      Verwaltungsstrafverfahren durchführen?

11. Wenn nein, weshalb nicht?

 

12. Sehen Sie bei den einschlägigen europäischen Rechtsvorschriften noch einen

      Harmonisierungsbedarf?

 

13. Unterliegen die vom rumänischen Arbeitskräfteverleiher überlassenen Lenker in

      Österreich der Sozialversicherungspflicht?

 

14. Unterliegen diese überlassenen Lenker in Österreich der Sozialversicherungspflicht auch

      dann, wenn der Beschäftiger zwar ausschließlich über einen österreichischen Firmensitz

      verfügt, diese Lenker jedoch nicht in Österreich sondern nur in anderen Mitgliedstaaten

      der EU einsetzt?

 

15. Welcher Kollektivvertrag kommt im geschildertem Fall zur Anwendung?

 

16. Ist für diese überlassenen Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbewilligungspflicht nach dem

       Ausländerbeschäftigungsgesetz gegeben?

 

17. Besteht eine Beschäftigungsbewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz

      auch dann, wenn ein österreichischer Betrieb diese überlassenen Arbeitnehmer

      ausschließlich in Mitgliedstaaten der EU einsetzt?

 

18. Welche Behörde ist für die Kontrolle der Beschäftigungsbewilligungspflicht nach dem

      Ausländerbeschäftigungsgesetz zuständig?

 

19. Gibt es in dieser Frage der Kontrolle eine Zusammenarbeit mit Organen anderer EU

       Staaten?

 

20. Wenn ja, wie sehen diese aus?

 

21. Wenn nein, weshalb nicht und werden Sie sich für eine solche einsetzen?

 

22. Wie ist der Stand des Beitragsnachforderungsverfahren bei der Salzburger

      Gebietskrankenkasse?

 

23. Haben Ihrer Meinung nach die Witwe und die drei Halbwaisen des geschilderten Falles -

      nach einer entsprechenden Nachzahlung von Sozialversicherungsbeträgen durch die Fa.

      Sommerbichler - sozialversicherungsrechtliche Ansprüche und welche?

 

24. Wenn nein, weshalb nicht?