1402/J XXI.GP

Eingelangt am: 19.10.2000

 

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

 

betreffend Ratsbeschluß über den öffentlichen Zugang zu Ratsdokumenten, worin

Dokumente im Bereich der Außenpolitik, militärischen und nicht - militärischen

Krisenmanagement als „streng geheim“, „geheim“ und „vertraulich“ eingestuft

werden.

 

Am 26. Juli 2000 wurde auf Initiative von Javier Solana, Generalsekretär und Hoher

Repräsentant für die gemeinsame Außen - und Sicherheitspolitik der Europäischen

Union, ein Vorschlag für einen Ratsbeschluß über den Zugang zu Ratsdokumenten

vorgelegt. Dieser Vorschlag sah eine Klassifizierung in „streng geheime“, „geheime‘

und „vertrauliche“ Dokumente im Bereich der Europäischen Sicherheits -  und

Verteidigungspolitik vor. Das bedeutet darüber hinaus, dass davon auch Fragen des

militärischen und nicht - militärischen Krisenmanagements der Geheimhaltung

unterzogen und damit nicht mehr im öffentlichen Register des Rates aufscheinen.

Wobei nicht geklärt ist, nach welchen Kriterien. Nur vier EU - Mitgliedstaaten, nämlich

die Niederlande, Dänemark, Finnland und Schweden, haben gegen diese

Vorgehensweise gestimmt.

 

Inzwischen erhebt sich die Frage, ob diese Ministerratsentscheidung rechtmäßig ist;

sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat untersuchen derzeit den

Vorschlag der Kommission für die Regulierung des öffentlichen Zugriffs auf

Dokumente. Der Amsterdamer Vertrag sieht vor, dass der Entscheid über die

Zugriffs - Regulierung sowohl vom Rat als auch vom Europäischen Parlament

angenommen werden muß. Außerdem ist im Amsterdamer Vertrag klar geregelt,

dass sich der öffentliche Zugriff auf alle Dokumente, also auch auf solche der

Gemeinsamen Außen -  und Sicherheitspolitik zu erstrecken hat.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1) Wie beurteilen Sie diese Ratsentscheidung?

 

2) Warum hat Österreich dieser Abänderung zugestimmt?

 

3) Wie ist die Zustimmung zu dem Ratsbeschluß erfolgt?

 

4) Durch welche Person(en) war Österreich bei diesem Beschluß vertreten?

5) Warum wurden das österreichische Parlament und die zuständigen Ausschüsse

    nicht von der Beschlußfassung informiert bzw. in den Entscheidungsfindungsprozess

    eingebunden?.

 

6) Welche Person, weicher Personenkreis, bzw. welches Gremium wird entscheiden,

    welcher Geheimhaltungsstufe in Zukunft ein Dokument unterliegen wird?

 

7) Entspricht es dem Geist und Inhalt des Amsterdamer Vertrages, wenn

    Dokumente, die bisher öffentlich zugänglich waren, plötzlich der Geheimhaltung

     unterliegen?

 

8) Sind Sie der Auffassung, dass die Gemeinsame Außen - und Sicherheitspolitik der

    Europäischen Union ein Bereich ist, der der höchsten Geheimhaltungsstufe

    unterliegen muß?

 

9) Sind Sie der Auffassung, dass Dokumente zum militärischen und

    nichtmilitärischen Krisenmanagement der Geheimhaltung unterliegen müssen?

 

10) Teilen Sie die Auffassung, dass mangelnde Transparenz im Bereich der GASP

       auch dazu führen könnte, dass Entscheidungen nur von einem sehr eingeschränkten

       Personen - /Mitgliedsstaatenkreis getroffen werden können?

 

11) Warum ist der Entscheid für die Geheimhaltung von Dokumenten nicht nur auf

      operative militärische Geheimdokumente beschränkt, sondern erstreckt sich auch

      auf den Bereich des militärischen und nichtmilitärischen Krisenmanagements?

 

12) Bedeutet das auch, dass der Zugriff auf Dokumente und Informationen im

       Bereich ziviles Krisenmanagement und die damit verbundenen Aktivitäten -

       inbesondere friedenssichernde Maßnahmen und die Schnelle Eingreiftruppe der EU

       - in Zukunft eingeschränkt sein wird?

 

13) Wie ist dieser Ratsbeschluß mit den Schlußakten von Feira vereinbar, der, was

       die Entwicklung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik betrifft, auf eine

       erhöhte Transparenz zwischen EU und NATO hingewiesen hat?

 

14) Erachten Sie, Frau Aussenministerin, diese Vorgangsweise Solanas,

       grundlegende Entscheidungen zur GASP in den Bereichen der geheimen

       Kabinettspolitik zu verweisen, vereinbar mit modernen Anforderungen der

       Kommunikationsgesellschaff?

 

15) Wie wollen Sie diese Kabinettspolitik, mit dem Gesetzesbefehl der Ihnen durch

      das Neutralitätsgesetz auferlegt ist, vereinbar halten?