1471/J XXI.GP

Eingelangt am:14.11.2000

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

 

betreffend Antrag auf Vollmitgliedschaft in der Westeuropäischen Rüstungsgruppe

 

Der Antrag des freiheitlichen Verteidigungsministers Scheibner beim WEU -

Ratstreffen in Portugal am 15.Mai 2000, Vollmitglied der Westeuropäischen

Rüstungsgruppe zu werden, war ein neuerlicher Anschlag auf die österreichische

Neutralitätspolitik. Mit dem Ministerratsbeschluss vom 24.Oktober 2000 soll die

Vollmitgliedschaft in der Westeuropäischen Rüstungsgruppe nun offenbar

tatsächlich angesteuert werden.

 

Vollmitglied dieser westeuropäischen Waffen - und Rüstungslobby zu werden, die

eine Teilorganisation der Militärallianz der Westeuropäischen Union ist, stellt aber

auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ein zweifelhaftes Projekt dar. Die

Subventionierung von Forschungs - und Entwicklungsaufträgen für Rüstungsprojekte

der WEU kann angesichts der angespannten Lage des öffentlichen Haushaltes in

Österreich kein prioritäres Ziel österreichischer Regierungspolitik sein. Daraus

können auch rechtliche Verpflichtungen entstehen, die die Vollmitgliedschaft in der

WEAG zu einem verfassungsändernden Staatsvertrag macht.

 

Die Bundesregierung scheint sich jedoch jeder parlamentarischen Debatte rund um

diesen Beitritt entziehen zu wollen. Laut Ministerratsvortrag des damaligen

Aussenministers Dr. Schüssel vom 13.Oktober 1999 bedarf es zur Ratifikation der

Teilnahme am Panel II der Rüstungsgruppe eines Nationalratsbeschlusses gem. Art.

50 B - VG, da bei diesem abzuschließenden Staatsvertrag verfassungsändernde

Bestimmungen enthalten sind. Im Gegensatz dazu haben Sie am 24.Mai 2000 im

außenpolitischen Ausschuss die Meinung vertreten, daß der Antrag auf

Vollmitgliedschaft in der Westeuropäischen Rüstungsgruppe keinerlei

parlamentarischen Ratifikationsprozesses bedarf. Diese Haltungsänderung mag den

Mehrheitsverhältnisses im Nationalrat, wo der Regierung die zwei Drittelmehrheit für

die Ratifikation fehlt, geschuldet sein. Dem Neutralitätsgesetz und der

österreichischen Bundes - Verfassung widerspricht diese Vorgangsweise ganz

eindeutig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.  Waren Sie davon informiert, daß der Verteidigungsminister in Porto am 1 5.Mai

      2000 im Rahmen des WEU - Ministerrates einen Antrag auf Vollmitgliedschaft in

      der Westeuropäischen Rüstungsgruppe gestellt hat?

 

2.  In welcher Weise erachten Sie die Mitgliedschaft in einer Teilorganisation der

      Militärallianz der Westeuropäischen Union, die in ihrem Artikel V eine

      militärische Beistandsverpflichtung verankert hat, mit der in der Verfassung

      stehenden - und für alles Regierungshandeln nach wie vor bindenden -

      immerwährenden Neutralität vereinbar?

 

3.  Inwiefern erklären Sie den Widerspruch zwischen Ihren Aussagen im

      außenpolitischen Ausschuss vom 24.Mai 2000 und dem Ministerratsvortrag

      Ihres Amtsvorgängers vom 1 3.Oktober 1999, betreffend des parlamentarischen

      Ratifikationsprozesses eines Übereinkommens mit der WEU?

 

4.  Werden Sie nach dem Ministerratsbeschluss vom 24.10.2000 und nach

      etwaigem Abschluss des Vertrages mit der WEAG dafür Sorge tragen, dass

      dieser verfassungsändernde Staatsvertrag dem Nationalrat zur Ratifikation

      vorgelegt wird?

 

5.  Wurde vor dem Ministerratsbeschluss am 24.10.2000 eine Budgetierung für die

      Vollmitgliedschaft in der Rüstungsgruppe der WEU vorgenommen und wenn ja,

      in welcher Höhe beläuft sich diese?

 

6.  Wurde oder wird eine Kosten - Nutzenrechnung für den Fall angestellt, daß die

      Republik an WEU - Rüstungsgroßprojekten teilnehmen wird?

 

7.  In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Neutralitätsgesetzes (598 d.

      Beil. VII GP) heißt es ausdrücklich: „Der Gesetzesbefehl der Vorlage (des

      Neutralitätsgesetzes, Anm.) richtet sich auch an die vollziehende Gewalt und

      insbesondere an die Bundesregierung“.

   a.Erachten Sie sich an diesen Gesetzesbefehl weiterhin gebunden?

   b. Durch welche Maßnahmen werden Sie sicherstellen, in ihren Aussagen und

      Handlungen hinkünftig diesem Gesetzesbefehl Rechnung tragen?