1547/J XXI.GP
Eingelangt am: 23.11.2000
ANFRAGE
der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit
betreffend der geplanten Entsendung eines residenten österreichischen
Handelsdelegierten nach Bagdad
In jüngster Zeit häufen sich Zeitungsberichte von eklatanten Menschenrechts -
verletzungen im Irak, die unter Anordnung und Billigung des inneren politischen
Führungsstabes um Saddam Hussein vollzogen worden sein sollen. So berichtete
der Londoner „Guardian“ am 3. November 2000 von der grausamen Enthauptung
von 30 Frauen, die der Prostitution bezichtigt wurden, von zahlreichen Hinrichtungen
von politischen Gefangenen und Patientinnen einer Heilanstalt für psychisch kranke
Menschen.
Seit 10 Jahren sind die Sanktionen der UNO gegen den Irak aufrecht. Diese treffen
jedoch vor allem die Bevölkerung - allen voran Frauen und Kinder - und nicht das
Regime. Das 1996 eingeführte Oil - for - Food Programm hatte zum Ziel, die Not der
Zivilbevölkerung zu mildern. Die aus dem Erdölverkauf und den gestiegenen
Rohölpreisen resultierenden gestiegenen Einnahmen machen den Irak nun zu einem
zunehmend interessanten Wirtschaftspartner und lnvestitionsstandort.
Ende August dieses Jahres reiste eine Fact - Finding Mission, bestehend aus den
niederösterreichischen FPÖ - Politikern Ewald Stadler und Ernst Wildholz, und dem
FP - Bundesrat Thomas Ram sowie einer niederösterreichischen
Wirtschaftsdelegation nach Bagdad (siehe auch Die Presse, 25. und 26.8.2000).
Im Oktober berichtete die Zeitschrift profil (Nr.41 vom 9.10.2000) von der bereits mit
allen betroffenen Ministerien und EU - Stellen akkordierten Entsendung eines
residenten Handelsdelegierten durch die Wirtschaftskammer in die seit Beginn der
UN - Sanktionen mit lokalem Personal betriebene österreichische Außenhandelsstelle
in Bagdad.
Die anhaltenden grausamen Menschenrechtsverletzungen im Irak, die Anfang
November vom Dritten Komitee der UN - Generalversammlung (mit Zustimmung
Österreichs) erneut verurteilt wurden, sowie die jüngsten Meldungen über öffentliche
Enthauptungen von Frauen und Hinrichtungen von politischen Gefangenen und
psychisch kranken Menschen lassen die Förderung österreichischer
Wirtschaftskontakte sowie die geplante Aufwertung der österreichischen Präsenz in
Bagdad in einem äußerst ungünstigen Licht erscheinen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
ANFRAGE:
1. Ab wann ist die Entsendung eines österreichischen residenten
Handelsdelegierten geplant?
2. Wurde die Entscheidung, einen residenten Handeisdelegierten nach Bagdad zu
entsenden, mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
akkordiert?
2a Wenn ja, mit welcher Stelle, mit wem und wann?
2b Wenn nein, warum nicht?
3. Wurde die Entscheidung, einen residenten Handelsdelegierten nach Bagdad zu
entsenden, mit den zuständigen EU - Behörden akkordiert?
3a Wenn ja, mit weicher Stelle, mit wem, wann und mit weichem Ergebnis?
3b Wenn nein, warum nicht?
4. Welche EU - Mitgliedsländer unterhalten eine Außenhandelsstelle in Bagdad?
4a Weiche EU - Mitgliedsländer unterhalten eine Außenhandelsstelle
mit einem residenten Handeisdelegierten in Bagdad?
5. Kann die Wirtschaftskammer unabhängig von der politischen Einschätzung
Österreichs gegenüber dem Zielland autonom über die Entsendung eines
Handeisdelegierten entscheiden?
6. Wenn ja, welche Kriterien und welches Wirtschaftsvolumen werden solchen
Entscheidungen zugrunde gelegt?
7. Entspricht die Entsendung eines österreichischen Handelsdelegierten den
strengen Bestimmungen des Oil - for - Food Programms der UNO?
8. Wurden österreichischen Unternehmen konkrete wirtschaftliche Aufträge in
Aussicht gestellt, wie dies im profil 41 vom 9.10.2000 berichtet wird? Wenn ja,
welche?
9. Ist ihnen bekannt, welche konkreten Aufträge für die österreichische Wirtschaft
während der Reise der niederösterreichischen Polit - und Wirtschaftsdelegation
nach Bagdad Ende August 2000 angebahnt wurden, bzw. welche danach
zustande gekommen sind?
10. Haben österreichische Unternehmen um Unterstützung Ihres Ministeriums für
die Anbahnung von Wirtschaftsbeziehungen mit dem Irak angesucht, etwa in
Form von Exportförderungen, Exportgarantien u.ä.m.?