1630/J XXI.GP

Eingelangt am: 5.12.2000

 

                                                               ANFRAGE

 

der Abgeordneten Robert Egghart

und Kollegen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Verhalten der Staatsanwaltschaft in der Öffentlichkeit

 

Der leitende Oberstaatsanwalt für Wien, NÖ, und Bgld., Friedrich Schindler sagte im Ö 1

Mittagsjournal im Skandal ‚, Kleindienst“ in Bezug auf die Vorerhebungen gegen Jörg

Haider wörtlich: ‚, Nach dem Bericht der Staatsanwaltschaft Wien sind hinreichende

Verdachtsmomente gegeben ... es ist, glaube ich kriminalpolitisch schlecht, wenn hier

von der Justiz jetzt schon irgendwelche geradezu abschließende Beurteilungen

stattfinden ... meiner Information nach verdichtet sich der Tatverdacht durch das

Erheben von Sachbeweisen.“ In Bezug auf Josef Kleindienst äußerte sich Schindler dann

weiter: ‚,... er hat da schon ein ziemliches Risiko, auf der anderen Seite, wenn ich da

jetzt ein bißchen eine Würdigung schon vornehme, muß ich sagen, jemand der sich

selbst belastet, steigt natürlich die Glaubwürdigkeit,...“

 

Er hat damit gegen den § 3 des Bundesgesetzes vom 5. März 1986 über die

staatsanwaltschaftlichen Behörden (Staatsanwaltschaftsgesetz - StAG) verstoßen, indem

er während eines offenen, noch laufenden, durchaus sensiblen Verfahrens unter

anderem wie er sagt "....eine Würdigung vornehme...“ und damit offen Parteilichkeit

zeige. Die oben angeführte Bestimmung verlangt nämlich in ihrem Absatz 2 von den

Staatsanwälten, „sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen und die

Pflichten ihres Amtes rasch, gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen“.

Es ist nicht die Aufgabe eines leitenden Staatsanwaltes eine Würdigung vorzunehmen,

die ausschließlich dem Gericht vorbehalten ist.

 

Nicht anders ist das Verhalten des Ersten Staatsanwaltes, Helmut Kellner, zu beurteilen,

der in einem Interview mit der Austria Presse Agentur (APA) vom 15. November 2000

folgendes von sich gab: „Derzeit sei aber noch alles möglich, von einer Einstellung des

Verfahrens bis zu einer Verhaftung“. Letzteres sei aber nur etwa bei akutem Tatverdacht

und Fluchtgefahr möglich. „Es wäre also ungünstig für die beiden Herren, wenn man

bei ihnen jetzt ein Flugticket nach Südamerika findet.“ Diese Aussage widerspricht nicht

nur dem Amtsverständnis eines Staatsanwaltes, sondern er bedient sich dabei auch

einer untragbaren Polemik in der Öffentlichkeit. Darüber hinaus erweckt er mit einer

solchen Aussage den Eindruck, daß Kabas und Kreissl Grund zur Flucht hätten. Zudem

wurden seitens des Staatsanwaltes Aussagen, die auf eine Erhärtung des Tatverdachtes

von LPO LAbg. Mag. Hilmar Kabas und LAbg. Michael Kreissl schließen lassen könnten,

nach erfolgter - ergebnisloser - Hausdurchsuchung getätigt.

 

Der Herr Bundesminister für Justiz hat im Skandal „Kleindienst“ um jegliche

Parteilichkeit auszuschließen nicht nur auf sein Weisungsrecht‘ sondern auch auf die

Erstattung von Vorhabensberichten seitens der Staatsanwälte verzichtet. Damit hat er

die Angelegenheit vollständig in die Hand der Staatsanwaltschaften gelegt.

Umso bedenklicher erscheinen in diesem Zusammenhang die oben genannten

Äußerungen des leitenden Oberstaatsanwaltes und des Ersten Staatsanwaltes, Helmut

Kellner, in diesem Fall.

 

Im übrigen ist der ermittelnde Staatsanwalt plötzlich ca. drei Wochen auf Urlaub

gegangen, wobei unklar ist, ob die Ermittlungen in dieser Zeit von seiten der

Staatsanwaltschaft weitergeführt werden.

 

Aus diesem Anlaß stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für

Justiz folgende

 

 

                                                                              Anfrage:

 

 

1. Wie beurteilen Sie die öffentlichen Aussagen der Vertreter der

    Strafverfolgungsbehörden im Zusammenhang mit der sogenannten „Spitzelaffäre“?

 

2. Teilen Sie die Ansicht des leitenden Oberstaatsanwaltes, daß Personen, die sich selbst

     belasten, grundsätzlich eine höhere Glaubwürdigkeit zukomme als anderen?

 

3. Ist es richtig, daß Personen, die bereit sind gegen andere auszusagen nicht die volle

    Härte des Gesetzes zu spüren bekommen?

 

4. Da in diesem Fall auch andere als rein juristische Belange mitspielen könnten, wäre es

    da nicht eher angebracht, daß die Staatsanwaltschaft die dubiosen Behauptungen

    von Kleindienst hinterfragt, als ihm gleich im vorhinein höhere Glaubwürdigkeit vor

    aller Öffentlichkeit zu attestieren?

 

5. Werden Sie gemäß Bundesministeriengesetz 1986 in geeigneter Weise,

    erforderlichenfalls durch unmittelbare Einschau, dafür Sorge tragen, daß die

    Staatsanwälte und die Staatsanwaltschaft ihre Geschäfte in gesetzmäßiger Weise

    besorgen (Dienstaufsicht)?

 

6. Welche Schritte werden Sie setzen, um in Zukunft solche vorverurteilenden

    Äußerungen zu verhindern?

 

7. Wann wurde der Urlaubswunsch des ermittelnden Staatsanwaltes für welchen

    Zeitraum eingereicht?

 

8. Wie wurde die Urlaubsvertretung für den in dieser Causa ermittelnden Staatsanwalt

    geregelt?