164/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit & Soziales

 

betreffend Grundrecht auf Pension für geistig behinderte Menschen

 

Die Lebenserwartung geistig behinderter Menschen nähert sich mit ca. 70 Jahren

jener der Gesamtbevölkerung an. Die durch die Euthanasie des Dritten Reiches

bedingte Generationenlücke beginnt sich zu schließen. In den nächsten 10 Jahren

werden rund 10.000 geistig behinderte Menschen die Altersgrenze von 60 Jahren

überschreiten. Geistig behinderte Menschen können aber nicht „in Pension gehen“,

auch wenn sie ihr ganzes Leben gearbeitet haben.

 

In Betrieben müssen alle arbeitenden Menschen - behindert oder nicht - im Rahmen

der gesetzlichen Sozialversicherung pflichtversichert sein. Durch die gesetzliche

Pflichtversicherung erwerben Menschen, die in Betrieben und Einrichtungen

arbeiten, einen Anspruch auf Arbeitslosen - , Kranken - , und Pensionsversicherung.

 

In Behinderteneinrichtungen wird das gesetzliche Sozialversicherungsprinzip,

speziell für arbeitende behinderte Menschen, mit Wissen und Beihilfe des Bundes

und der Länder gebrochen, obwohl es, so wie in der Wirtschaft auch, verschiedenste

Arbeitsbereiche und Arbeitsabläufe gibt. Dieser Mißstand führt dazu, daß

arbeitenden behinderten Menschen vorgegaukelt wird, daß sie irgendwann in

Pension gehen können, obwohl das gar nicht der Fall ist.

Die für arbeitende behinderte Menschen fehlende sozialversicherungsrechtliche

Absicherung stellt eine unhaltbare Diskriminierung dar.

ArbeitnehmerInnenvertretungen haben diesem Mißstand bis heute nichts

entgegenzusetzen.

 

In Behinderteneinrichtungen haben

   -  alle nichtbehinderten arbeitenden Menschen, unabhängig davon in welcher

      Behinderteneinrichung und in welchem Arbeitsbereich sie arbeiten , eine

      sozialversicherungsrechtliche Absicherung

   -  behinderte arbeitende Menschen nur dann, wenn sie im Rahmen einer

      Geschützten Werkstätten Ges.m.b.H. arbeiten, eine sozialversicherungs -

      rechtliche Absicherung

   -  behinderte arbeitende Menschen, wenn sie nicht im Rahmen einer Ges.m.b.H.

      arbeiten, keine sozialversicherungsrechtliche Absicherung

Geistig behinderte Menschen sind von unterschiedlichen Landesgesetzen abhängig,

die ein höheres oder hohes Alter nicht berücksichtigen. Diese SeniorInnen fallen

daher in ein legistisches und existenzielles Vakuum.

 

Wenn sie aus Altersgründen nicht mehr in den Werkstätten arbeiten, kann ihre

Betreuung nicht mehr finanziert werden, da kaum ein Landesgesetz der

Behindertenhilfe „Wohnen“ als Pflichtleistung anführt. Es ist zu befürchten, daß

diese Menschen in Pflegeheime übersiedeln müssen, auch wenn sie noch gar nicht

pflegebedürftig sind und außerdem den Wunsch haben, den Lebensabend in ihrer

gewohnten Umgebung verbringen zu können.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1)    Wie stehen Sie zu dem Problem, daß die verschiedenen Landesgesetze zur

       sozialen Absicherung von geistig behinderten Menschen ein höheres bzw.

       hohes Alter nicht berücksichtigen und diese dadurch in ein legistisches und

       existenzielles Vakuum fallen, wenn sie alt werden?

 

2)    Wie wollen Sie das Problem der fehlenden Möglichkeit für ältere geistig

       behinderte Menschen, in Pension zu gehen, lösen?

 

3)    Planen Sie, die verschiedenen Landesgesetze zur sozialen Absicherung von

       behinderten Menschen zu harmonisieren?

       Wenn ja, in welcher Form?

       Wenn nein, warum nicht?

 

4)    Haben Sie die Absicht, die Arbeitsplätze in der Beschäftigungstherapie in

       reguläre Dienstverhältnisse mit sozialrechtlicher Absicherung umzuwandeln?

       Wenn ja, wann?

       Wenn nein, warum nicht?

 

5)    Auch behinderte Arbeitskräfte, die von Behindertenwerkstätten an Firmen

       verliehen werden, haben keine sozialrechtliche Absicherung.

       Haben Sie vor, dies zu verändern?

 

6)    Werden Sie auch die ArbeitnehmerInnenvertretungen kontaktieren?

        wenn nein, warum nicht?

 

7)    Wie werden Sie strukturell vorsorgen, daß geistig behinderte Menschen auch

       im Alter ein Leben in Selbstbestimmung führen können?