1699/J XXI.GP
Eingelangt am: 15.12.2000
der Abgeordneten Jung
und Kollegen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend anonyme Anzeige wegen illegaler Weitergabe eines sichergestellten
Dokuments durch Beamte
Am 5.12.2000 ist im Parlamentsklub der Freiheitlichen die Abschrift einer anonymen
Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien eingegangen. Diese Anzeige gegen unbekannt
hat folgenden Wortlaut:
„In der NEWS - Ausgabe Nr. 46/00 auf Seite 44 wird unter der Überschrift „Die blaue Spitzel
- Akte“ der Brief, den Horst Binder an Dr. Haider geschrieben haben soll und in dem das
Übersenden von Auszügen aus dem polizeiinternen Computer erwähnt wird, abgedruckt.
Daneben ist zum Vergleich eine Originalunterschrift Binders aus dem Einvernahmeprotokoll
zu sehen. Dieser Brief soll Horst Binder und Dr. Haider im Rahmen der gegen sie laufenden
Untersuchungen belasten.
Unmißverständlich wird in der betreffenden Ausgabe des News - Magazins darauf
hingewiesen, daß dieser Brief im Keller von Binder durch die Ermittler der
Sonderkommission am 23. Oktober 2000 im Rahmen einer Hausdurchsuchung gefunden
wurde. Wie das betreffende Schriftstück an die Redaktion von ,,News“ gelangen konnte bleibt
weiter rätselhaft. Sicher ist nur, daß dieser Brief im Rahmen einer Hausdurchsuchung
beschlagnahmt wurde und gesetzwidrig weitergegeben wurde.
Durch die Weitergabe einer vertraulichen Unterlage setzten Mitarbeiter der
Sonderkommission, Beamte im Sinne des Strafgesetzbuches, oder auch andere „Beamte
gemäß Strafgesetzbuch“, denen diese Unterlage in Ausübung ihres Amtes zu gekommen ist,
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die strafrechtsrelevanten Tatbestände des
,,Amtsmißbrauches“ und der,, Verletzung des Amtsgeheimnisses“.
Der/die Täter hielt(en) es ernstlich für möglich und fand(en) sich damit ab, daß diese
geheime Unterlage geeignet ist, andere, nämlich zumindest dem Landeshauptmann von
Kärnten, Dr. Jörg Haider, als auch seinen Leibwächter Horst Binder, an ihren Rechten zu
schädigen. Sie wußten, daß der Brief geheim ist und ihrer dienstlichen Verschwiegenheit
unterliegt und dennoch gaben sie ihn weiter und mißbrauchten dadurch ihre Befugnis in
Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen.
Ebenso haben die betreffenden Beamten ein kraft ihres Amtes anvertrautes oder zugänglich
gewordenes Geheimnis, ein durch die Hausdurchsuchung hervorgebrachten Brief offenbart,
obwohl dieses geeignet ist, private Interessen, nämlich zumindest die der Personen Dr
Haider und Horst Binder zu verletzen.
Ich stelle somit den Antrag, die Staatsanwaltschaft möge die geschilderten Sachverhalte in
dieser Sache auf ihre strafrechtliche Relevanz überprüfen, insbesondere Vorerhebungen
veranlassen, wie und durch wen es zu der Veröffentlichung der geheimen Unterlage
gekommen ist und gegen die dafür
Verantwortlichen Anklage erheben.“
Obwohl dieses sichergestellte Dokument der Zeitschrift "NEWS" im Wege des
Amtsmißbrauches, also auf verbrecherische Weise, zugekommen sein müssen, ist
offenbar unter Mißachtung des § 84 Abs. 1 StPO - bisher nichts gegen diese
fortdauernden Gesetzesverletzungen, welche der genannten Zeitschrift durch ihren
Nachrichtenwert auch zum finanziellen Vorteil gereicht und in Anbetracht ihrer
fortdauernden Wiederholung wohl als gewerbsmäßige Delikte im Sinne des
Strafgesetzes gedeutet werden müssen, geschehen.
§ 84 Abs. 1 StPO lautet wie folgt:
"Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer von Amts wegen
zu verfolgenden strafbaren Handlung bekannt, die ihren gesetzmäßigen
Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder
Sicherheitsbehörde verpflichtet.“
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den
Bundesminister für Justiz nachstehende
Anfrage:
1.) Wann ist der oben angeführte Brief bei der Staatsanwaltschaft Wien eingelangt?
2.) Ist der Staatsanwaltschaft Wien bzw. der Oberstaatsanwaltschaft Wien bereits
bekannt, wie der Zeitschrift ,,NEWS“ das in der oben angeführten anonymen
Anzeige erwähnte Dokument zugekommen ist?
3.) Haben Beamte der Staatsanwaltschaft Wien bzw. der Oberstaatsanwaltschaft
Wien bereits ihre Pflicht zur Anzeigenerstattung wahrgenommen und Anzeigen
gegen bekannte oder unbekannte Täter in der Redaktion der Zeitschrift ,,NEWS“
oder gegen Beamte Ihres Ministeriums oder des Bundesministeriums für Inneres
wegen des Verdachtes der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 (1)
StGB; des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 (1) sowie der Bestimmung
anderer zur Ausführung einer Straftat nach § 12 StGB in Zusammenhang mit §§
310 (1) bzw. 302 (1) StGB erstattet?
Wenn ja, wann und gegen wen ist mit welcher Begründung Anzeige erstattet
worden bzw. wann und gegen wen wird mit welcher Begründung Anzeige
erstattet werden?