1710/J XXI.GP

Eingelangt am: 22.12.2000

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Martin Graf

und Kollegen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend anonyme Anzeige wegen illegaler Weitergabe eines sichergestellten

Dokuments durch Beamte

 

Am 5.12.2000 ist im Parlamentsklub der Freiheitlichen die Abschrift einer anonymen

Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien eingegangen. Diese Anzeige gegen unbekannt

hat folgenden Wortlaut:

 

„In der NEWS Ausgabe Nr. 48/00 auf Seite 38 wird unter der Überschrift „FP - Spitze im

Fadenkreuz der Fahnder“ folgendes festgehalten: „Denn wie einem News zwischenzeitig

vorliegenden Erhebungsergebnis der Wirtschaftspolizei zum Spitzelskandal zu entnehmen ist,

basieren die Ermittlungen gegen...".

 

Ebenso beruft sich das Magazin „Format“ in seiner Nummer 48/00 unter dem Titel „Der Blues

der blauen Brothers“ auf den Seiten 32 ff auf den Zwischenbericht der Wirtschaftspolizei, indem

auf den darin enthaltenen Erhebungsbericht ausführlich bezug genommen wird.

 

Durch die Weitergabe einer vertraulichen Unterlage /Erhebungsbericht der Wirtschaftspolizei)

setzten Mitarbeiter der Wirtschaftspolizei, Beamte im Sinne des Strafgesetzbuches, oder auch

andere „Beamte gemäß Strafgesetzbuch“, denen diese Unterlage in Ausübung ihres Amtes

zu gekommen ist, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die strafrechtsrelevanten

Tatbestände des "Amtsmißbrauches“ und der „Verletzung des Amtsgeheimnisses“.

 

Der/die Täter hielt(en) es ernstlich für möglich und fand(en) sich damit ab, daß diese geheime

Unterlage geeignet ist, andere, nämlich jene, gegen die gerichtliche Vorerhebungen laufen, an

ihren Rechten zu schädigen. Sie wussten, daß der Zwischenbericht geheim ist und ihrer

dienstlichen Verschwiegenheit unterliegt und dennoch gaben sie ihn weiter und mißbrauchten

dadurch ihre Befugnis in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen

 

Ebenso haben die betreffenden Beamten ein kraft ihres Amtes anvertrautes oder zugänglich

gewordenes Geheimnis durch Übermittlung an die Medien offenbart, obwohl dieses geeignet

ist, private Interessen, nämlich zumindest die jener Personen, die von den Vorerhebungen

betroffen sind, zu verletzen.

 

Ich stelle somit den Antrag, die Staatsanwaltschaft möge die geschilderten Sachverhalte in

dieser Sache auf ihre strafrechtliche Relevanz überprüfen, insbesondere Vorerhebungen

veranlassen, wie und durch wen es zu der Veröffentlichung der geheimen Unterlage gekommen

ist und gegen die dafür Verantwortlichen Anklage erheben.

 

Ein zutiefst betroffener Bürger!“

 

Obwohl diesen vertraulichen Unterlagen der Zeitschrift "NEWS" sowie der Zeitschrift

„Format“ im Wege des Amtsmißbrauches, also auf verbrecherische Weise,

zugekommen sein müssen, ist offenbar unter Missachtung des § 84 Abs. 1 StPO -

bisher nichts gegen diese fortdauernden Gesetzesverletzungen, welche den genannten

Zeitschriften durch ihren Nachrichtenwert auch zum finanziellen Vorteil gereichten und

in Anbetracht ihrer fortdauernden Wiederholung wohl als gewerbsmäßige Delikte im

Sinne des Strafgesetzes gedeutet werden müssen, geschehen.

 

§ 84 Abs. 1 StPO lautet wie folgt:

 

Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer von Amts wegen

zu verfolgenden strafbaren Handlung bekannt, die ihren gesetzmäßigen

Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder

Sicherheitsbehörde verpflichtet.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den

Bundesminister für Justiz nachstehende

 

Anfrage:

 

1.)   Wann ist der oben angeführte Brief bei der Staatsanwaltschaft Wien eingelangt?

 

2.)    Ist der Staatsanwaltschaft Wien bzw. der Oberstaatsanwaltschaft Wien bereits

         bekannt, wie der Zeitschrift "NEWS" bzw. der Zeitschrift „Format“ die in der

         oben angeführten anonymen Anzeige erwähnten vertraulichen Unterlagen

         zugekommen sind?

 

3.)    Haben Beamte der Staatsanwaltschaft Wien bzw. der Oberstaatsanwaltschaft

        Wien bereits ihre Pflicht zur Anzeigenerstattung wahrgenommen und Anzeigen

        gegen bekannte oder unbekannte Täter in der Redaktion der Zeitschrift "NEWS“

        und in der Redaktion der Zeitschrift „Format“ oder gegen Beamte Ihres

        Ministeriums oder des Bundesministeriums für Inneres wegen des Verdachtes der

        Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 (1) StGB; des Mißbrauches der

        Amtsgewalt nach § 302 (1) sowie der Bestimmung anderer zur Ausführung einer

        Straftat nach § 12 StGB in Zusammenhang mit §§ 310 (1) bzw. 302 (1) StGB

        erstattet?

        Wenn ja, wann und gegen wen ist mit welcher Begründung Anzeige erstattet

        worden bzw. wann und gegen wen wird mit welcher Begründung Anzeige

        erstattet werden?