1737/J XXI.GP
Eingelangt am: 18-01-2001
der Abgeordneten Kogler, Öllinger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Auschreibung der österreichischen Nationalagentur für das EU -
Bildungsprogramm "Jugend"
Das BMSG hat am 21 Juli 2000 die österreichische Nationalagentur für das EU -
Bildungsprogramm "Jugend" nach dem Bundesvergabegesetz 1997 öffentlich
ausgeschrieben. Das BMSG hat am 21. November 2000 seine Absicht
bekanntgegeben, den Zuschlag an die Fa. EuroTech Management Consulting
GesmbH zu erteilen. Das Auftragsvolumen beträgt über ÖS 40 Mio und wird zur
Hälfte von der Republik Österreich und zur Hälfte von der Europäischen Union
finanziert. Die beauftragte Nationalagentur wird in Umsetzung des Programmes
Jugend Fördermittel im Umfang von ca öS 20 Mio / Jahr verwalten.
Das Interkulturelle Zentrum als Bieter im Verfahren hat beim Bundesvergabeamt
einen Antrag auf Prüfung dieses Vergabeverfahrens eingebracht.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Warum wurde die Nationalagentur "Jugend" erst am 21. Juli 2000
ausgeschrieben und nicht schon unmittelbar nach dem Beschluß des
Programmes "Jugend" durch den Rat und das Europäische Parlament am 13.
April 2000?
2. Wer oder was hat diese lange Verzögerung verursacht, obwohl die
Rahmenbedingungen für die Ausschreibung schon lange zuvor bekannt waren
und die Entscheidung für eine Ausschreibung schon im März 2000 getroffen
wurde?
3. Ist es richtig, daß das Bundesvergabeamt in einem Bescheid bemängelt hat,
daß sich das BMSG "offensichtlich mit der Durchführung des
Vergabeverfahrens zu viel Zeit gelassen hat"?
4. Ist es richtig, daß aufgrund dieser Verzögerung und der dadurch entstandenen
Dringlichkeit der Zuschlagsentscheidung der Rechtsschutz für nicht
berücksichtigte Bieter gemäß BVG 1997 nicht gewährt werden konnte?
5. Welche und wie viele Bieter haben im Rahmen dieser Ausschreibung ein Anbot
gelegt?
6. Wie erfolgte die Bewertung der Anbote?
7. Welche Gesamtbewertung bzw. welche Bewertung erhielten die Anbote durch
die einzelnen Mitglieder der Anbotsprüfungskommission?
8. Die Firma EuroTech ist gemäß ihrer Web - site offensichtlich eine Management
Consulting Firma spezialisiert auf die Bereiche Technologie und Infrastruktur.
Welche spezifischen Erfahrungen und fachlichen Voraussetzungen besitzt die
Firma EuroTech
- im Bereich der ausserschulischen Jugendarbeit,
- im Bereich der internationalen und interkulturellen Bildungsarbeit,
- im Bereich der Beratung und Weiterbildung von Jugendbetreuerinnen,
- mit der Betreuung von Aktionsprogrammen der Europäischen Union und
mit der Verwaltung von Fördermitteln der Europäischen Union für Dritte?
9. Ist es richtig, daß bei der Fa. EuroTech zum Zeitpunkt der Anbotslegung keine
Mitarbeiterinnen mit Jugend - bzw. internationaler / interkultureller
Bildungskompetenz beschäftigt waren und erst nach der Zuschlagserteilung
entsprechendes Personal eingestellt werden soll?
10. Warum wurde die Firma EuroTech der bisherigen Nationalagentur
Interkulturelles Zentrum vorgezogen, die die Vorgängerprogramme seit 1994
erfolgreich umgesetzt hat und hohes Ansehen bei der Europäischen
Kommission sowie bei den Nationalagenturen in anderen Ländern genießt?
11. Warum wurde bei einer derart komplexen und sensiblen Tätigkeit die Qualität
des Anbots im Rahmen der Anbotsprüfungen nur mit 50% gewichtet?
12. Die Firma Eurotech ist als GesmbH per Definition gewinnerzielungsorientiert
und hat auch Gewinnabsicht mit der Tätigkeit als Nationalagentur geäußert. Die
Fa. EuroTech würde außerdem zwangsläufig Gewinn machen, da sie einerseits
Umsatzsteuer veranschlagt und andererseits voll vorsteuerabzugsberechtigt ist.
Ein Gewinn durch die Tätigkeit als Nationalagentur ist jedoch gemäß den
Vorgaben der Europäischen Kommission nicht zulässig. Daraus folgt, dass nur
eine non - profit - Organisation als Nationalagentur beauftragt werden darf.
13. Warum wurde die Firma Euro - Tech dennoch zur Anbotslegung geladen?
14. Warum beabsichtigt das BMSG trotzdem den Zuschlag an die Firma EuroTech
zu erteilen und riskiert damit die nachträgliche Aufhebung der
Zuschlagserteilung durch Gemeinschaftsorgane (Kommission, EuGH>?
15. Erfüllt die Beauftragung der Firma EuroTech trotz dieser rechtlichen Bedenken
den Tatbestand des Amtsmißbrauches?
16. Welche Gewerbeberechtigungen sind nach Ansicht des BMSG für die Tätigkeit
als Nationalagentur erforderlich?
17. Wurde seitens des BMSG geprüft, ob die Fa. EuroTech die nötigen
Gewerbeberechtigungen besitzt?
18. Warum hat das BMSG bis dato die Fa. EuroTech nicht vom Verfahren
ausgeschlossen, falls sie nicht die nötigen Gewerbeberechtigungen besitzt?
19. Warum plant das BMSG die Vergabe an die Firma EuroTech, deren
Bruttoanbotssumme um etwa öS 500.000,— höher ist, als die eines anderen
Bieters (Interkulturelles Zentrum)?
20. Warum wurden bei der Anbotsbewertung für die Bewertung des
Leistungsumfanges die Kosten für die Leistung berücksichtigt anstatt z.B. der
Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden durch qualifiziertes Personal?
21. Ist es richtig, dass die Arbeitsstunde der Firma EuroTech im Durchschnitt ca.
doppelt so teuer ist wie eine vom IZ angebotene?
22. Ist es richtig, dass die Firma EuroTech daher nur etwa halb so viele
Arbeitsstunden anbietet wie das IZ?
23. Wurde bei der Anbotsbewertung das Preis - Leistungs - Verhältnis bewertet?
24. Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?
25. Wie erklärt sich vor diesem Hintergrund der geplante Zuschlag an die Firma
EuroTech?
26. Warum wurde ein Verhandlungsverfahren gewählt?
27. Ist es richtig, dass nur mit der Firma EuroTech verhandelt wurde?
28. Wurde das Anbot der Firma EuroTech nach der Anbotsiegung verändert?
Wenn ja, weshalb?
29. Wurde hier der im Bundesvergabegesetz verankerte
Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt?
30. Wenn die Fa. EuroTech die nötigen Gewerbeberechtigungen nicht besitzt,
und / oder das Anbot der Fa. EuroTech nach Anbotslegung verändert wurde
und / oder mit anderen Bieter nicht verhandelt wurde und / oder die Fa. EuroTech
entgegen den Ausschreibungsbedingungen Gewinnerzielungsabsichten
verfolgt, wäre dann der Zuschlag an die Fa. EuroTech rechtswidrig?
31. Erfüllt die Beauftragung der Firma EuroTech trotz dieser rechtlichen Bedenken
den Tatbestand des Amtsmißbrauches?
32. Gibt oder gab es Geschäftsbeziehungen zwischen der Fa. EuroTech bzw. mit
EuroTech direkt oder indirekt verbundenen Firmen und der Fa. Quantum, die
vom BMSG damit beauftragt war, die Anträge zur Zulassung zur Anbotslegung
sowie die Anbote selbst zu prüfen bzw. zu bewerten und die
Vergabekommission zu beraten?
33. Wenn ja, welcher Art sind bzw. waren diese Geschäftsbeziehungen und
welches Finanzvolumen haben bzw. hatten sie?
34. Wenn ja, läge dann nicht eine Befangenheit der Fa. Quantum bei der
Bewertung des Anbots der Fa. EuroTech vor?
35. Ist es richtig, daß das Bundesvergabeamt angekündigt hat, die Beurteilung der
gemeinschaftsrechtlichen Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung
vorzulegen?
36. Was geschieht, wenn die Organe der Europäischen Union feststellen, daß die
Fa. EuroTech nicht den Mindestanforderungen an Nationalagenturen gemäß
den Vorgaben der Europäischen Kommission entspricht und daher mit der Fa.
EuroTech kein diesbezüglicher Vertrag abgeschlossen werden kann?
37. Falls es dann ab 1. Februar 2001 keine Nationalagentur für das Programm
"Jugend" in Österreich gibt,
läge dann ein Fall von Amtsmißbrauch vor?
38. Welcher Schaden droht der Republik Österreich, wenn die angerufenen
Kontrollinstanzen im Nachhinein eine Zuschlagserteilung an die Firma EuroTech
für rechtswidrig erklären?
39. Könnte der übergangenen (tatsächliche) Bestbieter Schadenersatzforderungen
in Millionenhöhe gegenüber der Republik Österreich geltend machen?
40. Welche Rolle spielte die vorläufig suspendierte Sektionschefin Dr. Veronika
Holzer, in deren Zuständigkeit das Programm "Jugend" fiel, bei der Planung
und Durchführung des Vergabeverfahrens?