1810/J XXI.GP

Eingelangt am: 31.01.2001

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dipl. - Ing. Werner KUMMERER, Dr. Robert RADA

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

betreffend Berufsschullehrer im dualen Ausbildungssystem

 

Die Personalvertretung der Landesberufsschule für Elektrotechnik Stockerau I hat

uns über aktuelle Probleme der Berufsschullehrer informiert (Beilage). Es wird auf

die Vorteile und Erfolge der bisherigen Lehrlingsausbildung hingewiesen. Im Zuge

der Budgetbegleitgesetze und anderer geplanter Maßnahmen wird eine gravierende

Verschlechterung dieses erprobten Ausbildungssystems erwartet.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für

Bildung, Wissenschaft und Kultur nachstehende

 

Anfrage:

 

1. Wird mit den geplanten bzw. bereits beschlossenen Maßnahmen im

    Bildungssystem die Qualität des dualen Ausbildungssystems gefährdet?

 

2. Welche konkrete Auswirkungen sind

    a) für die Lehrlinge

    b) für den Lehrkörper

    c) für den Wirtschaftsstandort Österreich

    zu erwarten?

 

3. Welche Erfolge haben österreichische Lehrlinge bei internationalen

    Wettbewerben (Lehrlingsolympiaden, -weltmeisterschaften etc.) in der

    Vergangenheit errungen?

 

4. Welche Erfolge bei internationalen Wettbewerben sind in Zukunft zu

    erwarten?

 

5. Ist Ihnen bekannt, dass Lehrer mit Lehramtsprüfung für den Bereich

    Elektrotechnik Lehrlinge für neue Lehrberufe wie zum Beispiel

    Elektroinstallationstechniker mit Schwerpunkten Prozess - und Bustechnik,

    Elektrobetriebstechnik mit Prozessleittechnik, Elektronik, Mikrotechnik,

    lT - Elektronik und Kommunikationstechnik zu unterrichten haben?

 

6. Gelingt es, Neulehrer für diese Bereiche zu finden?

 

7. Wenn ja,

    a) Wieviel Neulehrer wurden seit September 2000 eingestellt?

    b) In welche Gehaltsstufe wurden diese Lehrer eingestuft?

    c) Welche Art von Vordienstzeiten wurden berücksichtigt?

    d) Wie hoch ist der Nettogehalt eines Neulehrers?

8. Wie wirkt sich die Streichung der Absetzstunden für Klassenvorstandsarbeiten

    und Kustodiate finanziell für den einzelnen Lehrer aus?

 

9. Wie wirkt sich die Verringerung des Berechnungsfaktors für

    Dauermehrdienstleistung und Einzelsupplierungen finanziell für den einzelnen

    Lehrer aus?

 

10. Wie wirkt sich die Gratissupplierung für die erste Vertretungsstunde finanziell

      für den einzelnen Lehrer aus?

 

11. Ist es richtig, dass zur notwendigen Fortbildung gewisser Berufsschullehrer

      Seminare im Ausland notwendig sind?

 

12. Wie werden solche Auslandsfortbildungen finanziell abgegolten?

 

13. Ist die Belastung der Berufschullehrer durch die 10 - Wochen Turnusse mit der

      Belastung von Pflichtschullehrern vergleichbar?

 

14. Beabsichtigen Sie in absehbarer Zeit Verbesserungen für die Berufsschullehrer

      umzusetzen?

 

15. Wenn ja, welche?

Gedanken zu den Verhandlungen über das Budgetbegleitgesetz aus der Sicht der

betroffenen Berufsschullehrerinnen und Lehrer.

 

Kaum ein Staat auf der Welt hat im Verhältnis so viele ausgebildete Facharbeiter wie

Österreich. Dies kommt dem gesamten Staat Österreich zugute. Kaum ein Staat auf der Welt

hat eine so geringe Jugendarbeitslosigkeit wie Österreich wobei dies besonders auf die

intensive Lehrlingsausbildung zurückzuführen ist. Länder wie z.B. die USA studieren die

Österreichische Lehrlingsausbildung, um diese im eigenen Land aufzubauen. Weltweit ist

Österreich Vorbild in der Lehrlingsausbildung. Weltweit gewinnen österreichische Lehrlinge

bei Lehrlingsolympiaden und - weltmeisterschaften die vorderen Preise.

Der Berufsschüler ist der einzige Schüler, welcher in der Praxis bereits sieht, was er in der

Folge im Unterricht hört bzw. lernt. Der Lehrling ist in der Wirtschaft miteingebunden und

trägt seinerseits am Wirtschaftswachstum bei. Zusätzlich leistet er Beiträge an

Sozialversicherungsträger, während Schüler anderer Schularten dies erst viel später tun. Die

Berufsschule ist aufgrund der Praxisnähe immer nahezu auf dem letzten Stand des Wissens

und der Technik. Die Berufsschule reformiert sich dauernd selbst, ist akzeptiert und fundiert.

Die Berufsschule entwickelt und erneuert sich marktorientiert und bedarfskonform. Die

Schülerzahl ist identisch mit der Lehrlingszahl.

 

Der Berufsschullehrer im dualen Ausbildungssystem.

 

Berufsschullehrer sind zwar von der Anzahl her nur ein kleiner Teil der Lehrerschaft und

werden deswegen oft mit ihrer Problematik zwischen den großen Gruppen der Pflichtschul -

und AHS - Lehrer übersehen!

Gerade für Sie ist es augenblicklich notwendig ihre Besonderheiten aufzählen.

 

+) 40% aller Schüler werden nach der allgemeinen Pflichtschulzeit in den

    Berufsschulen von ca. 7000 Berufsschullehrern in Österreich unterrichtet und

    das mit den niedrigsten Ausbildungskosten pro Schüler.

 

+) in den Berufsschulen gibt es vier „Schuljahre“ pro Schuljahr

 

+) Berufsschullehrer sind mit ständigen Entwicklungen und Neuerungen

     konfrontiert. Die Vorbereitungszeit für den Unterricht nimmt dadurch einen

     sehr hohen Umfang ein, was auch durch die Arbeitszeitstudie nachgewiesen

     wurde.

 

+) Speziell durch die neuen Lehrberufe werden sie noch zusätzlich gefordert. Sie

    sind den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen in ihrem

    Aufgabenbereich inhaltlich angegliedert.

 

    Fachlehrer mit der Lehramtsprüfung für Elektroinstallateure und

    Betriebselektriker müssen zukünftig neue Lehrberufe wie zum Beispiel

    den des Elektroinstallationstechnikers mit Schwerpunkt Prozess - und

    Bustechnik, Elektrobetriebstechnik mit Schwerpunkt Prozessleittechnik,

    den Anlagenelektriker, Den Kommunikationstechniker, den Elektroniker,

    den lT Elektroniker und den Mikrotechniker unterrichten

+) Die Weiterbildung und Fortbildung in den Fachbereichen wird nur in

    geringster Form geregelt angeboten. Die Lehrer müssen die Quellen für ihr

    Fachwissen sehr oft selbst suchen und sich praktisch selbst aus - und

    weiterbilden. Dafür benötigen sie sehr viel Zeit, besonders für eine derartige

    Innovation wie sie für die Vielzahl neuer Lehrberufe notwendig ist, die

    unbedingt honoriert werden muß.

 

+) Neulehrer die gesucht werden sollen bei einem Einstieg in den Schuldienst

    umfassende Fachkenntnisse und viel Erfahrung mitbringen. Derartige

    Leute zu finden ist aber nicht mehr möglich, da sie in den niedrigsten

    Gehaltsstufen eingestuft werden und gerade in den Fachbereichen der

    Telekommunikationstechnik in der Privatwirtschaft wesentlich mehr

    verdienen.

 

+) Die Berufsschullehrer stehen zusätzlich noch in der Pflicht der

    Wirtschaft und der Arbeiterkammer (z.B.: 10% - Klausel;

    Abstimmung der Lehrpläne, Organisation der Fachklassen,

    keine schulautonomen freien Tage, usw.)

 

+) Bei internationalen Berufwettbewerben belegen die in unseren

    Berufsschulen ausgebildeten Fachkräfte immer Spitzenplätze - noch stimmt

    die Qualität der Ausbildung.

 

+) Unsere Berufsschulen leisten international „Entwicklungshilfe“ in Form

     von Schulpartnerschaften - speziell in den Ländern der EU-Beitrittskandidaten

     aus dem Osten.

   

Um dem dualen Ausbildungssystem weiterhin eine entsprechende schulische Grundlage

zu geben, ist es absolut notwendig sich für diese kleine aber doch bedeutende

Lehrergruppe mit höchstmöglicher Kraft einzusetzen, um die wesentlichsten Punkte

und Wünsche für eine Sonderregelung bezüglich Budgetbegleitgesetz anzupassen.

 

Im Lehrgangsunterricht kann mit einfacher Supplierung der große Lehrstoffumfang nicht

bewältigt werden. Nur durch Fachvertretungen mit angemessener Entlohnung (wie

Dauermehrdienstleistung) können wir unseren Bildungs - und Lehraufgabe erfüllen. Leerläufe

während der Berufsschulzeit können weder von der Arbeitgeber - noch von der

Arbeitnehmerseite akzeptiert werden. Ein Nettogehalt das geringer ist als das einer

Reinigungskraft kann für einen topausgebildeten Fachlehrer noch dazu im EDV Bereich nicht

zumutbar sein. Jeder leicht anzustrebende Nebenjob würde ein Vielfaches an Einkommen

ermöglichen.

Da die Berufsschullehrer keine schulautonomen unterrichtsfreien Tage haben, wünschen sie

dringend institutionelle Fort - oder Weiterbildung an bis zu 15 Tagen in jedem Schuljahr

ohne Einstellung der Mehrdienstleistungen. Dies wird erforderlich, da Fachseminare

oftmals bundesländerübergreifend abgehalten werden und neue Technologien mehrere

Seminare erfordern.

 

Auch in Zeiten eines Sparbudgets muss die Ausbildung der Jugendlichen und deren

Integration am Arbeitsplatz höchste Priorität beigemessen werden und rasch gehandelt

werden.

Das Anforderungsprofil einen Berufsschullehrers erfordert weit höhere Qualifikationen

als jenes der Lehrer im restlichen Pflichtschulbereich.