1869/J XXI.GP
Eingelangt am: 08-02-2001
der Abgeordneten Dr. Kostelka
und Genossen
an den Präsidenten des Rechnungshofes
betreffend rechtswidrige Weitergabe von sog. Rechnungshof - Rohberichten
FP - Sozialminister Herbert Haupt zitiert gern aus dem Rohbericht des Rechnungshofes
über die Sozialversicherungen. Dem Kurier liegt dieser Bericht nun vor. (so die
Abendausgabe des Kurier vom 3.2.2001, Seite 2)
In der Samstag - Ausgabe des Kurier vom 3. Februar 2001 wird auf Seite 2 unter der
Überschrift "Rechnungshof mahnt die Sozialversicherung ab" über einen unveröffentlichten
Rechnungshof - Rohbericht berichtet. Unter anderem heißt es wörtlich: "Laut Informationen
aus einem unveröffentlichten Rechnungshof - Rohbericht, die Kurier und Format vorliegen, übt
der Rechnungshof harrsche Kritik an Hauptverband und einzelnen Sozialversicherungen."
Ein ähnlicher Artikel erschien im Format Nr. 6 vom 5. Februar 2001. Auch hier werden
Originalzitate aus dem unveröffentlichten RH - Bericht dargestellt.
Da Format schon am 2. Februar 2001 diesen Artikel vorab in der APA veröffentlichte, folgte
eine Reibe von Zeitungsberichten zu diesem Thema in Folge.
Weitergehend waren die Reaktionen des einfachen Parteimitgliedes der FP, LH Jörg Haider.
Dieser forderte beruhend auf den Aussagen des RH - Rohberichtes den Rücktritt der gesamten
Spitzenfunktionäre und leitenden Angestellten des Hauptverbandes der
Sozialversicherungsträger.
In der Sonntagssendung "Betrifft" im ORF bezogen sich sowohl Bundeskanzler Schüssel wie
auch Vizekanzlerin Riess - Passer auf Inhalte des Rechnungshof - Rohberichtes, um dadurch
ihre politischen Argumentationen zu untermauern.
Unsere Bundesverfassung sieht in Art. 126d Abs. 1 B - VG für die Veröffentlichungen von
Rechnungshofberichten eine eindeutige Regelung vor. Diese lautet: "Der Rechnungshof
erstattet dem Nationalrat über seine Tätigkeit im vorausgegangenen Jahr spätestens bis
31. Dezember jeden Jahres Bericht.
Überdies kann der Rechnungshof über einzelne
Wahrnehmungen jederzeit unter allfälliger Antragstellung an den Nationalrat berichten. Der
Rechnungshof hat jeden Bericht gleichzeitig mit der Vorlage an den Nationalrat dem
Bundeskanzler mitzuteilen. Die Berichte des Rechnungshofes sind nach Vorlage an den
Nationalrat zu veröffentlichen."
Damit regelt die gegenständliche Bestimmung eindeutig und klar, dass eine Veröffentlichung
vor Vorlage des Berichtes an den Nationalrat rechtswidrig ist.
Gem. § 13 Abs. 3 RHG hat der Rechnungshof das Ergebnis seiner Überprüfung betr.
öffentlich - rechtliche Körperschaften und sonstige Rechtsträger dem zuständigen
Bundesministerium zur Stellungnahme mitzuteilen. In diesem Fall ist gem. der
Kompetenzverteilung das zuständige Bundesministerium jenes für soziale Sicherheit und
Generationen.
§ 302 StGB regelt den Straftatbestand "Missbrauch der Amtsgewalt"; § 310 StGB regelt den
Straftatbestand "Verletzung des Amtsgeheimnisses"; die Legaldefinition des § 74 StGB
definiert den Beamtenbegriff so, dass auch die Mitglieder der Bundesregierung Tatsubjekt
von §§ 302 oder 310 StGB sein können.
Die Verfassungsbestimmung von Art. 126d B - VG hat den Sinn, dass sämtliche im Nationalrat
vertretenen Fraktionen - also alle Abgeordneten - gleichzeitig von den Berichten des
Rechnungshofes informiert werden, um die Kontrollfunktion fair und ausgeglichen
wahrnehmen zu können.
In letzter Zeit allerdings lässt sich immer häufiger ein Missbrauch dieser Bestimmung durch
Mitglieder der Bundesregierung feststellen, welche Rohberichte des Rechnungshofes den
Journalisten oder anderen Kabinettsmitgliedern zur Verfügung stellen. Damit werden
insbesondere die Abgeordneten der Opposition ihres Rechtes beraubt, an der Kontrolle der
Vollziehung gleichzeitig mitwirken zu können.
Die SP - Fraktion hat schon vor Jahren einen Vorschlag veröffentlicht, mit welchem auf solche
rechtswidrigen Veröffentlichungen von Rohberichten durch Bekanntgabe deren Inhalte an die
Mitglieder des Rechnungshofausschusses durch den Präsidenten des Rechnungshofes reagiert
werden soll.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Präsidenten des Rechnungshofes
nachstehende
Anfrage:
1. Wann wurde der Rohbericht dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Generationen übermittelt?
Wer war der Adressat?
2. Welche Stellungnahme liegt Ihnen von Seiten des Bundesministeriums für soziale
Sicherheit und Generationen bisher vor?
3. Wann läuft die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ab?
4. Wurde dieser Rohbericht von Ihnen offiziell einem anderen Mitglied der
Bundesregierung oder Landesregierung übermittelt?
5. Haben Sie den Rohbericht oder Passagen daraus Medien zur Verfügung gestellt?
6. Wie stehen Sie im Hinblick auf die neuerlichen Veröffentlichungen von
Rohberichten zu einer Novellierung des Rechnungshofgesetzes und des Bundes -
Verfassungsgesetzes betr. Einführung eines Verfahrens zur vollständigen Information
der Mitglieder des Rechnungshofausschusses über die Inhalte von rechtswidrig
veröffentlichten Rohberichten?
7. Lässt das interne Sicherheitssystem einen Schluss zu, wessen Exemplar gewissen
Medien zugegangen ist?
8. Wenn ja: Wessen Exemplar ist gewissen Medien weitergegeben worden?