1870/J XXI.GP
Eingelangt am: 08-02-2001
der Abgeordneten Dr. Kostelka
und Genossen
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend rechtswidrige Weitergabe von sog. Rechnungshof - Rohberichten
FP - Sozialminister Herbert Haupt zitiert gern aus dem Rohbericht des Rechnungshofes
über die Sozialversicherungen. Dem Kurier liegt dieser Bericht nun vor. (so die
Abendausgabe des Kurier vorn 3.2.2001, Seite 2)
In der Samstag - Ausgabe des Kurier vom 3. Februar 2001 wird auf Seite 2 unter der
Überschrift "Rechnungshof mahnt die Sozialversicherung ab" über einen unveröffentlichten
Rechnungshof - Rohbericht berichtet. Unter anderem heißt es wörtlich: "Laut Informationen
aus einem unveröffentlichten Rechnungshof - Rohbericht, die Kurier und Format vorliegen, übt
der Rechnungshof harrsche Kritik an Hauptverband und einzelnen Sozialversicherungen."
Ein ähnlicher Artikel erschien im Format Nr. 6 vom 5. Februar 2001. Auch hier werden
Originalzitate aus dem unveröffentlichten RH - Bericht dargestellt.
Da Format schon am 2. Februar 2001 diesen Artikel vorab in der APA veröffentlichte, folgte
eine Reihe von Zeitungsberichten zu diesem Thema in Folge.
Weitergehend waren die Reaktionen des einfachen Parteimitgliedes der FP, LH Jörg Haider.
Dieser forderte beruhend auf den Aussagen des RH - Rohberichtes den Rücktritt der gesamten
Spitzenfunktionäre und leitenden Angestellten des Hauptverbandes der
Sozialversicherungsträger.
In der Sonntagssendung "Betrifft" im ORF bezogen sich sowohl Bundeskanzler Schüssel wie
auch Vizekanzlerin Riess - Passer auf Inhalte des Rechnungshof - Rohberichtes, um dadurch
ihre politischen Argumentationen zu
untermauern.
Unsere Bundesverfassung sieht in Art. 126d Abs. 1 B - VG für die Veröffentlichungen von
Rechnungshofberichten eine eindeutige Regelung vor. Diese lautet: "Der Rechnungshof
erstattet dem Nationalrat über seine Tätigkeit im vorausgegangenen Jahr spätestens bis
31. Dezember jeden Jahres Bericht. Überdies kann der Rechnungshof über einzelne
Wahrnehmungen jederzeit unter all fähiger Antragstellung an den Nationalrat berichten. Der
Rechnungshof hat jeden Bericht gleichzeitig mit der Vorlage an den Nationalrat dem
Bundeskanzler mitzuteilen. Die Berichte des Rechnungshofes sind nach Vorlage an den
Nationalrat zu veröffentlichen."
Damit regelt die gegenständliche Bestimmung eindeutig und klar, dass eine Veröffentlichung
vor Vorlage des Berichtes an den Nationalrat rechtswidrig ist.
Gem. § 13 Abs. 3 RHG hat der Rechnungshof das Ergebnis seiner Überprüfung betr.
öffentlich - rechtliche Körperschaften und sonstige Rechtsträger dem zuständigen
Bundesministerium zur Stellungnahme mitzuteilen. In diesem Fall ist gem. der
Kompetenzverteilung das zuständige Bundesministerium jenes für soziale Sicherheit und
Generationen.
§ 302 StGB regelt den Straftatbestand "Missbrauch der Amtsgewalt"; § 310 StGB regelt den
Straftatbestand "Verletzung des Amtsgeheimnisses"; die Legaldefinition des § 74 StGB
definiert den Beamtenbegriff so, dass auch die Mitglieder der Bundesregierung Tatsubjekt
von §§ 302 oder 310 StGB sein können.
Die Verfassungsbestimmung von Art. 1 26d B - VG hat den Sinn, dass sämtliche im Nationalrat
vertretenen Fraktionen - also alle Abgeordneten - gleichzeitig von den Berichten des
Rechnungshofes informiert werden, um die Kontrollfunktion fair und ausgeglichen
wahrnehmen zu können.
In letzter Zeit allerdings lässt sich immer häufiger ein Missbrauch dieser Bestimmung durch
Mitglieder der Bundesregierung feststellen, welche Rohberichte des Rechnungshofes den
Journalisten oder anderen Kabinettsmitgliedern zur Verfügung stellen. Damit werden
insbesondere die Abgeordneten der Opposition ihres Rechtes beraubt, an der Kontrolle der
Vollziehung gleichzeitig mitwirken zu
können.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen nachstehende
Anfrage:
1. Wann haben Sie den Bericht des Rechnungshofes (Rohbericht) über u.a. den
Hauptverband der Sozialversicherungsträger erhalten?
2. Wer hat diesen Bericht von Ihnen zu welchem Zeitpunkt im einzelnen erhalten?
3. Zu welchem Zweck haben diese Personen den Bericht bekommen und welche
Aufträge haben Sie diesen bei Übergabe des Berichtes erteilt?
4. Welche Schlüsse ziehen Sie aus der Aussage: "FP - Sozialminister Herbert Haupt
zitiert gerne aus dem Rohbericht des Rechnungshofes über die
Sozialversicherungen“?
5. Wem gegenüber haben Sie wann im Detail aus dem Rohbericht zitiert?
6. Welche Passagen haben Sie dabei zitiert?
7. Haben Sie über den Inhalt des Rechnungshof - Rohberichtes Gespräche mit anderen
Mitgliedern der Bundesregierung geführt?
Wenn ja, mit wem haben Sie darüber gesprochen?
Welche Passagen haben Sie dabei besprochen?
8. Haben Sie mit Landeshauptmännern oder Mitgliedern der Landesregierung
Gespräche über den Rechnungshof - Rohbericht geführt?
Wenn ja, mit wem haben Sie darüber gesprochen?
Welche Passagen haben Sie dabei besprochen?
9. Sollten diese Gespräche nicht stattgefunden haben, wie erklären Sie sich den
Wissensstand von Bundeskanzler Schüssel, Vizekanzlerin Riess - Passer und
Landeshauptmann
Haider?
10. Wie werden Sie sicherstellen, dass die Stellungsnahme des Bundesministeriums für
soziale Sicherheit und Generationen zum Rechnungshof - Rohbericht in einer
objektiven Art und Weise erfolgt und die personalpolitischen Absichten der FPÖ in
den Hintergrund treten?
11. Wann wird diese Stellungnahme ergehen bzw. wann ist sie ergangen?