1889/J XXI.GP

Eingelangt am: 13-02-2001

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

 

betreffend gesundheitsgefährdende Tiermehlverbrennung

 

 

Laut Zeitungsberichten haben sich Betreiber von Kraftwerken, Zementwerken und

Müllverbrennungsanlagen wiederholt für die Tiermehlverbrennung angeboten. Nach

unserem Informationsstand wird in der MVA Wels, im Kraftwerk Timelkam, im

Kraftwerk Riedersbach und im Kraftwerk St. Andrä im Lavantal bereits Tiermeh

verbrannt (zur MVA Wels siehe Der Standard, 29. Jänner 2001).

 

Seit dem Verfütterungsverbot von Tiermehl (Entscheidung 2000/766/EG vom 4.12.

2000) ist dieses als Abfall einzustufen. Laut Anfragebeantwortung des BMLFUW

fallen derzeit in Österreich jährlich über 100.000 Tonnen Tiermehl an. Es wurde auch

Tiermehl importiert als auch exportiert (Nr. 1568/J vom 22. Jänner 2001).

 

Jede Anlage ist für die Verbrennung bestimmter Abfallarten zugelassen, wobei auch

die Mengen je Abfallart bzw. - Kategorie festgelegt sein können (z.B.

Hausmüll/Klarschlamm). Eine wesentliche Änderung der Müllzusammensetzung

setzt daher eine Änderungsgenehmigung im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes

voraus. Derzeit gibt es in Osterreich nur eine Sondermüllverbrennungsanlage,

nämlich die EbS in Wien. Als hausmüllähnlich ist Tiermehl schwerlich einzustufen,

daher ist eine Verbrennung in Hausmüllverbrennungsanlagen gemäß unserer

Auffassung derzeit jedenfalls nicht zulässig.

 

Im Sinne des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen handelt es sich bei Tiermehl

um einen ,,nichtkonventionellen“ Brennstoff. Da jeder Brennstoff in quantitativer und

qualitativer Hinsicht andere Schadstoffe verursacht, ändern sich bei Hinzunahme

neuer Brennstoffe auch die Auswirkungen auf Umwelt und Menschen. Bei Tiermehl

handelt es sich um biogenes Material mit den kritischen Inhaltsstoffen Chlor und

Stickstoffverbindungen. Aufgrund der org. C - Verbindungen und dem Chlor im

Tiermehl ist allenfalls auch das Dioxinbildungspotenzial höher. Eine Verbrennung

von Tiermehl setzt daher auch eine Änderungsgenehmigung nach der

Gewerbeordnung respective dem Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen voraus.

 

Da sich also die Abgase ändern, ändern sich auch die Abwässer aus der

Rauchgaswäsche. Es ist daher auch eine Prüfung durch die Wasserrechtsbehörde

notwendig.

 

Es stellt sich die Frage, wie in dieser Schnelligkeit bei den oben genannten Anlagen

die behördlichen Verfahren stattgefunder haben können. Beim Einsatz von Tiermehl

in der Zementindustrie würde sich der Phosphoranteil nachteilig auf die

Produktqualität auswirken.

 

Abgesehen von der Umweltverträglichkeit der Verbrennung von Tiermeh in

konkreten Anlagen ist aus gesundheitlich-hygienischer Sicht anzumerken, dass es

wissenschaftlich noch nicht erwiesen ist, ab welchen Temperaturen der BSE - Erreger

vernichtet wird.

 

Der Fragenkomplex fällt teils in die Zuständigkeit des Bundesministers für Land - und

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Abfallanlagen, Abfallimport und -

export) und teils in die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit

(Energieanlagen, Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, Gewerbeordnung). Der

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen hat in seiner Beantwortung

vom 19. Jänner 2001 (zu 1696/J) ausgeführt, dass die Entsorgung von Tiermehl

„derzeit in Form der Verbrennung in dafür zugelassenen Anlagen angelaufen“ sei.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1. a) Wie ist Tiermehl abfallrechtlich einzustufen?

    b) Handelt es sich um einen „ungefährlichen“ Abfall? Wenn nein, warum

         nicht?

    c) Handelt es sich um gefährlichen Abfall? Wenn nein, warum nicht?

 

2. Wie ist Tiermehl im Sinne des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen

    einzustufen?

 

3. In welchen konkreten Anlagen wird derzeit Tiermehl verbrannt?

 

4. a) Seit wann wird in der MVA Wels Tiermehl verbrannt?

    b) Wieviel Mengen Tiermehl werden in Wels monatlich verbrannt? Wird damit

        die zugelassene Jahreskapazität überschritten?

    c) In welchem ordentlichen behördlichen Verfahren wurden die

        Auswirkungen dieser zusätzlichen Abfallverbrennung auf die Gesundheit

        der Nachbarn und die Umwelt geprüft?

    d) Wie wurde dieses Verfahren kundgemacht?

     e) Wo liegt ein diesbezüglicher Genehmigungsbescheid im Sinne des Artikel

         15 Abs. 1 IPPC - RL auf?

      f) Welche Sachverständigengutachten wurden in diesem behördlichen

          Verfahren zur Unbedenklichkeit dieser Verbrennung im Sinne der

          Gewerbeordnung (§§ 74 ff und § 77a GewO), des Luftreinhaltegesetzes

          für Kesselanlagen (§ 2 ff LRG - K), des Wasserrechtsgesetzes (§§ 32 und

         33 b WRG), des Abfallwirtschaftsgesetzes (§§ 28, 29 und § 29 b AWG)

         vorgelegt? Wurden in diesen Gutachten besondere Auflagen für

         erforderlich gehalten?

 

5. a) Seit wann wird im Kraftwerk Timelkam Tiermehl verbrannt?

    b) Wieviel Mengen Tiermehl werden monatlich verbrannt? Wird damit die

         zugelassene Jahreskapazität überschritten?

     c) In welchem ordentlichen behördlichen Verfahren wurden die

         Auswirkungen dieser zusätzlichen Abfallverbrennung auf die Gesundheit

         der Nachbarn und die Umwelt geprüft?

     d) Wie wurde dieses Verfahren kundgemacht?

      e) Wo liegt ein diesbezüglicher Genehmigungsbescheid im Sinne des Artikel

          15 Abs. 1 IPPC - RL auf?

      f) Welche Sachverständigengutachten wurden in diesem behördlichen

          Verfahren zur Unbedenklichkeit dieser Verbrennung im Sinne der

          Gewerbeordnung (§§ 74 ff und § 77a GewO), des Luftreinhaltegesetzes

          für Kesselanlagen (§ 2 ff LRG - K), des Wasserrechtsgesetzes (§§ 32 und

          33 b WRG) vorgelegt? Wurden in diesen Gutachten besondere Auflagen

          für erforderlich gehalten?

 

6. a) Seit wann wird im Kraftwerk Riedersbach Tiermehl verbrannt?

    b) Wieviel Mengen Tiermehl werden monatlich verbrannt? Wird damit die

         zugelassene Jahreskapazität überschritten?

     c) In welchem ordentlichen behördlichen Verfahren wurden die

         Auswirkungen dieser zusätzlichen Abfallverbrennung auf die Gesundheit

         der Nachbarn und die Umwelt geprüft?

     d) Wie wurde dieses Verfahren kundgemacht?

     e) Wo liegt ein diesbezüglicher Genehmigungsbescheid im Sinne des Artikel

          15 Abs. 1 IPPC - RL auf?

     f) Welche Sachverständigengutachten wurden in diesem behördlichen

         Verfahren zur Unbedenklichkeit dieser Verbrennung im Sinne der

         Gewerbeordnung (§§ 74 ff und § 77a GewO), des Luftreinhaltegesetzes

         für Kesselanlagen (§ 2 ff LRG - K), des Wasserrechtsgesetzes (§§ 32 und

         33 b WRG) vorgelegt? Wurden in diesen Gutachten besondere Auflagen

         für erforderlich gehalten?

 

7. a) Seit wann wird im Kraftwerk St. Andrä im Lavantal Tiermehl verbrannt?

    b) Wieviel Mengen Tiermehl werden monatlich verbrannt?

       c) In welchem ordentlichen behördlichen Verfahren wurden die

           Auswirkungen dieser zusätzlichen Abfailverbrennung auf die Gesundheit

           der Nachbarn und die Umwelt geprüft?

     d) Wie wurde dieses Verfahren kundgemacht?

      e) Wo liegt ein diesbezüglicher Genehmigungsbescheid im Sinne des Artikel

           15 Abs. 1 IPPC - RL auf?

        f) Welche Sachverständigengutachten wurden in diesem behördlichen

            Verfahren zur Unbedenklichkeit dieser Verbrennung im Sinne der

            Gewerbeordnung (§§ 74 ff und § 77a GewO), des Luftreinhaltegesetzes

            für Kesselanlagen (§ 2 ff LRG - K), des Wasserrechtsgesetzes (§§ 32 und

            33 b WRG) vorgelegt? Wurden in diesen Gutachten besondere Auflagen

            für erforderlich gehalten?

 

8. Soweit noch über die Anlagen MVA Wels und Kraftwerke Timelkam,

    Riedersbach und St Ändrä hinaus andere Anlagen Tiermehl verbrennen:

    a) Seit wann wird in diesen Anlagen jeweils Tiermehl verbrannt?

 

    b) Wieviel Mengen Tiermehl werden jeweils monatlich verbrannt?

 

    c) In welchem ordentlichen behördlichen Verfahren wurden die

        Auswirkungen dieser zusätzlichen Abfailverbrennung auf die Gesundheit

        der Nachbarn und die Umwelt geprüft?

 

   d) Wie wurde dieses Verfahren kundgemacht?

 

   e) Wo liegt ein diesbezüglicher Genehmigungsbescheid im Sinne des Artikel

       15 Abs. 1 IPPC - RL auf?

 

   f) Welche Sachverständigengutachten wurden in diesem behördlichen

      Verfahren zur Unbedenklichkeit dieser Verbrennung im Sinne der

     Gewerbeordnung (§§ 74 ff und § 77a GewO), des Luftreinhaltegesetzes

     für Kesselanlagen (§ 2 ff LRG - K), des Wasserrechtsgesetzes (§§ 32 und

     33 b WRG) vorgelegt? Wurden in diesen Gutachten besondere Auflagen

     für erforderlich gehalten?

 

9. Liegt dem Ministerium ein Sachverständigengutachten zum Nachweis vor, dass

    die BSE - Erreger bei Temperaturen wie sie in den oben genannten Anlagen

    vorherrschen, vernichtet werden und damit keine weitere Streuung des

    Seuchenrisikos durch die Verbrennung stattfindet?