1996/J XXI.GP
Eingelangt am:01.03.2001
der Abgeordneten Glawischnig, Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Gesundheitsgefährdung der KonsumentInnen durch Kontroll - Chaos und
Schutz von Rechtsbrechern
Die aktuelle Bilanz der österreichischen Lebensmittel - und KonsumentInnenschutzpolitik fällt
desaströs aus. Sechs Wochen nach Auffliegen der Schweine - Affäre wurden immer noch
keine Konsequenzen gezogen. Die Zentralbereiche des KonsumentInnenschutzes, die
Lebensmittel - und Veterinärkontrolle, drohen ausgegliedert und der Landwirtschaft
überlassen zu werden. Bis auf den BSE - Krisenplan, der durch die Europäische Union
zwingend vorgegeben war, hat der zuständige Minister im Konsumentenschutz so gut wie
keine Ergebnisse vorzuweisen. Obwohl mit der schwersten Lebensmittelkrise der 2. Republik
nach dem Glykolskandal konfrontiert, werden die Chancen für eine Generalreform in der
Lebensmittelpolitik verpaßt. Bundesminister Haupt ist offenbar mehr an Parteipolitik als an
Sachfragen interessiert, wie der Abschuß von Hans Sallmutter oder die Versorgung von
blauen Parteigängern in seinem Ministerium mit Männer - Abteilungsposten belegen. Zentrale
Ressortaufgaben im KonsumentInnenschutzbereich werden völlig vernachlässigt, das
Vertrauen der KonsumentInnen weiter aufs Spiel gesetzt.
Bundesminister Herbert Haupt hat zwei zentrale Vorwürfe politisch zu verantworten:
Krasse Lücken im Überprüfungssystem entlasten Landwirte viel zu früh. Nach dem Großteil
der über hundert illegalen Arzneimittel wird gar nicht getestet. Durch viel zu lange
Wartezeiten zwischen dem ersten Test am lebenden Tier und dem zweiten Test nach der
Schlachtung können illegale Substanzen gar nicht mehr nachgewiesen werden.
Bei den Ermittlungen in den Bundesländern herrscht Chaos, die Ermittlungen werden
teilweise regelrecht verschlampt. Kriminalpolizei und Veterinäraufsicht arbeiten
nebeneinander her, eine zentrale Koordination durch den Konsumentenschutzminister fehlt.
Die seit Jahren bestehenden gravierenden Gesetzeslücken im Lebensmittelrecht wurden
trotz zahlreicher Ankündigungen bis heute nicht geschlossen. Die Systemlücken produzieren
bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht Freisprüche am laufenden Band.
Die Bundesregierung vermittelt der Öffentlichkeit in den letzten Wochen den Eindruck, daß
im Fleischbereich massiv kontrolliert wird. Medienwirksame Rindfleisch - Essen verschiedener
Minister bis hinauf zum Bundeskanzler verstärken dieses Bild. Dabei werden als
Konsequenz aus der Schweine - Affäre keine zusätzlichen Stichproben gezogen. Für die
bisherigen ca. 30.000 BSE - Tests wurden keine zusätzlichen Kapazitäten geschaffen. In allen
anderen Bereichen der Lebensmittelkontrolle fehlt es jetzt an Personal und Geld.
Trotzdem wird der Sparkurs bei der Lebensmittelkontrolle fortgesetzt, Personal und Budget
weiter reduziert. Die geplante ‚Agentur für Ernährungssicherheit‘ ist eine ‚Pseudo - Lösung, die
an Problemen wie Ressourcenknappheit und Gesetzeslücken nichts ändern wird.
Chaos, Überforderung und Nicht - Handeln prägen einen desaströsen Gesamteindruck in der
aktuellen Lebensmittelpolitik und sind ein Armutszeugnis für den Konsumentenschutz in
Österreich.
Krasse Lücken im Überprüfungssystem entlasten potentiell betroffene Landwirte viel zu früh.
Der anhand von Blut - und Harnproben am lebenden Schwein durchgeführte Hemmstofftest
untersucht neben Antibiotika nur weitere 25 Substanzen. Experten rechnen aber mit über
hundert verschiedenen Substanzen, darunter beispielsweise Nachbauprodukte
osteuropäischer Herkunft. Die Proben werden also auf die überwiegende Anzahl von
relevanten Substanzen gar nicht untersucht. Vieles bleibt daher unentdeckt.
Zwischen einem positiven Hemmstofftest und der anschließenden durchzuführenden
Fleischuntersuchung am geschlachteten Tier vergehen teilweise bis zu zwei Wochen. Durch
die lange Wartezeit zwischen den zwei Tests sind Antibiotika dann nicht mehr nachweisbar.
Die betroffenen Landwirte setzen die Antibiotika nach einem ersten positiven Test einfach
ab, nach drei bis vier Tagen haben sich die Substanzen abgebaut. Betriebe, von denen
positive Probenergebnisse vorliegen, durften wieder aufsperren. Denn eine Verurteilung
erfolgt nur, wenn die illegalen Wirkstoffe auch im Fleisch geschlachteter Tiere nachgewiesen
werden „Die ganze Sache läuft ins Leere“, wird ein Chemiker der Tierschutzorganisation
Vier Pfoten im profil (26.2.2001) zitiert.
Bei der Aufklärung der Affäre fehlt es an zentralem Management. Kriminalpolizei und
Veterinäraufsicht arbeiten nebeneinander her, es gibt keine Koordination durch das Haupt -
Ministerium. Daten über die genaue Anzahl der gesperrten und wieder freigegebenen
Betriebe sind nicht abrufbar, der Minister hat keinen Überblick über die Affäre.
In den Bundesländern werden die Ermittlungen teilweise regelrecht verschlampt. Während
im ebenfalls betroffenen Deutschland eine eigene Sondereinheit bis zu 200 (!)
Hausdurchsuchungen pro Woche vornimmt, wurden beispielsweise in Niederösterreich
insgesamt nur 45, in Oberösterreich gar nur 3 (!) Hausdurchsuchungen bei verdächtigen
Schweinebetrieben durchgeführt. Der Großteil der Vor - Ort - Ermittlungen wird über normale
Hof - Besuche abgewickelt, bei denen die Ermittler keinen Zugang zu den Wohngebäuden der
Landwirte haben, in denen die Medikamente meist gelagert sind.
Haupt betreibt ausschließlich Ankündigungspolitik. Seit Amtsantritt hat der Minister mehrfach
angekündigt, im Konsumentenschutz „neue Akzente“ setzen zu wollen und „einiges in
Österreich neu zu regeln“. Den Lippenbekenntnissen folgten keine Taten. Wenn es um die
Versorgung von FPÖ - Parteigängern mit Männerabteilungsposten geht, legt der Minister ein
unheimliches Tempo hin. Betreffend der seit Jahren bestehenden Gesetzeslücken im
Lebensmittelrecht hat er hingegen, ebenso wie seine Amtsvorgängerin Sickl, trotz
zahlreicher Ankündigungen bis heute keine Gesetzesinitiativen gesetzt.
Nur ein lächerlich geringer Anteil der von den Lebensmitteluntersuchungsanstalten bei den
Verwaltungsbehörden angezeigten Proben führen zu strafrechtlichen Verurteilungen. Bei
Verstößen gegen das Lebensmittelrecht werden die meisten Anzeigen fallen gelassen.
Werden Strafen verhängt, so fallen diese lächerlich gering aus. Das belegt das Beispiel
Oberösterreich. In den Jahren 1998 bis 2000 wurde in 26 Fällen Anzeige erstattet. 14
Verfahren endeten mit Freisprüchen, Einstellung und geringen Geldstrafen. Nur in einem Fall
wurde das Strafausmaß mit 95.000.- ATS ausgeschöpft. (Anm.:12 der 26 Verfahren sind zur
Zeit noch nicht rechtskräftig
abgeschlossen)
Die Überprüfung der Arzneimittelanwendung in landwirtschaftlichen Betrieben erfolgt neben
Rückstandsuntersuchungen in den Schlachthöfen durch direkte Kontrolle in den Betrieben.
Die gesetzliche Grundlage dafür, die so genannte "Rückstandskontrollverordnung",
ermöglicht Kontrollen allerdings nur in Räumlichkeiten und Flächen, die der Tierhaltung
dienen. In Wohnräumen, in denen die Medikamente üblicherweise gelagert werden, darf
dabei nicht Nachschau gehalten werden.
Positiv getestete Proben in der Fleischbeschau ziehen keine Konsequenzen für die
betroffenen Betriebe nach sich. Lediglich das betroffene Fleisch wird aus dem Verkehr
gezogen, eine Rückmeldung an die Bauernhöfe erfolgt nicht. Es existiert keine zentrale
Datenbank zur systematischen Erfassung positiv beanstandeter Proben.
Der Umgang mit Tierarzneimitteln ist derzeit im allgemeinen Arzneimittelgesetz geregelt. Ein
eigenes Gesetz, das die Verwendung von Tierarzneimitteln regelt, fehlt.
Nur die Anwendung, nicht jedoch Besitz und Lagerung von illegalen Tierarzneimitteln sind
strafbar. Täter müssen also sozusagen ‚mit der Spritze in der Hand‘ auf frischer Tat ertappt
werden.
Den KonsumentInnen wird bisher das Recht verwehrt, bei wiederholten Verstößen gegen
das Lebensmittelrecht die Namen von Firmen und Produkten zu erfahren.
Für die in Österreich bisher durchgeführten ca. 30.000 BSE - Tests wurden keine zusätzlichen
Kontrollkapazitäten geschaffen. Die Kräfte für die notwendigen BSE - Tests wurden durch
reine Umschichtungsmaßnahmen freigemacht. In allen anderen Bereichen der
Lebensmittelkontrolle - von Antibiotika - Rückständen im Schweinefleisch über Salmonellen
bei Geflügel bis zu gentechnisch kontaminierten Lebensmitteln - fehlt es daher an Personal
und Geld. Eine ausreichende Kontrolle in den zahlreichen ‚sonstigen‘ Problemfeldern im
Lebensmittelbereich kann so nicht gewährleistet werden.
In Niederösterreich und Oberösterreich wurden im Kontrollbereich praktisch keine
Konsequenzen aus der Schweine - Affäre gezogen. Während in der Steiermark jedes
zwanzigste geschlachtete Schwein auf Antibiotika - Rückstände untersucht wird, wird in
Oberösterreich nur jedes 1000. Schwein, in Niederösterreich überhaupt nur jedes 2000.
Schwein untersucht. „Wir wollten ja jedes 30. Tier untersuchen, aber das wäre uns doch zu
teuer geworden. Außerdem hat die Bundesanstalt zu wenig Personal dazu“, wird der
Veterinärdirektor der oberösterreichischen Landesregierung im Standard dazu zitiert. Der
Veterinärdirektor der niederösterreichischen Landesregierung stellt unverblümt klar, wo die
Verantwortung für dieses unfaßbare Kontrollversagen liegt: "Wir halten uns an den jährlichen
Stichprobenplan, der uns von der Regierung vorgegeben wird. Etwas anderes ist uns nicht
angeordnet worden“ (derStandard.at,
21.2.2001)
Mehr als 95% der österreichischen Masthühner werden unter tierquälerischen Bedingungen
gemästet. Möglichst schnelles Wachstum ist das einzige Ziel. Auch in der Geflügel - und
Putenzucht werden daher regelmäßig Antibiotika eingesetzt. In der österreichischen
Geflügel - Mast wurden vermutlich ebenso wie in der Schweine - Zucht illegale Arzneimittel an
Tiere verfüttert. Gegen fünf Massentierhaltungsbetriebe wurde Ende Jänner 2001 Anzeige
erstattet. Bei den illegalen Medikamenten handelt es sich vermutlich um Nachbauprodukte
aus Osteuropa.
Seit über 10 Jahren erkranken jährlich über 7.000 Menschen an Salmonellenvergiftungen.
Die Dunkelziffer liegt weit höher. Immer wieder kommt es zu Todesfällen. Im Raum von
Wien, NÖ und dem Burgenland wurden 1999 in 183 von 643 Geflügelproben Salmonellen
nachgewiesen. Salmonellenerkrankungen sind in erster Linie auf den Verzehr von
Hühnerfleisch und Eiern zurückzuführen. Seit Jahren sind die Beanstandungen der
Lebensmittelüberwachung anhaltend hoch. Bei über 80% aller Lebensmittelinfektionen
handelt es sich um Salmonelleninfektionen. Ein wirksames österreichweites Salmonellen -
Kontrollprogramm ist bis heute ausständig.
In Großbritannien wurden bisher wegen der aktuellen Maul - und Klauenseuche 7000
Schweine Rinder und Schafe geschlachtet und verbrannt. Es besteht der begründete
Verdacht, daß die Seuche durch Exporte bereits in andere EU - Länder verschleppt wurde.
Die niederländischen Behörden haben jedenfalls mehr als 3000 Tiere (Schafe, Rinder,
Schweine. Hirsche) vorsorglich getötet. Auch in Nordrhein - Westfalen hat man damit
begonnen, Tiere aus Großbritannien vorsorglich zu töten, mehrere Betriebe mit tausenden
von Schweinen und hunderten von Schafen stehen unter Quarantäne. Frankreich kündigte
an, alle im Februar aus Großbritannien importierten Schafe töten zu lassen. Auch Österreich
importiert regelmäßig Schweine aus Holland, Deutschland und anderen EU - Ländern.
In regelmäßigen Abständen belegen Tests von Konsumentenschützern, daß sich die
österreichischen KonsumentInnen auf die Kennzeichnung von Lebensmitteln nicht verlassen
können. Immer wieder werden gentechnisch veränderte Bestandteile in Lebensmittel ohne
Kennzeichnung entdeckt. 10% der Lebensmittel, die Soja enthalten, enthalten gentechnisch
verändertes Soja - allerdings rechtswidrig ohne Kennzeichnung. Minister Haupt schützt
rechtswidrig handelnde und verurteilte Unternehmen, die ihre Produkte nicht kennzeichnen,
obwohl sie gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten dadurch, daß die Namen und
Produkte nicht bekannt gegeben werden.
Neben ungekennzeichneten Gentechnik - Lebensmitteln sind in den vergangenen Wochen
mehrfach Mängel bei der Kennzeichnung von Wurstwaren aufgedeckt worden. So haben
Tests in Tirol ergeben, daß bei mehr als 50% der in Supermärkten und Metzgereien
eingekauften Wurstwaren die Zusammensetzung der Lebensmittel nicht korrekt angegeben
war. Trotz gegenteiliger Kennzeichnung wurde beispielsweise in Käsekrainer oder
Extrawurst Rindfleisch gefunden. In Oberösterreich wurden im vergangenen Jahr 16% der
überprüften Wurstwaren wegen falscher Kennzeichnung oder unerlaubter Zusätze
beanstandet.
Antibiotika - Rückstände bei importierten Meeresfrüchten (Shrimps, Lachs)
Zuchtanlagen für Meeresprodukte (Aquakulturen) in tropischen Küstenregionen werden
durch für den Menschen krankheitserregende Bakterien besiedelt. Deswegen werden
zahlreiche Antibiotika eingesetzt, die gleichzeitig auch als Wachstumsförderer wirken. Dabei
handelt es sich u.a. auch um Substanzen, die in Österreich verboten sind. Über die Mengen
an verwendeten Antibiotika liegen kaum offizielle Zahlen vor. Auch über potentielle
Gesundheitsgefahren und negative
Umweltauswirkungen gibt es nur beschränkt
Forschungsergebnisse. Die gesetzlichen Regelungen betreffend Antibiotikaeinsatz bzw.
deren Einhaltung sind in den meisten Erzeugerländern tropischer Zuchtshrimps völlig
unzureichend und nicht lückenlos kontrollierbar.
Bei Tests von auf dem österreichischen Markt gehandelten Garnelenprodukten wurden bei
einem Produkt eines französischen Herstellers Spuren des Antibiotikums Chloramphenicol
festgestellt. Aufgrund der spärlichen Importkontrollen - weltweit wird maximal eine Probe je
100 Tonnen auf gefährliche Rückstände untersucht - ist davon auszugehen, daß Antibiotika -
belastete Meeresfrüchte auch in Österreich regelmäßig auf den Markt kommen. Rückstände
dieses Antibiotikums sind EU - weit in Nahrungsmitteln verboten.
Auch in der österreichischen Fischzucht, vor allem in intensiven Forellenmast - Betrieben,
werden aufgrund der erhöhten Infektionsgefahr Antibiotika gefüttert.
Personalabbau, weniger Kontrollen und weniger Budget kennzeichnen die Lebensmittel - und
Veterinärkontrolle in den vergangenen Jahren. Das von der Bundesregierung angepeilte
Nulldefizit im Budget geht auf Kosten der Gesundheit der KonsumentInnen. Auch unter
Minister Haupt wird der Sparkurs fortgesetzt.
Trotz BSE - Krise und Fleischskandal wurden keine Investitionen in den Ausbau der
Lebensmittelkontrolle getätigt. Der Personalstand der staatlichen
Lebensmitteluntersuchungsanstalten sinkt seit Jahren kontinuierlich, obwohl die Aufgaben
massiv angewachsen sind. Von 1994 bis 1999 sank der Personalstand von 251
Bediensteten auf 213. Mit Stichtag 1. September 2000 waren gar nur mehr 199 Bedienstete
in der amtlichen Lebensmittelkontrolle tätig.
Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bereich der Veterinärkontrolle: 24 Planstellen wurden in
den veterinärmedizinischen Bundesanstalten zwischen 1995 und 2000 eingespart. Mit
Stichtag 1.12.2000 arbeiteten nur mehr 206 Bedienstete in der amtlichen Veterinärkontrolle
(1995: 230). In mehreren Prüfberichten hält die EU - Kommission der österreichischen
Veterinärverwaltung schwerwiegende Mängel vor. In einem Bericht über österreichische
Grenzkontrollstellen (2000) im Veterinärbereich (u.a. Einfuhr von tierischen Erzeugnissen
und lebenden Tieren) hat die EU in praktisch allen überprüften Grenzkontrollstellen
erhebliche Abweichungen von EU - Rechtsvorschriften festgestellt, insbesondere in den
Bereichen Hygiene und Personalausstattung. In einem weiteren Bericht über die
Grenzkontrollstellen (1999) halten die EU - Prüfer fest, daß die „zuständige Zentralbehörde in
Österreich behauptete, Inspektionen von Einrichtungen durchgeführt zu haben, obwohl es
keinen Nachweis dafür gab". Die Einrichtungen zur Kontrolle lebender Tiere entsprachen
teilweise nicht den EU - Anforderungen, Ausrüstung und hygienischer Zustand wurden als
mangelhaft bezeichnet.
Die Lebensmittelkontrolle soll ausgeliedert werden und als „Agentur für Ernährungssicherheit
- Österreich“ in Form einer Körperschaft öffentlichen Rechts errichtet werden. Diese soll
unter der Ägide des Landwirtschafts - (!) und Sozialministeriums alle Kompetenzen und
Kontrollaufgaben im Bereich der gesamten Ernährungsproduktion und Qualitätssicherung
bündeln. Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf ist die Besetzung des Aufsichtsrats und
der Geschäftsführung im Verhältnis 1:1 zwischen dem Landwirtschafts - und
Gesundheitsressort vorgesehen. Dies bedeutet nicht nur eine erhebliche Verschiebung der
‚Kontrollmacht‘ in Richtung Landwirtschaftsministerium, sondern auch eine unhaltbare
Verstärkung der politischen Einflußnahme. Die geplante Agentur ist eine ‚leere Schachtel‘
und nicht mehr als eine Pseudomaßnahme,
die an den mangelnden Kontroll - Ressourcen
nichts ändern wird. Kommt die Agentur in der vorgeschlagenen Form, so werden die
Interessen der KonsumentInnen gegenüber der Landwirtschaft klar hintangestellt.
Reduzierte Untersuchungsreihen, keine Kapazitäten für Breitbanduntersuchungen, billige
automatisierte ,,0815 - Untersuchungsreihen“, Ausbleiben von Vorsorge - Untersuchungen,
höhere Gesamtkosten und Informationstransfers der Probenpläne an die zu Kontrollierenden
durch die LandwirtschaftsvertreterInnen sind konkrete Gefahren der geplanten
Ausgliederung.
Bereits 1998 wendete sich der Rechnungshof massiv gegen eine Ausgliederung der
Lebensmittelüberwachung: „Private Untersuchungseinrichtungen sind in der Freiheit der
Auswahl hinsichtlich Methoden, Art und Anzahl der Untersuchungen eingeschränkt, zumal
sie grundsätzlich die fachlichen Überlegungen den ökonomischen Prinzipien
(Gewinnmaximierung) unterzuordnen haben“. Der Rechnungshof warnt vor
Qualitätseinbußen, weil dann möglicherweise notwendige, aber teure Untersuchungen
unterlassen und damit wichtige gesundheitspolitische Aspekte unberücksichtigt bleiben
würden. Einziger Vorteil einer Ausgliederung laut Rechnungshof: eine kurzfristige Entlastung
des Budgets hinsichtlich des Personal - und Sachaufwands.
ANFRAGE:
‚Rechtsbrecher‘ werden systematisch geschützt
1. Wie groß ist die Anzahl der seit 18.1.2001 in Schweinebetrieben durchgeführten
Hausdurchsuchungen in Österreich, aufgeschlüsselt nach Bundesländern, und welche
konkreten Ergebnisse wurden dabei erzielt?
2. Wie viele Schweinezuchtbetriebe wurden seit 18.1.2001 gesperrt (aufgeschlüsselt nach
Bundesländern) und wie viele der gesperrten Betriebe wurden seither wieder
freigegeben?
3. Wie viele Proben von lebenden Tieren (Blut, Harn) aus Schweinezuchtbetrieben wurden
seit 18.1.2001 untersucht, nach welchen konkreten Substanzen wurde dabei untersucht
und wie viele der untersuchten Proben ergaben ein positives Testergebnis
(aufgeschlüsselt nach Bundesländern)?
4. Wie viele Proben geschlachteter Schweine wurden seit 18.1.2001 im Zusammenhang mit
der Schweineaffäre untersucht nach welchen konkreten Substanzen wurde dabei
untersucht und wie viele der untersuchten Proben ergaben ein positives Testergebnis
(aufgeschlüsselt nach Bundesländern)? Welche Verurteilungen erfolgten?
Zwischen einem positiven Hemmstofftest und der anschließenden durchzuführenden
Fleischuntersuchung am geschlachteten Tier vergehen teilweise bis zu zwei Wochen. Durch
die lange Wartezeit zwischen den zwei Tests sind Antibiotika dann nicht mehr nachweisbar.
Der Hemmstofftest ist zudem sehr unspezifisch, sagt nichts über Art und Konzentration der
Substanzen aus und untersucht außerdem
nur auf einen Bruchteil möglicher Substanzen.
5. Halten Sie angesichts dieser Umstände die verfrühte Freigabe von gesperrten
Schweinemastbetrieben, aus denen positive Hemmstofftests vorliegen, für
verantwortbar? Welche Maßnahmen haben Sie getroffen um auch auf Substanzen, die
nicht durch den Hemmstofftest nachweisbar sind, zu testen. Welche Maßnahmen haben
sie getroffen, um die unverantwortbare Zeitspanne von bis zu zwei Wochen zwischen
den Tests zu reduzieren?
6. Wann werden Sie die von Ihnen bereits mehrfach angekündigte Verschärfung des
Lebensmittelrechtes durch entsprechende Gesetzesinitiativen in Angriff nehmen? Welche
gesetzlichen Änderungen planen Sie dazu konkret und wann sollen diese in Kraft treten?
7. Wieviel Kontroll -Personal der betroffenen Bundesanstalten ist seit Anfang des Jahres mit
der Durchführung der BSE - Tests beschäftigt? Welche zusätzlichen Kontrollkapazitäten
sind angesichts der notwendigen Durchführung von bisher ca. 30.000 BSE - Tests in
Österreich geschaffen worden? Falls keine, warum nicht?
8. Wie viele zusätzliche Stichproben haben sie im Zusammenhang mit dem
Schweineskandal seit 18.1.2001 angeordnet (aufgeschlüsselt nach Bundesländern)?
Derzeit sind die Stichprobenpläne in der Fleischbeschau je nach Bundesland von sehr
unterschiedlicher Frequenzdichte. Während in der Steiermark jedes zwanzigste
geschlachtete Schwein auf Antibiotika - Rückstände untersucht wird, wird in Oberösterreich
nur jedes 1000. Schwein, in Niederösterreich überhaupt nur jedes 2000. Schwein untersucht.
9. Halten Sie angesichts dieser Tatsache die aktuellen Stichprobenpläne für
Niederösterreich und Oberösterreich für ausreichend?
10. Wie intensiv erfolgt die Kontrolle der Hühner - und Putenmastbetriebe in den jeweiligen
Bundesländern? Welche Ergebnisse im Hinblick auf illegalen Einsatz von Arzneimitteln
liegen vor, wieviele Verwaltungsstrafen oder Anzeigen erfolgten in den letzten fünf
Jahren? Welche Verurteilungen erfolgten? Wie hoch war das Strafausmaß?
11. Wie häufig werden Geflügelproduktionsbetriebe und Hühnerfarmen auf Salmonellen
kontrolliert (bundesländerspezifische Aufgliederung unter Angabe des Verhältnisses der
Zahl der Betriebe und Anzahl der Kontrollen seit 1995)?
12. Welche Maßnahmen haben Sie anläßlich des Auftretens der Maul - und Klauenseuche in
Großbritannien inbesondere im Hinblick auf die Importe von Schweinen aus Deutschland,
Holland und weiteren Risikoländern nach Österreich getroffen, damit sich diese Seuche
nicht auch in Österreich ausbreitet?
13. Wie viele Lebensmittelproben wurden seit 1998 jährlich auf gentechnisch veränderte
Organismen untersucht? Wie viele Verstöße gegen das Kennzeichnungsrecht wurden
dabei beanstandet? Wie viele Strafen wurden verhängt? Wie hoch war das
Strafausmaß?
14. Welche Maßnahmen haben Sie seit Bekanntwerden der positiven Testergebnisse
betreffend Antibiotika - Rückständen von in Österreich gehandelten Zuchtgarnelen konkret
getroffen? Haben Sie die Untersuchung aller in Frage kommenden Produktgruppen auf
Antibiotika - Rückstände eingeleitet? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wieviele Proben
werden innerhalb welches Zeitraumes untersucht und nach welchen Substanzen werden
die
Proben konkret untersucht?
15. Erwägen Sie angesichts des positiven Nachweises von Antibiotika - Rückständen in am
österreichischen Markt befindlichen Zucht - Garnelen ein Einfuhrverbot für tropische
Zucht - Shrimps? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welchen Kriterien legen Sie einer
Verhängung eines Importverbotes zugrunde?
16. Wie werden die Forellen - und Karpfenmast - Betriebe in Österreich kontrolliert? Können
Sie ausschließen, daß es zu Medikamentenmißbrauch und oder Antibiotikaeinsatz in der
Fütterung kommt? Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen?
17. Wie viele Beschäftigte waren mit Stichtag 28.2.2001 in den einzelnen Bundesanstalten
für Lebensmitteluntersuchung sowie in den Bundesanstalten für Veterinärmedizin
beschäftigt, jeweils aufgeschlüsselt auf die einzelnen Bundesanstalten?
18. Wie hoch ist die Zahl der durch die Lebensmittel - Aufsichtsorgane in Österreich
überprüften Betriebe im Zeitraum 1.1.2000 bis 28.2.2001? In wie vielen Betrieben wurden
dabei Proben gezogen? Wie viele Proben wurden in diesem Zeitraum insgesamt durch
die einzelnen Bundesanstalten untersucht (aufgeschlüsselt nach amtlichen und privaten
Proben)? Wie viele Strafen wurden verhängt?
19. Auf welche Weise soll die Kontrollfunktion der geplanten ‚Agentur für
Ernährungssicherheit‘ glaubhaft ausgeübt werden, wenn Aufsichtsrat und
Geschäftsführung paritätisch zwischen Gesundheitsressort und
Landwirtschaftsministerium besetzt werden? Warum streben Sie als Vertreter der
KonsumentInnen nicht den vollen Umfang der Kontrollaufgaben an?
20. Wie groß sind die erwarteten Kosteneinsparungseffekte durch die Einrichtung der
‚Agentur für Ernährungssicherheit‘? Welche Personaleinsparungen sind geplant?
In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf
§ 93 Abs 2 GOG verlangt.