2210/J XXI.GP

Eingelangt am: 27.03.2001

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Telekom Austria

 

 

 

Die Bewertung von Firmen umfasst verschiedenste Aspekte, darunter auch die

Kosten der technischen Infrastruktur. Die Telekom Austria beauftragte für den

Ausbau des digitalen Netzes und die Einführung von ISDN vorrangig die Firmen

Siemens und Alcatel, deren gemeinsame Tochter, AOSA Telekom GmbH, die

Telekom belieferte. Die Kosten der technischen Infrastruktur sollen bei der Telekom

um ein Vierfaches über dem Weltmarktpreis liegen, da Alcatel und Siemens keiner

Konkurrenz ausgesetzt waren und zu überhöhten Preisen lieferten. Darüber hinaus

entwickelte sich eine Abhängigkeit von Systemen und Technologien der Lieferanten,

die wiederum zu einem erheblichen Kostenfaktor wurde. Die enge Kooperation

zwischen Telekom und AOSA zeigte sich auch in der Tatsache, dass der frühere

Manager der AOSA, Mag. Rudolf Fischer, zum Vorstand der Telekom zählt und für

die technische Infrastruktur verantwortlich ist. Laut Bericht des Wirtschaftsblatts vom

23.3.2001 wies Fischer darauf hin, dass sich erst jetzt „die TA von ihrer früheren

Einkaufspolitik endgültig verabschiedet hat und bereits letztes Jahr damit begonnen

hat, Lieferantenpreise intensiv zu verhandeln", was im letzten Jahr zu Einsparungen

in Milliardenhöhe führte. Unter dem fehlenden Wettbewerb in früheren Jahren litt

somit die Kostenstruktur der Telekom Austria erheblich, sodass die Bewertung durch

internationale Anleger entsprechend negativ ausfiel. Angesichts dieser

Kostenstruktur bedeutete der Börsegang ein erhebliches Risiko.

 

Nachdem sich der Börsegang der Telekom Austria immer deutlicher als

volkswirtschaftliche Fehlentscheidung ersten Ranges erweist, erheben sich weitere

Fragen im Hinblick auf Vorbereitung, Zeitpunkt und Auswirkungen dieser

Entscheidung, die letztlich der derzeitigen Mehrheitseigentümerin, der Republik

Österreich, erhebliche finanzielle Nachteile bringen können und der italienischen

Miteigentümerin gewisse Vorteile einräumen.

 

Dabei spielen die Fragen des Managements eine nicht unbedeutende Rolle. Laut

Aussagen des ehemaligen Verkehrsministers Caspar Einem (trend 1/2001) wurde

mit der Partnersuche für die Mobilkom, die zu Gunsten der italienischen STET Mobil

Holding N.V. ausging, die Privatisierung bereits von der falschen Seite begonnen, da

damit der Verkauf der Mutter präjudiziert wurde. Dieser Entscheidung ging allerdings

bereits die grundsätzliche im nachhinein als fehlerhaft zu qualifizierende -

Weichenstellung voraus, die Mobilkom nicht als Schwestergesellschaft, sondern als

Tochtergesellschaft der Telekom Austria zu gründen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Wie hoch liegen die Systemkosten pro Teilnehmer bei der Telekom im

    internationalen Vergleich?

 

2. Kam es zu regelmäßigen Ausschreibungen bei der Erweiterung der technischen

    Infrastruktur? Wer waren die Bestbieter?

 

3. Wenn nicht, warum nicht?

 

4. Wie beurteilen Sie die von verschiedenen Stellen behaupteten fehlenden

    Ausschreibungen der Telekom für die technische Infrastruktur?

 

5. Aus welchen Gründen wurde in erster Linie auf Angebote von Siemens, Alcatel

    bzw. AOSA zurückgegriffen?

 

6. Schließt man von den Ersparnissen durch Verhandlungen mit den Lieferanten

    aus dem Jahr 2000 (1 Mrd ATS) auf die Jahre vorher zurück, so entstanden dem

    Unternehmen in den vergangenen Jahren auf Grund fehlender Ausschreibungen

    wirtschaftliche Nachteile im Milliardenhöhe, die letztlich die Eigentümerin und die

    KundInnen erheblich schädigten. Wie hoch wird Ihrerseits der Schaden beziffert,

    den letztlich Ihre Vorgänger zu verantworten haben?

 

7. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass ein ehemaliger Manager der Zulieferfirma

    AOSA nun im Vorstand der Telekom für die technische Infrastruktur

    verantwortlich ist?

 

8. Aus welchen Gründen wurde die Mobilkom zur Tochter und nicht zur Schwester

    der Telekom - Austria erklärt?

 

9. Wer zeichnet für diese Entscheidung hauptverantwortlich?

 

10. Welche Rolle spielte dabei der damalige Finanzvorstand der PTA, Dr. Johannes

      Ditz?

 

11. Welchen Einfluss übte dabei der Eigentümervertreter, das Finanzministerium

      aus?

 

12. Wie beurteilen Sie den Syndikatsvertrag mit der Telekom Italia vom Oktober

      1998, wonach die italienische Partnerin 25 plus eine Aktie erhält und ihr

      weitreichende Mitspracherechte eingeräumt werden?

 

13. Wie beurteilen Sie die Verhandlungsführung von Dr. Johannes Ditz?

14. Wie beurteilen Sie die den italienischen Partnern zugestandenen

      Entschädigungsleistungen, die für den Fall eines schlechten Börsekurses

      vorgesehen wurden? Verhielten sich die Eigentümervertreter in diesem Fall

      korrekt?

 

15.Aus welchen Gründen verhinderten Sie den in Fachkreisen als verfrüht

     angesehenen Börsengang der Telekom Austria nicht? Warum ließen Sie dem

     Vorstand und Aufsichtsrat der ÖIAG in dieser heiklen Frage freie Hand?

 

16.Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass durch den zeitlich äußerst ungünstigen

     Börsegang der Telekom Austria, der Republik Einnahmen in Höhe von bis zu 50

     Milliarden ATS, das ist in etwa der Umfang der Steuererhöhungen der letzten

     zwei Jahre, entgingen?

 

17.Teilen Sie die Meinung gut informierter Kreise, die berichten, dass der

     Privatisierungsdruck nicht durch die Regierung, sondern durch die „Eitelkeit der

     ÖIAG - Aufsichtsräte“ entstand, „die eine Verschiebung als Gesichtsverlust

     empfanden“ (trend 1/2001, S.47)?

 

18. Welche Konsequenzen denken Sie daraus zu ziehen?

 

19. Warum zogen Sie bis jetzt die Verantwortlichen nicht für die Fehlentscheidungen

      zur Verantwortung, sondern lasten die Folgen den SteuerzahlerInnen auf?

 

20. Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung im Hinblick auf eine auf Grund der

      niedrigen Kurse drohende Übernahme der Telekom Austria durch die Telekom

      Italia?