2294/J XXI.GP

Eingelangt am: 04-01-2001

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Börsengang der Telekom Austria

 

Der Börsengang der Telekom Austria muss als „Mega - Flop“ für die schwarz - blaue

Bundesregierung und die neue ÖIAG - Führung bezeichnet werden.

 

Trotz schwerwiegender Bedenken von Analysten, Kommentatoren und der

innenpolitischen Opposition wurde die Telekom Austria unter massivem P.R. -

Einsatz an die Börse getrieben. Selbst innerhalb von Telekom und ÖIAG soll es

angesichts der Rahmenbedingungen für New Economy und Telekom - Werte noch

kurz vor dem Börsengang Überlegungen gegeben haben, den Börsengang zu

verschieben.

 

Die Telekom Austria Aktie stieß zwar bei inländischen Privatanlegern auf Interesse,

die institutionellen Investoren hielten sich aber zurück. Internationale Käufer waren

im Vorfeld nur mit extremen Rabatten anzuziehen (Die Presse vom 21.11.2000).

Trotz des ungünstigen internationalen Umfeldes und der mangelhaften Nachfrage

der internationalen Fondsmanager, ohne die ein solcher Börsengang nicht

durchgeführt werden kann, wurde die Emission durchgezogen.

 

Noch im September 2000 war von einer Börsen - Placierung im Volumen von rund 25

Milliarden und von einem Stückpreis von 10 bis 20 Euro die Rede gewesen. Der

Preis der Telekom - Akte wurde am 20.11.2000 mit neun Euro allerdings am unteren

Ende des Preisbandes von neun bis zwölf Euro festgesetzt. Gleichzeitig wurde das

Volumen der Emission gekürzt. Die Presse bezeichnete dies in einem Kommentar

als das Anbieten von „Familiensilber zum Schrottpreis“ (Die Presse vom

21.11.2000).

 

Der Börsengang der Telekom Austria hat sich als gigantische volkswirtschaftliche

Pleite erwiesen. Die Einnahmenziele konnten bei weitem nicht erreicht werden, der

erhoffte Aufschwung der vor sich hin darbenden Wiener Börse wurde nicht erreicht

(eher im Gegenteil), die Bundesregierung hat unter dem Motto „das Tempo ist

wichtiger als das Timing“ einmal mehr ihre wirtschaftspolitische Inkompetenz unter

Beweis gestellt.

 

Außerdem gibt es Anzeichen dafür, dass im Vorfeld der Emission gewisse

Anlegergruppen unverhältnismäßige Begünstigungen erhalten haben. Den Grünen

wurde von Finanzexperten zugetragen, dass vom ÖIAG - Vorstand in einer

Rettungsaktion für den Börsengang institutionellen Anlegern in den Tagen vor der

Emission Rabatte zugesprochen wurden, die weit über die Rabatte für

Kleinanlegerinnen (5% Abschlag auf den Emissionskurs und eine Treueprämie in

Form von 1 Gratisaktie pro 10 gehaltene Aktien nach 18 Monaten) hinausgehen.

Diese Rabatte sind nicht im Börsenprospekt ausgewiesen und waren darüber hinaus

offensichtlich nicht an eine Behaltefrist gebunden. Das würde nicht nur eine

beträchtliche Benachteiligung der KleinanlegerInnen bedeuten, sondern - ein

normales ökonomisches Kalkül vorausgesetzt - diese Käufer geradezu animieren,

ihre Aktien solange zum Verkauf anzubieten, wie sie aus der Differenz zum Kurs

noch einen Gewinn lukrieren können.

Sollten ÖIAG bzw. Telekom tatsächlich derartige Rabatte gewährt haben, so wäre

dieses Verhalten geradezu ursächlich verantwortlich für den Kurssturz der Telekom -

Aktie.

In den beiden ersten Jagen an der Börse hat die Telekom-Aktie elf Prozent ihres

Wertes verloren. Dieser Kurssturz rührte vor allem von massiven Verkäufen von

institutionellen Großanlegern her, die Blocks von 100.000 bis 200.000 Stück auf

einmal verkauften, eine Größenordnung, die nur Fonds und nicht Privatanleger

erreichen können (Der Standard, 24.11.2000). Laut „profil“ vom 27.11.2000 handelte

es sich bei diesen institutionellen Großanlegern vor allem um österreichische

Banken und kleinere einheimische Institute, die schon in den ersten Stunden nach

Börsenöffnung ihre Aktien wieder verkauften und damit den Kurs nach unten trieben.

(Versteckte) Rabatte vorausgesetzt, hätten diese Verkäufe noch immer ein

Körberlgeld eingebracht.

 

Sollte dies der Fall sein, so wäre das nicht nur eine Verletzung des Börsengesetzes,

das aus Gründen des Anlegerschutzes vollständige Transparenz über die

Bedingungen der Emission vorschreibt, sondern würde zu einem noch größerem

Imageschaden für den Börsenplatz Wien und für die Telekom führen.

 

Die Telekom Austria ist aber auch nach dem Börsenflop nicht zur Ruhe gekommen.

 

- die Aktienkurse sind zeitweise um über ein Drittel ihres Ausgabepreises

eingebrochen

 

- die im Jänner 2001 erfolgte Gewinnwarnung der TA, die im eklatanten

Widerspruch zum propagierten Optimismus vor dem Börsengang und den

genannten Prognosen im Börsenprospekt steht, hat zur Verstärkung der

Verunsicherung bei Anlegern und Belegschaft geführt und mittlerweile auch die

Börsenaufsicht auf den Plan gerufen;

 

- die Machtkämpfe zwischen den Spitzenmanagern der Telekom Austria (ein

Telekom - Manager zu „Format“. „Es ist ein Wahnsinn, was sich da abspielt“) zeigen

nicht zuletzt, dass der Aufsichtsrat der TA bzw. die ÖIAG als Mehrheitseigentümer

keine klare Unternehmensstrategie haben;

 

- nicht zuletzt ist die Belegschaft der TA durch die massiven Personalabbaupläne

und die brutalen Kündigungsstrategien, über die das Vertrauen der Anleger wieder

hergestellt werden soll, extrem verunsichert und demotiviert.

 

Der Börsengang der Telekom Austria wurde von der Bundesregierung als

imageträchtiges Prestigeprojekt („Volksaktie“) vorbereitet und massiv gepusht.

Selbst das schlechte Ergebnis der Versteigerung der UMTS - Lizenzen wurde von

ÖIAG und Bundesregierung als Rückenwind für ein optimales Verkaufsresultat der

Telekom - Aktie interpretiert.

Die ÖIAG als Verkäufer ist „verantwortlich für das schlechte Timing, nämlich den

Börsengang just in einer schwachen Marktphase mit der Brechstange zu erzwingen“

(Die Presse, 21.11.2000). ÖIAG - Vorstand Johannes Ditz hat den Börsengang

offensichtlich als sein persönliches Erfolgsprojekt betrieben und ist damit völlig

gescheitert. Die Konsequenzen müssen derzeit die Beschäftigten und die

Kleinanlegerlnnen ausbaden.

 

Die Grünen erhoffen sich, mit dieser Anfrage Klarheit über die Vorgänge im Umfeld

des Börsenganges der Telekom Austria zu erlangen.

 

Soweit die Anfrage das Verhalten von Organen der ÖIAG bzw. des emittierenden

Bankenkonsortiums zum Gegenstand hat, ersuchen die Anfragesteller eine

Stellungnahme dieser Organe einzuholen bzw. den Wissensstand Ihres Ressorts

zur jeweiligen Frage wiederzugeben.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1. Was waren die Rabatte und die Voraussetzungen für Rabatte für die

    Bediensteten der Telekom Austria?

 

2. Wie hoch waren die Rabatte für Kleinanlegerlnnen und was waren die sonstigen

    Bedingungen?

 

3. Wie hoch waren die Rabatte für das emittierende Bankenkonsortium und was

    waren die sonstigen Bedingungen?

 

4. Ist es richtig, dass statt der ursprünglich geplanten 161 Millionen nur rund 128

    Millionen Aktien dem Börsengang zugeteilt wurden?

 

5. Zum Kauf von wieviel Aktien und zu welchen Bedingungen haben sich die

    einzelnen österreichischen Konsortialbanken im Vorfeld des Börsenganges der

    Telekom Austria verpflichtet?

 

6. Zu welchen Konditionen haben die Konsortialbanken ihre Aktien erhalten?

 

7. Wie hoch waren die in der „Presse“ und im „Standard“ angesprochenen „Groß -

    und Sonder - Rabatte“ für institutionelle Investoren?

 

8. Gab es Groß - und Sonder - Rabatte für institutionelle Investoren im Ausland, bes.

     für den Börsengang in New York? Wenn ja, mit welchen Konditionen?

 

9. Hat es von Seiten der ÖIAG bzw. Telekom oder des emittierenden

    Bankenkonsortiums kurz vor dem Börsengang noch Versuche gegeben,

      Großanleger und Banken mit Rabatten zum Zeichnen von Aktien zu bringen und

      mit welchen Bedingungen waren diese Rabatte verbunden?

 

10. Hätte nicht die Gewährung dieser Rabatte und deren Bedingungen gegenüber

      allen Anlegern offengelegt werden müssen?

 

11. War die Gewährung von Rabatten für Großanleger an Behaltefristen gebunden?

      Wenn ja, in welchem Ausmaß?

      a) Gab es unterschiedliche Vereinbarungen bei der Gewährung von Rabatten

           und deren Behaltefristen? Wenn ja, wo und in welchem Ausmaß?

      b) Wenn es diese Bindung an Behaltefristen bei der Gewährung von Rabatten

           nicht gegeben hat, wie beurteilen Sie dies unter dem Blickwinkel auf die

           Verkäufe am ersten Emissionsstag und den darauf folgenden Kurssturz?

 

12. Bedeutet die Gewährung von nicht im Börsenprospekt ausgewiesenen

      Sonderrabatten für österreichische institutionelle Anleger eine

      a) Verletzung österreichischer Rechtsvorschriften

      b) Benachteiligung von Anlegerinnen, die über die New Yorker Börse Aktien

           kauften?

 

13. Hat es innerhalb der ÖIAG bzw. der Telekom oder innerhalb des emittierenden

      Bankenkonsortiums Überlegungen gegeben, die Emission abzusagen? Wenn ja,

      mit welcher Begründung wurde der „Mega - Flop“ (News) dennoch durchgezogen?

 

14. Haben Sie oder Bedienstete Ihres Ressorts von derartigen Überlegungen

      erfahren und wie war Ihre bzw. deren Reaktion?

 

15. Wie beurteilen Sie die Gewährung von Rabatten bei Emissionen, wobei über die

      Gewährung dieser Rabatte keine Transparenz hergestellt wird, unter dem

      Gesichtspunkt der Stärkung des Vertrauens in den Börsenplatz Wien?

 

16. Wie hoch war der Anteil der ÖIAG an der Telekom Austria vor dem Börsengang?

 

17. Wie hoch ist der Anteil, den die ÖIAG an der Telekom Austria derzeit hält bzw.

      nach Erfüllung aller Rechtsgeschäfte, die mit der Emission in Zusammenhang

      stehen, halten wird?

 

18. Welche zusätzlichen Kosten (in Form von Gratisaktien oder sonstigen

      finanziellen Verpflichtungen) entstanden durch den Börsengang gegenüber der

      Telecom ltalia?

 

19. Wurden im Zuge der Emission noch weitere Gratis - oder verbilligte Aktien

      abgegeben? Wenn ja, an wen und zu welchen Konditionen?

 

20. Wie hoch war der Bruttoerlös des Börsengang es?

 

21. Wie hoch waren die Kosten des Börsenganges insgesamt (bitte aufgliedern)?

 

22. Welche Leistungen zu welchen Preisen erhielt die emittierende Bank?

23. Sind auch Rabatte in den Kosten des Börsenganges enthalten?

 

24. Wieviel hat die Telekom Austria bzw. die ÖIAG in den Börsengang investiert?

 

25. Wer hat die Kosten für die Bewerbung des Börsengangs getragen?

 

26. Wieviel hat der Börsengang der Telekom Austria schlussendlich finanziell

      eingebracht, unter Berücksichtigung sämtlicher Rabatte, sonstiger Kosten und

      des Anteils der Telecom Italia?

 

27. Waren die EigentümervertreterInnen bei der Bestimmung der Rabatte involviert?

 

28. Wie beurteilen Sie die im Januar 2001 erfolgte Gewinnwarnung vor dem

      Hintergrund der im Börsenprospekt publizierten optimistischen

      Gewinnprognosen?

 

29. Waren die Gremien der ÖIAG (Vorstand und Aufsichtsrat) schon vor dem

      Börsengang der Telekom über die ungünstige Geschäftsentwicklung der

      Telekom informiert?

 

30. War der ÖIAG - Vorstand und Vorsitzende des Aufsichtsrats der Telekom,

      Johannes Ditz, schon vor dem Börsengang über die ungünstige

      Geschäftsentwicklung informiert? Wenn nein, warum nicht?

 

31. Welche Konsequenzen erfolgen aus einer absichtlich unrichtigen Darstellung

      von Geschäftszahlen in einem Börsenprospekt?

 

32. Welche Ergebnisse liegen aus der Überprüfung durch die Börsenaufsicht vor?

 

33. Welche Stellungnahme hat Telekom Generaldirektor Heinz Sundt Ihnen bzw.

      gegenüber dem Telekom - Aufsichtsrat bzw. gegenüber der ÖIAG zum

      Börsengang der Telekom Austria vertreten?

 

34. Welche Stellungnahme hat ÖIAG Vorstand und Telekom

      Aufsichtsratsvorsitzender Johannes Ditz Ihnen bzw. gegenüber dem ÖIAG -

      Aufsichtsrat zum Börsengang der Telekom Austria vertreten?

 

35. Die Neustrukturierung der Telekom Austria ist teilweise in einem Sozialplan

      geregelt. Wenn der Arbeitsplatz von Beamten innerhalb der Auffanggesellschaft

      TAP (Telekom Austria Personalmanagement) aufgelassen wird und sich daraus

      eine Versetzung oder Verwendungsänderung oder keine Zuweisung einer neuen

      Verwendung ergibt, so ist dies mit Bescheid zu verfügen.

 

     a) Wieviele Bescheide betr. Versetzung wurden bislang (Stichtag) verfügt?

     b) Wieviele Bescheide wegen Verwendungsänderung wurden bislang verfügt?

     c) Wieviele Bescheide ohne Zuweisung einer neuen Verwendung wurden bislang

         verfügt?

     d) Wieviele Beamte der Telekom bzw. IAP werden derzeit (Stichtag) außerhalb

        der Telekom und somit für Dritte eingesetzt?

e) In welche Betriebe (bitte aufschlüsseln) wurden wieviele Beamte der Telekom

bzw. TAP bisher verliehen und zu welchen Konditionen?

f) Wieviele Beamte aus dem Telekom - Bereich sind aus welchen Gründen in den

Jahren 1998, 1999, 2000 bzw. im laufenden Jahr aus dem Beamtenstatus

ausgeschieden?