233/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Ollinger, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit & Soziales

 

betreffend Vorstrafennachweis von Bewerberinnen für Beihilfen im Rahmen der

Eingliederungsbeihilfe, der Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen und der

Förderung von gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten

 

Aus einem Briefwechsel zwischen dem Amt der Kärntner Landesregierung und dem

AMS Kärnten wurde uns bekannt, dass in Zukunft Bewerberinnen für Beihilfen im

Rahmen der EB (Eingliederungsbeihilfe), der KBE (Förderung von Kinder -

betreuungseinrichtungen) und der GBP (Förderung von gemeinnützigen

Beschäftigungsprojekten) dazu angehalten werden sollen zu bestätigen, daß die zu

fördernden Personen keine einschlägigen Vorstrafen wegen Kindesmißbrauches oder

ähnlichen Straftaten aufweisen.

 

Der Wunsch zu dieser Überprüfung wurde vom Büro des Landeshauptmannes Haider

(Fr. Mag Berger) an das AMS herangetragen. Dieses sieht zwar Schwierigkeiten, weil

eine Überprüfung von Kunden im Hinblick auf deren Strafregister nicht vorgesehen ist

bzw. eine Mehrbelastung der MitarbeiterInnen bedeuten würde. Das AMS zeigte sich

allerdings gegenüber dem Landeshauptmann Haider sehr hilfsbereit und entwickelte

einen Vorschlag, durch den ebenfalls eine Überprüfung der Kunden im Hinblick auf

einschlägige Vorstrafen möglich wird: „Wir hoffen, daß dieser Vorschlag von Ihnen

goutiert werden.“

Der ungustiöse Vorschlag beinhaltet:

Die AMS Mitarbeiterinnen übergeben allen Bewerberinnen ein von der Landes -

regierung erstelltes Erhebungsformular, welches von den Beihilfenwerberinnen zur

weiteren Prüfung an die Kärntner Landeregierung retourniert werden muß.

Dieses Formular ist offensichtlich schon in Gebrauch, denn von Förderungs -

werberInnen bzw. deren Beschäftigerbetrieben wird vom Amt der Kärntner

Landesregierung seither verlangt, „zu bestätigen, daß die zu fördernde Person keine

einschlägigen Vorstrafen wegen Kindesmißbrauches o.ä. Straftaten aufweist“.

 

Die Maßnahme des Kärntner Landeshauptmannes ist keineswegs geeignet, den

Kindesmißbrauch einzudämmen, denn der findet maßgeblich nicht in Kinderbe -

treuungseinrichtungen oder gemeinnützigen Projekten zur Wiedereingliederung von

Randgruppen statt, sondern im familiären Umfeld. Wenn gemeinnützige

Kinderbetreuungseinrichtungen eine Bestätigung über einschlägige Vorstrafen ablegen

sollen, dann stellt sich die Frage, warum Sportvereine, Musikvereine, Trachtengruppen,

Jugendgruppen und andere Einrichtungen, in denen es zu einer Begegnung von

Kindern und Jugendlichen mit Erwachsenen kommt, eine derartige Bestätigung nicht

erbringen müssen. Warum nicht auch Schulen, kirchliche Einrichtungen, private und

staatliche Betriebe und Behörden, in denen Jugendliche auch tätig sind?

 

Weil der Kärntner Landeshauptmann offensichtlich nur davon ablenken will, daß die

Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen durch die Kärntner Landesregierung

gegen heftigen Protest der Einrichtungen bereits gekürzt wurde. Weil der Kärntner

Landeshauptmann mutwillig einen Konnex zwischen gemeinnützigen Kinder -

betreuungseinrichtungen und Kindesmißbrauch herstellen will. Weil der Kärntner

Landeshauptmann offensichtlich seinem Kinderscheck dadurch Zuspruch verschaffen

will, daß die außerhäusliche Kinderbetreuung schlecht bzw. finanziell unmöglich

gemacht wird.

Weil der Kärntner Landeshauptmann die Resozialisierung von straffällig gewordenen

Menschen in sozialökonomischen Betrieben und Projekten, die überhaupt nichts mit

Kinderbetreuung zu tun haben, ebenfalls erschweren bzw. verunmöglichen will.

Die Maßnahme des Kärntner Landeshauptmannes stellt einen gravierenden Eingriff in

grundlegende BürgerInnenrechte und in unser Straf - und Resozialisierungssystem dar.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.   Sind ihnen diese Vorgänge bekannt?

 

2.   Ist Kärnten hier im Alleingang vorgegangen, oder erfolgte eine Absprache mit

      Bundesdienststellen oder anderen Bundesländern?

 

3.   Ist die von Landesgeschäftsführer Mag. Josef Sibitz in diesem Zusammenhang

      gewählte Vorgangsweise korrekt und in Einklang mit allen gültigen gesetzlichen

      Bestimmungen?

 

4.   Halten Sie es für zulässig, daß BeihilfenwerberInnen ein in Bezug auf die Straftaten

      eingeschränktes und unbestimmtes, in Bezug auf die Tilgungsfristen unbefristetes

      Leumundszeugnis vorweisen müssen?

 

5.   Da in der Formulierung verjährte Strafen nicht ausgenommen werden, stellt sich die

      Frage, wie eine solche Bestätigung überhaupt erbracht werden könnte, und ob

      alleine die Aufforderung dazu nicht ungesetzlich ist; wie sehen Sie diesen Umstand?

6. Welche Konsequenzen hätte die Zulassung eines solchen Nachweises auf andere

Berufsgruppen, welche mit "Kindern und Frauen“ zu tun haben, und sind diese

Konsequenzen tatsächlich Welche Konsequenzen hätte die Zulassung eines solchen

Nachweises auf andere Berufsgruppen, welche mit "Kindern und Frauen“ zu tun haben,

und sind diese Konsequenzen tatsächlich

a) arbeitsmarktpolitisch

b) sozialpolitisch

c) gesellschaffspolitisch erwünscht?

 

7.   Welche Maßnahmen werden Sie als Aufsichtsbehörde in diesem Zusammenhang

       setzen?

 

8.   Welche Berechtigung hat die Kärntner Landesregierung, bei einer

      arbeitsmarktpolitischen Förderung durch das AMS, einen Nachweis über

     „einschlägige Vorstrafen wegen Kindesmißbrauches o. ä.“ zu verlangen?

 

9.   Ist Ihnen bzw. dem AMS Kärnten bekannt, welche Vorstrafen unter „o. ä.“ zu

      verstehen sind?

 

10. Welche Konsequenzen hat die Verweigerung einer derartigen, vermutlich

      ungesetzlichen Bestätigung durch den Beschäftigerbetrieb für die Förderung des

      Kunden durch das AMS?

 

11. Halten Sie es für denkbar, daß die Maßnahme des Kärntner Landeshauptmannes

      Haider dazu führt, daß das Land Kärnten seine Förderung für gemeinnützige

      Kinderbetreuungseinrichtungen einstellt, wenn diese Einrichtungen die Auskunft aus

      grundrechtlichen Überlegungen verweigern?

 

12. Halten sie es für denkbar, daß Herr Haider diese Maßnahme verfolgt, um durch das

      finanzielle Aushungern der gemeinnützigen Kinderbetreuungsprojekte den

      Kinderbetreuungsscheck zu einer Perspektive zu machen, bei der es keine

      Wahlfreiheit mehr gibt?