2347/J XXI.GP

Eingelangt am: 19.04.2001

 

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Jarolim , Doris Bures,

und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend eine schwer nachvollziehbare Personalentscheidung des Justizministers beim

Landesgericht Innsbruck

 

 

Das Vertrauen der Bevölkerung in eine funktionierende Justiz ist von großer Bedeutung für

unser nach demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien organisiertes Gemeinwesen. Dazu

gehört unter anderem auch, dass die Bevölkerung Vertrauen darin hat, dass die Richterposten

auf Basis der gesetzlichen Bestimmungen und nach sachlichen Kriterien besetzt werden.

Nach Artikel 86 B - VG werden die Richter ,,gemäß dem Antrag der Bundesregierung vom

Bundespräsidenten oder aufgrund seiner Ermächtigung vom zuständigen Bundesminister

ernannt; die Bundesregierung oder der Bundesminister hat Besetzungsvorschläge der durch

die Gerichtsverfassung hiezu berufenen Senate einzuholen.“

 

Die Besetzungsvorschläge sind nicht bindend, wobei man allerdings im Interesse des

Vertrauens der Bevölkerung in die Gerichtsbarkeit wohl davon ausgehen wird können, dass

ein Abgehen von einem Besetzungsvorschlag durch den Bundesminister für Justiz nur dann

erfolgt, wenn triftige sachliche Gründe dafür vorliegen.

 

In der Tiroler Tageszeitung vom 14., 15., 16. April 2001 (siehe Beilage) wird darüber

berichtet, dass die Tiroler Richtervereinigung Justizminister Böhmdorfer aufgrund einer

Personalentscheidung betreffend das Landesgericht Innsbruck kritisierte.

 

Demnach seien derzeit der Präsident und der Erste Vizepräsident des Landesgerichtes

Innsbruck mit ZivilrichterInnen besetzt, während die Stelle des Zweiten Vizepräsidenten

derzeit ein Strafrichter innehat, der nunmehr in Pension geht und über dessen Nachfolge

entschieden werden soll.

 

Wie man aus dem genannten Artikel schließen kann, haben die zuständigen Personalsenate

des Oberlandesgerichtes und des Obersten Gerichtshofes zwei gleichlautende

Dreiervorschläge erstellt, wobei der Erst -  und Zweitgereihte Strafrichter sind und erst der

Drittgereihte ein Zivilrichter.

 

Der Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer - so der genannte Pressebericht -

„setzte den Zivilrichter an die erste Stelle.“

 

Die Tiroler Richtervereinigung war über diese Entscheidung sehr verärgert und kann sie

offenbar schwer nachvollziehen. Deren Obmann Georg Menardi laut TT: „Die Strafrichter

haben wenig Verständnis, dass sie im Präsidium nicht mehr vertreten sein sollen. Das hat in

Tirol auch Tradition. Ausserdem stellt sich die Frage, welche Wertigkeit Personalvorschläge

des OLG und OGH überhaupt haben.“

 

Für die unterzeichneten Abgeordneten ist - die inhaltliche Richtigkeit des genannten Artikels

vorausgesetzt - im Sinn des bisher Dargelegten die Entscheidung des Bundesministers für

Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer schwer nachvollziehbar und sie stellen daher nachstehende

 

Anfrage:

 

1. Welche Gründe waren bei der Entscheidung über die Nachbesetzung des Zweiten

     Vizepräsidenten des Landesgerichtes Innsbruck für Sie ausschlaggebend, dass Sie

     nicht - wie es bisher in den meisten Fällen durch die zuständigen Justizminister

     geübte Praxis war - den gleichlautenden Vorschlägen der Personalsenate des

     Oberlandesgerichtes bzw. des Obersten Gerichtshofes gefolgt sind?

 

2. Nach welchen Kriterien scheint Ihnen ein Abgehen von Vorschlägen von

    Personalsenaten bei Besetzungen von Richterposten durch den Bundesminister für

    Justiz angebracht zu sein?

 

3. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass im Präsidium des Landesgerichtes Innsbruck

     nunmehr neben drei Zivilrichtern kein Strafrichter mehr vertreten sein soll?

 

4. Wie beurteilen Sie die Kritik der Tiroler Richtervereinigung an Ihrer Entscheidung

     im gegenständlichen Fall?

 

5. Sind Sie der Auffassung, dass durch die von Ihnen getroffene Vorgangsweise bei der

     Entscheidung das Vertrauen der Bevölkerung in die Gerichtsbarkeit geschwächt

     wird?

6. Teilen Sie die Auffassung, dass ein Abgehen von den Vorschlägen der

    Personalsenate bei der Besetzung von Richterposten durch den Bundesminister für

    Justiz nur dann erfolgen sollte, wenn triftige sachliche Gründe dafür vorliegen?