2364/J XXI.GP
Eingelangt am: 26.04.2001
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Heinz Gradwohl
und Genossen
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend „Unabhängige Kontrolle von Bioprodukten und Gütesiegeln"
Immer mehr Produkte aus biologischem Landbau bzw. mit Gütesiegeln etc. findet
man im Lebensmittelsortiment in großen Handelsketten. Häufig wird dabei von
diesen auf eine eigenes Kontrollsystem für diese Bioprodukte bzw. auf eigene
Gütesiegel hingewiesen. Neben der Kontrolle für das Produkt (z.B. AMA) wird häufig
auch eine Prozesskontrolle angegeben und beworben. Dieser Wildwuchs an
Gütesiegeln und Biobezeichnungen ist für KonsumentInnen nicht mehr transparent
und zur Irreführung mehr als geeignet.
Besonders im Zeichen der momentanen Krise am Fleischmarkt wird nun verstärkt
von der Zurückgewinnung des Vertrauens der Konsumentinnen durch verstärkte
Kontrolle sowie sichere Gütesiegel etc. gesprochen.
Demgegenüber stehen nun Aussagen von Vertretern der AMA und des
Ernteverbandes, dass es zur Zeit in der Praxis ganz anders abläuft. „Die Hälfte der
Kontrollzeugnisse funktioniert nicht“ lautet die Aussage vom Vorstand des Verbandes
Ernte für das Leben (Lebensmittelenquete im Parlament). Ohne zusätzliche Systeme
sei eine sichere Kontrolle der Kennzeichnung nicht möglich und 50 % der
Kontrollzeugnisse seien untauglich.
Zu befürchten ist daher weiterhin, dass ohne die Schaffung eines unabhängigen
Sicherheitssystem für Bioprodukte und Gütesiegel es nur bei der guten Absicht bleibt
und das bestehende System an der Realität vorbei geht. Das alles muss auch im
Europäischen Kontext gesehen werden (unterschiedliche Kontrollstandards in den
einzelnen Mitgliedsstaaten). Die AMA hat in der Zwischenzeit ihre Richtlinien und
Kontrollen verschärft, so dürfen beispielsweise Betreuungstierärzte keine Kontrolle
am Bauerhof mehr vollziehen.
Private (akkreditierte) Kontrollstellen - auch wenn sie amtlich zugelassen sind -
können leicht auf Grund der Nähe (Kosten etc.) zum jeweiligen Auftraggeber oft nicht
wirklich unabhängig agieren, da der Umfang der Prüfung und Kontrolle ist vom
Auftraggeber abhängig ist (Ausschreibung).
Besonders gilt dies für den Bereich der biologischen Landwirtschaft, deren Ruf noch
nicht beschädigt ist. Deshalb ist es für diese Produkte besonders wichtig, dass die
Kontrollen umfassend wie möglich sowie transparent und unabhängig durchgeführt
werden.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für soziale
Sicherheit und Generationen nachstehende Anfrage:
1. Halten Sie das momentane Kontrollsystem für Bioprodukte und der diversen
Gütesiegel etc. für Lebensmittel tierischer wie pflanzlicher Herkunft aus der
österreichischen
Landwirtschaft für ausreichend?
2. Sind Änderungen in diesem Kontrollsystem von Ihrer Seite geplant und wie sehen
diese konkret aus?
3. Wie viele und welche private Kontrollstellen sind in Österreich für die Überprüfung
von Bioprodukten und der diversen Gütesiegel für Lebensmittel in Österreich
amtlich durch den jeweiligen Landeshauptmann zugelassen (akkreditiert)?
4. Wer ist für die Kontrolle dieser akkreditierten Stellen verantwortlich bzw. führt
diese aus?
5. Wie viele dieser Kontrollen wurden bei wie vielen akkreditierten Stellen 1998,
1999 und 2000 durchgeführt (Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?
6. Welches Ergebnis erbrachten diese Kontrollen?
7. Wissen Sie wie viele und welche Handelsunternehmen im Lebensmittelbereich
eine eigene Kontrollschiene für ihre Bioprodukte bzw. Gütesiegel besitzen
(Angabe der Namen)?
8. Sind Ihnen die Qualitätskriterien dieser Kontrollen im Einzelnen bekannt? Wenn
ja, halten Sie diese für ausreichend?
Wenn nein, weshalb nicht?
9. Bei welchen Handelsunternehmen werden diese Kontrollen durch eigene
Mitarbeiter durchgeführt und wie viele Mitarbeiter im jeweiligen Unternehmen sind
dafür eingesetzt (ersuche um detaillierte Darstellung)?
10. Bei welchen Unternehmen werden diese Kontrollen durch externe (akkreditierte)
Prüfungsstellen durchgeführt (Angabe der Unternehmen und der jeweils
beauftragten Prüfungsstelle)?
11. Halten Sie einen Verstoß gegen die diversen "privaten" Richtlinien für die
Vergabe von Gütesiegeln bzw. missbräuchliche Verwendung der Biobezeichnung
im Lebensmittelbereich für eine Wettbewerbsverletzung?
Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie für solche Fälle ergreifen?
12. Werden Sie die Mittel für Bioverbände (z.B. Ernteverband) in Österreich im
Budget 2002 erhöhen, damit das Kontrollsystem für Biobetriebe und deren
Produkte verbessert werden kann? Wenn nein, weshalb nicht?
13. Welche Haltung nehmen Sie zu dem von Produzenten und
KonsumentenschützerInnen geforderten unabhängigen Kontroll - und
Sicherheitssystem für Bioprodukte und Gütesiegeln ein?
14. Bestehen Pläne ein unabhängiges System in Österreich aufzubauen, um
Bioprodukte und Gütesiegel wirkungsvoll zu kontrollieren?
Wenn ja, wie sehen diese aus und gibt es einen konkreten Zeitablauf dafür? Wie
könnte ein solches unabhängiges System finanziert werden?
15. Wenn nein, weshalb nicht?
16. Können Sie sich eine finanzielle Beteiligung durch den Handel vorstellen?
17. Halten Sie es für erforderlich für den EU - Binnenmarkt eine neue einheitliche
Richtlinie hinsichtlich der Kriterien für Bioprodukte und Gütesiegel und deren
unabhängige Kontrolle zu erlassen?
18. Wenn nein, weshalb nicht?
19. Haben Sie bereits Initiativen in diese Richtung auf europäischer Ebene gesetzt?
Wenn Ja, welche und wann? Wenn nein, haben Sie welche geplant und wie
werden diese aussehen?