2378/J XXI.GP
Eingelangt am: 04.05.2001
der Abgeordneten Dr. Kostelka
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend höchst hinterfragungswürdige Vorgänge in der Spitzelaffäre
Der Endbericht der Wiener Wirtschaftspolizei über die Spitzelaffäre hat eine neue Dynamik
in diese Causa gebracht. Mehrere Wochenmagazine berichten ausführlich darüber und
kommentieren äußerst kritisch die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft.
So heisst es etwa im Falter 17/01: „Die Staatsanwaltschaft hat den Endbericht zur
Spitzelaffäre von politisch heiklen Fakten in den Fällen Jörg Haider, Ewald Stadler säubern
lassen. Ein Vergleich mit dem ungesäuberten Bericht illustriert, wie sich die Anklagebehörde
von der Hüterin der Gesetze zum Leibwächter der Politiker degradiert.“
Die genannte Einschätzung ist aber kein Einzelfall. Das Format Nr.17/01 schreibt über den
„vorläufigen Abschlussbericht“, datiert mit 19.1.2001: „Er enthält eine Reihe von Passagen,
die im offiziellen Endbericht nicht mehr vorhanden sind. Etwa Verdachtsmomente gegen Jörg
Haider und den niederösterreichischen FP - Landesrat Ewald Stadler, die von den Fahndern
zusammengetragen, von der Staatsanwaltschaft jedoch als verjährt oder nicht
verfahrensrelevant ausgeschieden wurden... - was an ihrer politischen Relevanz freilich
wenig ändert. `Der Kärntner Landeshauptmann Dr. Jörg Haider dürfte in das System der
Informationsbeschaffung eingeweiht gewesen sein‘, heisst es im vorläufigen Abschlussbericht
noch.“
Und der Top - Journalist Alfred Worm kommentiert im News Nr. 17/01: „Nach dem Stand der
Vorerhebungen haben sich Mandatare bei AUF - Polizisten Informationen beschafft, um
unliebsame Personen bzw. Personengruppen (Ausländer) zu desavouieren; befreundete
Journalisten und Medien mit einschlägigen
Nachrichten zu versorgen; oder um politische
Gegner in der Öffentlichkeit anzuschwärzen. Der lange Arm der Aktenbeschaffung reichte
hinein bis ins Privatleben einer Kanzlersekretärin oder in Ausländerheime der Caritas.
Polizisten als Informationsbeschaffer wurden für ihre gesetzwidrigen Dienste finanziell
honoriert - als Spesennachweis dienten ‚getürkte‘ Kilometergeldabrechnungen. Die
strafrechtliche Tragweite dieser Vorgänge ist vorerst noch nicht absehbar, zumal sich die
Staatsanwaltschaft aus offensichtlichen Gründen mit der Verfassung von Anklagen viel Zeit
lässt.“
Einer der schwerwiegendsten im Raum stehenden Vorwürfe besteht wohl darin, dass - laut
Falter - Bericht - das Innenministerium die Anklagebehörde ersucht hätte, „den ersten Bericht
um ein paar brisante Stellen zu bereinigen.“
Aber auch die Tagespresse nimmt die neuen Entwicklungen in der Spitzelaffäre durchaus
kritisch zur Kenntnis, so heisst es beispielsweise im Standard vom 23. April 2001: „Im
Abschlussbericht der Wirtschaftspolizei vom 23. März des heurigen Jahres zum
Spitzelskandal an die Staatsanwaltschaft werden insgesamt 21 Verdächtige und 24 konkrete
Fakten angeführt. Im ursprünglichen Bericht, der am 23. Jänner bei der Staatsanwaltschaft
eingelangt ist, waren es noch 36 Verdächtige und 43 Fakten. Auf ‚Ersuchen‘ der
Staatsanwaltschaft musste dieser Bericht noch einmal ‚überarbeitet‘ werden. Ergibt insgesamt
40 Seiten weniger. Während ein Teil der Erhebungen an andere Staatsanwaltschaften, etwa in
Klagenfurt oder Graz, abgetreten wurde, fielen die Fakten zu Jörg Haider, Ewald Stadler und
Haiders früherem Sekretär Gerald Mikscha zur Gänze weg.“
Nach vorliegenden Medienberichten entsteht der Anschein, dass die erhebenden Organwalter
des Bundesministeriums für Inneres (Wirtschaftspolizei) offenbar ernsthaft bemüht waren, die
Spitzelaffäre bestmöglich aufzuklären. In der Folge kam es auf ‚Ersuchen der
Staatsanwaltschaft‘ zu einer Überarbeitung des ‚vorläufigen Abschlußberichtes‘ vom Jänner
2001 und es wurden sowohl die Faktenkreise als auch die Anzahl der Verdächtigen für den
Endbericht im März erheblich reduziert. Da dies ein im höchsten Maße hinterfragenswürdiger
Umstand ist,
stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres
nachstehende
Anfrage:
1. Wie beurteilen Sie die Arbeit der zuständigen Organwalter des Bundesministeriums
für Inneres bei Aufklärung der Spitzelaffaire?
2. Wie beurteilen Sie die Behauptung, daß ‚auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft‘ der
Bericht der Wirtschaftspolizei vom Jänner 2001 noch einmal überarbeitet werden
mußte und die Anzahl der Verdächtigten und die Faktenkreise für den Endbericht im
März erheblich reduziert wurden?
3. Halten Sie das genannte Ersuchen für ‘einen ungewöhnlichen Wunsch'?
4. Halten Sie es für möglich, dass durch die genannte Reduzierung der Verdächtigen
und der Faktenkreise die vollständige Aufklärung der Spitzelaffaire beeinträchtigt
werden könnte?