2384/J XXI.GP

Eingelangt am: 04.05.2001

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Cap, Parnigoni

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend die bundesweite Schließung von Polizeiwachzimmern

(Anfrage 3 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die

sogenannte Verwaltungsreform der Bundesregierung)

 

Die Notwendigkeit einer Verwaltungsreform ist an sich unbestritten. Eine solche Reform hat

die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Verwaltung bestmögliche Leistungen für die Bürger

zum kostengünstigsten Preis erbringt. Anders als der Eindruck, den die Bundesregierung zu

erwecken versucht, ist die Verwaltung nicht bloß ein Kostenfaktor oder gar ausschließlich

Belastung für Bürger und Wirtschaft, sondern eine Grundbedingung für das Funktionieren

eines Staates und der Gesellschaft. Die Verwaltung hat unverzichtbare Leistungen für alle

Menschen zu erbringen. Nach allen internationalen Rankings ist eine qualitativ hochwertige

Verwaltung auch einer der wichtigsten Standortfaktoren, wobei Österreich hier bei gut

abschneidet.

 

Anstatt die Verwaltung im Sinne einer Verbesserung der Leistungen für die Bürger zu

reformieren, geht die Bundesregierung einen anderen Weg:

 

                • Sie privatisiert Probleme, statt Probleme zu lösen,

                • Schafft Leistungen ab, statt die Leistungserbringung zu verbessern.

 

Dabei ist die Vorgangsweise der Bundesregierung insgesamt chaotisch, wie die Fülle der

parallel tätigen Einrichtungen zeigt, die noch dazu von vier verschiedenen Ressorts betreut

werden (Bundeskanzler, Vizekanzlerin, Finanzminister, Landwirtschaftsminister); unter

anderem wurden folgende Gremien eingerichtet:

 

                • Aufgabenreformkommission

                • FAG - Begleitkommission

                • Bund/Länder Arbeitsgruppen

                • Landesamtsdirektorenkonferenz

                • Arthur - Anderson Consulting

 

Diese Gremien verursachen Kosten in vielfacher Millionenhöhe, arbeiten aber offenkundig

unkoordiniert und planlos vor sich hin. Dabei kursiert schon jetzt eine Fülle von Vorschlägen

in der Öffentlichkeit, die schlimme Befürchtungen wecken. Gemeinsam ist diesen

Vorschlägen, dass Leistungen abgeschafft oder eingeschränkt werden; dezentrale

Einrichtungen in den Ländern und Gemeinden werden geschlossen, dafür werden aber neue

zentrale Einrichtungen geschaffen.

 

Beispielsweise ist bereits geplant:

 

                • Schließung von 2/3 der Bezirksgerichte

                • Schließung von 800 Postämtern

                • Reduktion der Finanzämter auf 40

                • Abschaffung von Regionalstellen des Arbeitsmarktservice

                • Abschaffung von Sozialämtern in den Bezirken

                • Schließung von Wachzimmern der Polizei

                • Auflassung von Gendarmerieposten

                • Auflassung von Schulstandorten

 

Alle diese Maßnahmen werden gravierende Nachteile für die Bevölkerung haben,

insbesondere im ländlichen Raum. Statt dass die Verwaltung ihre Leistungen möglichst

bürgernah anbietet und damit die Funktion des ländlichen Raumes aufrechterhält, erfolgt eine

bürgerferne Zentralisierung der Verwaltung bzw. überhaupt die Abschaffung von

Verwaltungsdienstleistungen. Damit wird die Verwaltung nicht für die Bürger verbessert,

sondern nur verschlechtert, wobei zu befürchten ist, dass es auch zu keinen bedeutenden

Einsparungen kommt, weil gleichzeitig kostspielige zentrale Einrichtungen geschaffen

werden.

 

Die Aufgaben der Sicherheitsexekutive sind aufwendiger und komplexer geworden. Zugleich

werden die Sicherheitsansprüche der Menschen anspruchsvoller und die Bedeutung der Arbeit

der Exekutive auf lokaler Ebene nimmt zu. Dabei wird mit steigender Pluralität der

Gesellschaft die Aufgabe der Exekutive, den sozialen Frieden zu sichern, immer wichtiger.

Eine vermehrte Präsenz der Exekutive ist daher nicht nur wichtig für die

Kriminalitätsvorbeugung und - bekämpfung, sondern erhält auch eine neue

gesellschaftspolitische Funktion. Die „bürgernahe“ Polizeiarbeit steht dabei immer mehr im

Vordergrund.

 

Die durch den Innenminister geplante bundesweite Schließung einer Reihe von

Polizeiwachzimmern bringt kein Mehr, sondern ein gefährliches Weniger an Sicherheit. Nur

eine Sicherheitsexekutive, die für die Bevölkerung in erreichbarer Nähe ist, kann dem

Sicherheitsbedürfnis der Menschen Rechnung tragen. Die BürgerInnen haben Anspruch auf

die Präsenz und rasche Verfügbarkeit der österreichischen Sicherheitsexekutive. Eine

Verringerung der Anzahl von Polizeiwachzimmern und eine Entwicklung in Richtung einer

Zentralisierung exekutiver Tätigkeiten ist nicht zielführend.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres

nachstehende

 

Anfrage:

 

 

1. Welche Polizeiwachzimmer sind aufgegliedert nach Städten - zur Schließung

    vorgesehen?

 

2. Ab weichern Zeitpunkt werden diese Schließungen wirksam?

 

3. Welche Polizeiwachzimmer sind - aufgegliedert nach Städten - zur

    Zusammenlegung vorgesehen?

 

4. Ab welchem Zeitpunkt werden diese Zusammenlegungen wirksam?

 

5. Welche Personalstände sind für die verbleibenden Polizeiwachzimmer vorgesehen?

 

6. Zu welchen Planstellenreduzierungen kommt es im Zusammenhang mit der

    Schließung bzw. Zusammenlegung von Polizeiwachzimmern?

 

7. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um für die betroffenen Polizeibeamtinnen

    soziale Härten zu vermeiden?

 

8. Wie werden durch diese Schließungen bzw. Zusammenlegungen von

    Polizeiwachzimmern die Sicherheits - und Serviceleistungen für die BürgerInnen

    verbessert?