2446/J XXI.GP

Eingelangt am:11.05.2001

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend soziale Auswirkungen durch die Umstrukturierung der Telekom Austria

 

 

Die Ausgliederung und Privatisierung der Telekom Austria führte im Zuge der

verschiedenen Liberalisierungsmaßnahmen zu einer vergleichsweise rücksichtslosen

Vorgangsweise bei dem „Abbau“ der Zahl der Beschäftigten, die weder aus

wirtschaftlichen noch aus unternehmenspolitischen Gründen erforderlich erscheint.

Bis zum Jahr 2003 sollen insgesamt bis zu 5.000 Beschäftigte, bis zum Jahr 2005

weitere 5.000 Beschäftigte somit insgesamt ca.10.000 Beschäftigte, darunter 80

Prozent definitiv gestellte (pragmatisierte) BeamtInnen, durch ,,Outsourcing“ von

Tätigkeitsbereichen und andere Maßnahmen „abgebaut“ werden. Da die

entbehrlichen Angestellten und provisorischen Beamte (= z.B Beamte ohne

Dienstprüfung, Definitivstellungserfordernisse nicht erfüllt ...) geringeren

Kündigungsschutz hatten/haben und dadurch aus der TA bereits eliminiert

(abgebaut, gekündigt) worden sind, richten sich alle

Personalrestrukturierungsmaßnahmen vornehmlich gegen Beamte, daher die

Fragestellungen insbesonders diesbezüglich. Teilweise werden die Betroffenen erst

am Vortag von der Tatsache verständigt, dass sie ihren Arbeitsplatz zu verlassen,

ihre Betriebsmittel abzugeben haben. Diese Art des Umganges mit langjährigen und

qualifizierten Mitarbeiterinnen widerspricht jeglichem modernen

Unternehmenskonzept und löste nicht nur massive psychische Belastungen aus,

sondern führte auch in einigen Fällen zu Suiziden. Bei der Beschränkung auf

selbstdefinierte Kernaufgaben und des Outsourcen von wesentlichen

Geschäftszweigen des Netzes geht dem Unternehmen auch wesentliches Know - how

verloren.

 

Von diesen rechtlichen Fürsorgepflichten will sich die TA durch rechtlich fragwürdige

Maßnahmen, zum Nachteil der Mitarbeiter, entbinden

 

-   Durch Herauslocken aus dem Beamtenstatus mit lächerlichen „Golden

     Handshake“ Angeboten - inklusive Versteuerungsfalle dieser

     Abschlagszahlungen je nach Variante ca. 50 Prozent statt ca. 6 Prozent),

     physischer und psychischer Druck dadurch schlechtes Betriebsklima und

     Mobbing am Arbeitsplatz um die Mitarbeiter zu Selbstkündigung

     (Dienstverzicht) zu bewegen.

-   Die Leute stehen meist als älter Arbeitnehmer, die am Arbeitsmarkt geringste

     Chancen haben, ohne Nachfolgejob und oft ohne

     Arbeitslosenversicherungsschutz, ohne Sozialversicherung, ohne

     Pensionsanspruch, oft als Notstandsempfänger kurze Zeit später auf der

     Straße.

 

-   Persönliche Verzweiflungshandlungen wie Selbstmord sind (auch der

   Telekomfirmenleitung, Gewerkschaft und AK) schon bekannt.

    Nachdem die Republik Österreich nach wie vor 47,8 Prozent der Eigentumsanteile an

    der Telekom Austria AG hält, tragen Sie als Eigentümervertreter/in ebenfalls

    Verantwortung für die Modalitäten des Personalabbaus, dem die „menschliche

    Komponente" nach Ansicht der Betroffenen gänzlich fehlt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Werden Sie sich für eine menschliche Form des Umganges mit dem Personal

der Telekom Austria AG (kurz: TA) engagieren?

 

2.   a)    In welcher Form werden Sie sich für eine menschlich korrekte

              Vorgangsweise im Zuge des Personalabbaus der Telekom Austria AG

              einsetzen?

 

      b)    Wenn nein, warum nicht?

 

3. In der aktuellen Regierungserklärung vom Jahr 2000 ist eine 100 Prozent

    Privatisierung der TA vorgesehen - Wie verträgt sich dies mit dem

    Beamtenstatus der Telekom - Mitarbeiter die (noch) zu ca 80 Prozent Beamte

    sind?

 

4.    a)     Zu welchem Zweck dient die Rechtskonstruktion ,,TAP“ (TAP: Telekom

               Austria Personalmanagement GmbH, eine 100 Prozent Tochter der TA,

               die außer Personal keinerlei Aktiva besitzt)?

 

      b)      Ist die TAP rechtskonform und auf welche Rechtsgrundlagen stützt sie

                sich?

 

5.   a)      Wieviele Personen (Beamte!) sollen im TAP - Personalpool ausgelagert

                verbleiben?

 

      b)      Wer trägt die Personalkosten der nicht rückführbaren Mitarbeiter und

               unter welchen Titel werden sie verbucht?

 

6.   a)      In welcher Form ist der Weiterbestand der TAP gewährleistet?

   b)    Ist diese Rechtskonstruktion TAP mittel - und langfristig konkursgefährdet

           und was geschieht im Falle eines solchen mit dem noch in der TAP

           befindlichen Personal (Beamte!)?

 

7.    Wie hoch lag der Aufwand für externe Personalberatungsfirmen in den Jahren

       seit der Ausgliederung (seit 1996, siehe Strukturanpassungsgesetz PTSG

       1996)?

 

8.    In welcher Form wurden die Personalreferentinnen (Mitglieder des

       Personalamtes der Unternehmenszentrale (UZ) der Telekom Austria AG

       geschult, die Entlassungen und Versetzungen durchzuführen? (durch

       Personalberatungsfirmen? von welchen? Kostenaufwand?)

 

9.    Welche vorbeugende, begleitende und nachfolgende Rechtsberatung und von

       wem, wird den Bediensteten angeboten? Gibt es diesbezüglich von ÖGB, GPF

       (Gewerksch Post u. Fernmeldebedienstete). AK, AMS, Broschüren oder über

       Internet konkrete Information, Rechtshilfe (durch Juristen!) und

       Verfahrensanweisungen, um den vom Arbeitsplatzverlust bedrohten (5000)

       Personen Unterstützung angedeihen zu lassen?

 

10.  Aus welchen Gründen werden die Beamten nicht einfach zurück an das

       Finanzministerium gegeben sondern teilweise in ihrer Dienstpostenbewertung

       zurückgestuft?

 

11.  Sollen nicht kooperationswillige Beamte (die langfristig nicht auf ihren

       wohlerworben definitiven (= pragmatisiert) Beamtenstatus verzichten wollen) bis

        in PT9 (= Hilfsarbeitereinstufung, - bewertung) zurückgestuft werden?

 

12.  Wie verhält es sich rechtlich und in der Praxis wenn Beamte zur Arbeitsleistung

       an private Firmen (Arbeitskräfteüberlassung zu „Dritten“ = siehe Punkt 3.1.8

       und 3.2.5 im Sozialplan betreif ... Personalrestrukturierung ... durch Errichtung

      der TAP... vom 18.Okt.2000) entsandt werden?

 

13.  Wie verhält sich dies alles rechtlich mit dem abgeleistetem Diensteid

       (,,Treuegelöbnis“) der Beamten, die neben dem Strafrecht, dem Zivilrecht, im

       Gegensatz zu Angestellten, dadurch erschwerend einem dritten Recht, dem

       Disziplinarrecht unterliegen?

 

14.  Ist für die Beamten noch der Vertrauensschutz in bestehendes Recht (zB in

       B.D.G) gegeben, wenn durch ihr seinerzeitiges Eingehen ihres

       Beamtendienstverhältnisses mit den Rechtsvorgängern der Telekom Austria  -

       geringste Bezüge in ihrer aktiven Berufszeit, dafür gesicherte Pension

       (Ruhegenuss) im Alter - durch Arbeitsplatzverlust Versetzungen,

       Freisetzungsmaßnahmen, bis Kündigungen - dies verbunden mit massiven

       Nettoeinkommensverlusten - in ihre langjährige Lebensplanung, finanzielle und

       familiäre Planung, in ihr wohlerworbenes, bestehendes Recht, teils

       rückwirkend, eingegriffen wird?

 

15.  Wie hoch ist derzeit der Anteil der neu angestellten Teilzeitbeschäftigten im

       Vergleich zu den früher Beschäftigten (1996 - 2001)?

16.  Sind angebotene Teilzeitarbeitsplätze konform mit den Öffnungszeiten von

       Kinderbetreungsplätzen und Schulen?

 

17. Wie rechtfertigen Sie den Know - how - Verlust aufgrund der zahlreichen

      Kündigungen, insbesonders den Wissensverlust für die TA durch Abgang von

      erfahrenen älteren Mitarbeitern?

 

18.  Wie ist die Zusammenarbeit und das Betriebsklima zwischen den älteren

       Mitarbeitern (Beamten) und den neueingestellten Mitarbeitern

       (Führungskräften) die naturgemäß nicht diese Firmenverbundenheit,

       Firmentreue aufweisen?

 

19.   a)    Können Sie ausschließen, dass der Status des Beamtentums -

                insbesonders bei Ausgliederungen aus dem öffentlichen Bereich - wie der

                Telekom Austria - und sinken des Eigentumsanteil des Bundes unter 25

                Prozent - nicht durch einfachgesetzliche Regelungen aufgehoben wird?

        b)    Wenn nicht, warum nicht?

 

20.  Ist eine neuerliche Novellierung (letzte Novellierung 28. Februar 2001 - BGBl

       Nr. 10 des Poststrukturgesetzes geplant oder liegt in ihrem Ministerium bereits

       ein Entwurf vor, der den geänderten /zu erwarteten geringeren Bundesanteil an

      der TA, möglicherweise unter 25 Prozent bis Null Prozent bei

      Totalprivatisierung der TA, Rechnung trägt und damit eine rechtliche

      Schlechterstellung der betroffenen Mitarbeiter (Beamte) als auch der

      Personalvertretung der TA bedeutet?

 

21.  Auf welche Weise werden Sie verhindern, dass mit der Möglichkeit „negativer

       Leistungsfeststellung“ ... Missbrauch betrieben wird, um bei zweimaliger

       hintereinanderliegender negativer Leistungsfeststellung von Beamten, diese

       ohne jeden Rechtsanspruch kündigen (siehe lt Beamtendienstrechtsgesetz) zu

       können?

 

22.  Wie hoch waren die Versetzungen/Zuteilungen des Personals an neue

       Dienstorte außerhalb der Telekom Austria (an andere Bundesdienststellen etc.)

       in den letzten vier Jahren?

 

23.  Wie hoch sind die realen Chancen der im TAP - Pool verbliebenen

        (freigesetzten) Beamten über die Job - Börse des Bundeskanzleramtes unter

        Wahrung ihres Beamtenstatus linear (gleiche Bewertung, Einstufung) auf

        Arbeitsplätzen in anderen Bundesdienststellen unterzukommen?

 

24.  Wie sollen sich diese Betroffenen über den angeboten Telekom internen

       Arbeitsmarkt (Jobangebote) als auch über den externen privaten Arbeitsmarkt

       informieren, wenn ihnen die dazu notwendigen Betriebsmittel wie Dienstfelefon,

       Dienst  -PC, Internet und firmeninternes INTRANET etc. bei Einzug ihres

       Arbeitsplatzes entzogen wird? (diese Mitarbeiter sind von jeder wesentlichen

       Firmeninformation in elektronischer und Papierform abgeschnitten!