2478/J XXI.GP

Eingelangt am: 11.05.2001

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Plank, Genossinnen und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Studiengebühren für behinderte Studierende

Der Großteil der behinderten Menschen benötigt für die Absolvierung eines Studiums wesentlich mehr Zeit als nicht behinderte Menschen. Die Gründe dafür sind:

Die Vorbildung ist oftmals nur mangelhaft, z.B. Sonderschule bei geburtsbehinderten Menschen, oder verunfallte Personen welche ursprünglich einen Lehrberuf ausgeübt haben, haben erst im zweiten Bildungsweg die Matura oder das Studium nachgeholt. Zusätzlich sind sie in zeitaufwendige Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen integriert. Des öfteren kommen auch zusätzliche beruflichen Tätigkeiten hinzu.

Viele behinderte Studenten versuchen sich durch Weiterbildung über den Studiumsweg in Berufsleben zu (re)integrieren, um sich aus der Dauernotstandshilfe (Existenzminimum) oder der Berufsunfähigkeitspension zu befreien.

Viele sind nicht immer in der Lage auf Grund ihrer gesundheitlichen Beschwerden oder Pflegebedingtheit die Vorlesungen und dazugehörigen Pflichtübungen regelmäßig zu besuchen.

Hinzu kommt die oftmalig vorhandene mangelnde Mobilität, weil kein eigener PKW vorhanden ist oder dieser ohnehin nicht selbst gelenkt werden könnte. (In Wien besteht zwar die Möglichkeit Fahrtendienste zu benützen, welche aber des öfteren stundenweise zu spät kommen und dadurch wiederum nicht der gesamte Vorlesungs- bzw. Übungsblock besucht werden kann).

Ein weiteres Problem ist, dass verschiedenste Hörsäle, Bibliotheken und Institutsräumlichkeiten nicht barrierefrei zugänglich sind, sowie die Zerstreuung der Institute auf verschiedene Standorte.

Außerdem sind behinderte Menschen bei der Auswahl von Studienrichtungen erheblich eingeschränkt und können daher auch nicht immer das ihrer Begabung entsprechende Studium wählen. Viele von den Universitäten angebotene Dienstleistungen, wie Labor und Praktikumsplätze können aus oben genannten Gründen nicht in Anspruch genommen werden.

Handbehinderte oder bewegungseingeschränkte Menschen sind oftmalig nicht in der Lage selbst mitzuschreiben und kompensieren dies meist mit Tonbandaufnahmen, welche sie zu Hause in stundenlanger, ermüdender und wirbelsäulenschädigender Arbeit (1 1/2 Pflichtübungsstunden sind mindestens 6 Stunden Schreibarbeit ohne Pause) in den Computer tippen.


Gehörlose Menschen müssen sich Gebärden-Dolmetscherinnen selbst organisieren und bezahlen. Es gibt keine Studienrichtung, welche alle benötigten Unterlagen blindengerecht zur Verfügung stellt.

Gerade in den Anfangssemestern finden gehbehinderte Menschen noch schwerer einen Sitzplatz bzw. kommen kaum mit Gehbehelfen (Stöcke, Rollator, Stützkrücken) oder Rollstuhl in den überfüllten Hörsaal, um Vorlesungen und Übungen zu besuchen. Ebenso ist das Mobiliar nicht rollstuhl- bzw. behindertengerecht adaptiert, wodurch die Sitzmöglichkeiten bei höhenangepassten Tischen und Bänken kaum vorhanden sind.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur folgende

ANFRAGE

1.   Sind Ihnen die obgenannten Erschwernisse für behinderte Studierende bekannt und teilen Sie diese Auflistung?

2.   Sind Sie der Ansicht, dass die Teilnahme behinderter Studierender an Studien auf Grund ihrer besonderen Situation gegenüber nicht-behinderten Studierenden deutlich erschwert ist?

3.   Sehen Sie es als gerechtfertigt, von behinderten Studierenden, deren Zahl ohnehin nicht groß ist, eine zusätzliche Belastung mit Studiengebühren aufzubürden?

4.   Halten Sie es für möglich, dass die Einhebung von Studiengebühren das Studium für behinderte Menschen unmöglich macht und damit die Zahl behinderter Studierender sinkt?

5.   Sehen Sie das Einheben von Studiengebühren von behinderten Menschen im Einklang mit der geplanten Förderung der Bundesregierung für behinderte Menschen am Arbeitsmarkt durch die sogenannte Behindertenmilliarde?

6.   Welche Maßnahmen werden Sie für behinderte Menschen setzen im Hinblick auf eine Verbesserung des Zugangs zum Studium?

7.   Welche Maßnahmen werden Sie setzen zur verbesserten/barrierefreien Erreichbarkeit universitärer Räumlichkeiten?

8.   Können Sie sich eine Regelung vorstellen, dass Menschen, die Pflegegeld ab der Stufe III beziehen oder eine mindestens 70%-ige Erwerbsminderung bescheinigt haben, von den Studiengebühren befreit sind? Wenn nein, warum nicht?