251/J XXI.GP

 

                                                               ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Petrovic, Stoisits, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend einseitige Beweissicherung in der Causa Omofuma

 

Die Vorgangsweise betreffend Beweissicherung über die Ursachen des Todes des

Schubhäftlings Marcus Omofuma weicht in etlichen Punkten von den sonst üblichen

Prozeduren ab. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass solange neue Gutachten

angefordert und eingeholt werden, bis zumindest auch die Möglichkeit eines

„natürlichen“ Todes unter höchst unnatürlichen bzw. menschenrechtswidrigen

Umständen nicht mehr ausgeschlossen werden kann.

 

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass bereits unmittelbar nach bekannt

werden von schockierenden Details betreffend den Tod von Herrn Omofuma der Anwalt

der abschiebenden Beamten in den Medien seine Thesen vom „natürlichen Tod“ des

gefesselten und verklebten Schubhäftlings verbreitete. Offenbar wurde hier schon

öffentlich ein möglicher Ausweg aus der rechtlichen Verantwortung nahegelegt.

Die gravierenden Unterschiede zu anderen Ermittlungen bestehen vor allem darin, dass

bislang offenbar nicht einmal versucht wurde zu klären, ob die nunmehr verdächtigen

Beamten bei anderen Abschiebungen ähnliche Folter - Praktiken angewandt haben.

Während etwa in der ebenfalls medial breit diskutierten „Causa Unterweger“ amtswegig

Frauen, die Kontakt zu Unterweger hatten vernommen wurden, um ein umfassendes

Bild über das Verhaltensspektrum des mutmaßlichen Täters zu ermitteln, wurden

keinerlei derartige Anstrengungen in der Causa Tötung von Marcus Omofuma gesetzt.

 

Dies muss umso mehr als bewusste Ausblendung eines für die Wahrheitsfindung

relevanten Bereiches der Realität gewertet werden, als die Daten der von den konkreten

Beamten abgeschobenen Schubhäftlinge ohne Zweifel aktenmäßig dokumentiert und

erheblich leichter eruierbar sind als nicht aktenmäßig dokumentierte Personen, die

Kontakt mit einem strafrechtlich Verdächtigen hatten.

 

Erst die Vernehmung anderer abgeschobener Personen bzw. der ebenfalls leicht ermittelbaren

Flugzeugbesatzungen bzw. Passagiere könnte Klarheit darüber bringen, ob die im Fall Omofuma

angewandte Klebefolter von diesen Beamten erst - und einmalig eingesetzt wurde oder ob auch

andere Schubhäftlinge derart gefoltert wurden.

Ebenso befremdlich wie diese Versäumnisse ist die Tatsache der Art und Weise der

Einholung des Zweitgutachtens bzw. die eindeutige Tendenz des Zweitgutachtens sowie

das Verschweigen wesentlicher Umstände zu bewerten. Insbesondere fehlt jeder

Hinweis auf die Tatsache, dass die Leiche von Marcus Omofuma nicht einbalsamiert

war und, dass nachweislich wesentliche Veränderungen Post mortem eintreten. Insofern

kommt dem Erstbefund (der Sofortbeschau) eine erheblich größere Bedeutung zu als

dem später offenbar mit der Intention der Entlastung der involvierten Beamten in

Auftrag gegebene Zweitgutachten, das auf Veränderungen des Leichnams post mortem

keinen Bezug nimmt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Inneres folgende

 

 

                                                               ANFRAGE:

 

 

1. Ist es zutreffend, dass bislang keine Betroffenen bzw. ZeugInnen einvernommen

    wurden, die auf die Praktiken bei Abschiebungen durch die im Falle Omofuma

    tätigen Beamten Auskunft geben können? Wenn ja, halten Sie diese Vorgangsweise

    im Sinn einer umfassenden und unverzüglichen Sicherung von Beweisen nicht für

    etwas merkwürdig?

 

2. In welcher Art und Weise wurde geklärt, ob die Klebefolter von den beschuldigten

    Beamten erst -  und einmalig im Falle Omofuma eingesetzt worden ist oder ob diese

    Beamten bereits früher derartige Methoden angewandten?

 

3. Laut Aussage des Chefarztes des Innenministeriums, Reinhard Mörz, gegenüber der

    Zeitschrift „Format“ vom 29.11.1999 wurde der ärztliche Dienst von der

    Abschiebung nicht informiert. Herr Mörz gab an, dass Markus Omofuma aufgrund

    seines Gesundheitszustandes als fluguntauglich hätte gelten müssen. Auf wessen

    Veranlassung bzw. Unterlassung wurde auf die Information des ärztlichen Dienstes

    verzichtet?

 

4. Auf wessen Veranlassung wurde das bulgarische Erstgutachten in Frage gestellt und

    ein zweites Gutachten angefordert?

 

5. Ist es zutreffend, dass der Leichnam von Marcus Omofuma nicht einbalsamiert

    war?

6. Wieviel Zeit verging zwischen dem Tod von Marcus Omofuma und der Einholung

    des Zweitgutachtens?

 

7. Ist es zutreffend, dass sich nach dem Tod einer Person wesentliche Veränderungen

    des Leichnams (insbesondere an den Augen) ergeben?

 

8. Wurde im Zweitgutachten auf die Veränderungen eines Leichnams Post mortem

    Bezug genommen? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, wie erklären Sie sich diese

    Einseitigkeit des Gutachtens?

 

9. Halten Sie die Vernehmung von Personen, die Auskunft über das übliche bzw.

    allgemeine Verhalten von Beschuldigten geben können, grundsätzlich für ein

    wichtiges Beweismittel (wie etwa in der Causa Unterweger)? Wenn ja, inwieweit

    werden derartige Beweise im konkreten Fall gesichert?

 

10. Das Zweitgutachten schließt bestimmte medizinisch mögliche

      Gesundheitsschädigungen von vornherein aus, wie z.B. die Entstehung einer

      Lungenembolie durch Schock. Wie erklären Sie sich diese vorzeitige Festlegung

      bzw. den Ausschluss medizinisch eindeutig möglicher Gesundheitsschädigungen?

 

11. In wie vielen Fällen wurde ein Erstgutachten in Frage gestellt und auf Betreiben der

      Behörde ein Zweitgutachten angefertigt? Handelt es sich dabei um eine übliche

      oder eine außergewöhnliche Vorgangsweise (Bitte Zahl der Fälle jeweils anführen)?

 

12. Wenn schon zwei Gutachten vorliegen, die im Ergebnis nicht deckungsgleich sind,

      wäre die Erstellung eines Drittgutachtens bzw. die Bewertung der Aussagekraft der

      verschiedenen Gutachten nach Erstellungszeitpunkt, Untersuchungsmethode etc.

      naheliegend?

 

13. Ist es zutreffend, dass die beiden Gutachten jeweils dem anderen Gutachter mit der

      Bitte um Stellungnahme zugestellt wurden?

 

14. Wurde ein derartiges Drittgutachten amtswegig angefordert? Wenn ja, wann wurde

      dies getan? Wenn nein, wie rechtfertigen Sie dies?