301/J XXI.GP
der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Kürzung der finanziellen Mittel in der bilateralen
Entwicklungszusammenarbeit
Der Bundesminister für Finanzen hat im Gegensatz zur bisher gängigen Praxis - im
Finanzjahr 1999 von der Ermächtigung zu einer Überschreitung von insgesamt 100
Millionen Schilling für die bilaterale Entwicklungshilfe keinen Gebrauch gemacht.
Durch diese Nichtauszahlung werden nicht nur vertraglich vereinbarte Projekte und
die Existenz der Nichtregierungsorganisationen gefährdet, sondern auch das
Ansehen Österreichs als verläßlicher Partner der internationalen
Entwicklungszusammenarbeit (EZA).
Die zusätzlich vom Finanzminister vorgeschlagenen Kürzungen der
Ermessensausgaben für das Jahr 2000 in Höhe von 20% werden dazu führen, daß
die Leistungen der österreichischen EZA auf ein noch nie dagewesenes Minimum
von 600 Millionen öS reduziert werden. Laut Bericht der ÖFSE1 war bereits 1998 die
öffentliche EZA auf einen historischen Tiefstand von 0,22 Prozent gemessen am
Bruttosozialprodukt gefallen - und das bei Anwendung wohlwollender
Berechnungsmethoden. Durch die angekündigten Kürzungen würde sie auf ein
international skandalöses Niveau von 0,18% sinken.
Bedenkt man, daß Österreich bei den Mitteln für die EZA EU - weit bereits jetzt an
vorletzter Stelle rangiert, würden wir durch die oben angeführten Kürzungen zum
Schlußlicht in der Europäischen Union. Österreich wurde bereits mehrmals von der
OECD wegen der geringen Mittel, die für die Projekte und Programme zur Verfügung
stehen sowie wegen der gängigen Meldepraxis kritisiert. Eine weitere Kürzung der
Mittel im gestaltbaren Bereich der Programm- und Projektarbeit würde diese Kritik
zwangsläufig noch verschärfen
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Was werden Sie unternehmen, um einen derart dramatischen Einbruch in der
bilateralen EZA und die existenzielle Gefährdung der Durchführungs - NROs (Nicht -
Regierungsorganisationen) zu verhindern?
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1 österreichische Forschungsstiftung für Entwicklungshilfe (ÖFSE): Österreichische Entwicklungspolitik
1999
2. Welche Möglichkeiten sehen Sie für eine vorübergehende Umschichtung der
budgetären Mittel vom Bereich der multilateralen auf die bilaterale
Entwicklungszusammenarbeit? Welche Anstrengungen haben Sie diesbezüglich
unternommen bzw. werden Sie unternehmen? Warum - betreffen derartige
Einsparungen ausschließlich die bilaterale EZA, also den gestaltbaren Bereich der
EZA?
3. Was werden Sie unternehmen, damit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine
längerfristige finanzgesetzliche Absicherung des bilateralen EZA - Volumens
geschaffen werden? Wurden bereits Gespräche mit dem Finanzminister geführt
und was war das Ergebnis?
4. Inwiefern werden Sie für eine verbindliche, sektorbezogene, mittelfristige
Finanzplanung sorgen? Wieviel Geld steht in den nächsten drei Jahren für jeden
Sektor pro Schwerpunkt - und Kooperations-Land zur Verfügung? Welcher
Prozentsatz des bilateralen EZA - Budgets soll dauerhaft für NROs reserviert
werden?
5. Sollten sich Kürzungen nicht vermeiden lassen: wo konkret werden Sie Kürzungen
vornehmen bzw. definitiv nicht vornehmen?
6. Wie hoch war bisher
- der Gesamtaufwand für die vom BMaA finanzierten Koordinationsbüros, der
Aufwand pro Koordinationsbüro und Jahr, einschließlich des gesamten Personals
(österreichisches, internationales und lokales) und aller laufenden Kosten, auch
jener für Neuprojektentwicklung (u.a. durch Erarbeitung von
Ausschreibungsunterlagen, Konsulentenkosten für Partneridentifikation etc.)
- der Aufwand, der für solche Büros nicht nur über EZA - Mittel, sondern auch über
die des diplomatischen Dienstes getätigt wird
- der Aufwand für andere Expertenentsendungen und Beratungsleistungen des
BMaA, die ebenfalls der Projektkoordination dienen, aber nicht direkt den
Koordinationsbüros zugerechnet werden?
- Wird es auch in diesem Bereich Kürzungen geben? Wenn ja, in welcher Höhe und
wenn nein, warum nicht?