3031/J XXI.GP

Eingelangt am:02.11.2001

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Cap, Doris Bures

und GenossInnen

an den Bundeskanzler

betreffend eigenartiges Verständnis über die Informationstätigkeit des Bundesministeriums

für auswärtige Angelegenheiten, des Bundeskanzleramtes und der Präsidentschaftskanzlei

über internationale Besuche von Bundespräsident, Bundeskanzler und Bundesministerin für

auswärtige Angelegenheiten

 

 

In mehreren Medienberichten wurden die Reiseaktivitäten von Bundespräsident,

Bundeskanzler und Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten in der letzten Zeit

heftig kritisiert bis verspottet. Insbesondere jedoch wecken diese Reiseaktivitäten einen

Eindruck: Die Spitzenrepräsentanten der Österreichischen Republik koordinieren ihre

Reiseaktivitäten nicht in diesem Ausmaß, wie es international üblich ist. Vielmehr entsteht

laufend der Eindruck, dass es mehr darum geht, wer den besten Fototermin als erster erhält.

Eine solche österreichische Außenpolitik ist untragbar und für die Republik Österreich

unwürdig.

 

Gemäß Bundesministeriengesetz ist der Bundeskanzler für die Angelegenheiten der

allgemeinen Regierungspolitik einschließlich der Koordination der gesamten Verwaltung des

Bundes zuständig. Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten hat gem. diesem

Gesetz die auswärtige Angelegenheiten zu koordinieren.

 

Im Rahmen der Pressestunde am 28. Oktober 2001 wurde das unfassbare Verständnis des

Bundeskanzlers hinsichtlich der Koordinierung der Regierungspolitik öffentlich, wonach er

davon ausgehe, dass der Bundespräsident über alle Aktivitäten im Bereich der auswärtigen

Beziehungen von Bundeskanzler und Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

umfassend informiert sei, da seine Ehegattin ja hochrangige Beamtin des Außenministeriums

sei.

Diese untragbare Aussage führte zu einer weiteren öffentlichen Blamage des Bundeskanzlers,

da die Frau des Bundespräsidenten Dr. Margot Klestil - Löffler diese Aussagen umgehend

gegenüber dem ORF korrigierte. Der Herr Bundeskanzler meinte daraufhin trotzend, er

verstehe dies nicht, es sei doch völlig normal, wenn Eheleute gegenseitig Informationen

austauschen.

 

Noch unglaublicher erscheint der Umstand, dass der Bundeskanzler zentrale Bestimmungen

des Dienstrechtes nicht kennt, obwohl er seit 24.4.1989 einem Ressort vorsteht. Gemäß § 46

des Beamten - Dienstrechtsgesetzes ist der Beamte über alle ihm ausschließlich aus seiner

amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse... der

auswärtigen Beziehungen... geboten ist, gegenüber jedermann zur Verschwiegenheit

verpflichtet. Zusätzlich wird durch § 310 Strafgesetzbuch die Verletzung des

Amtsgeheimnisses durch einen Beamten mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe bedroht.

 

Schließlich zeigen die Aussagen des Bundeskanzlers in der Pressestunde auf, dass er auch

über andere Angelegenheiten der Regierungspolitik nicht besonders informiert ist. Auf der

einen Seite rät der Bundeskanzler allen Beamten und Vertragsbediensteten des öffentlichen

Dienstes, alle ihnen zugänglichen Informationen ihren Ehepartnern weiterzugeben, auf der

anderen Seite legt die Bundesregierung ein Informationssicherheitsgesetz dem Nationalrat als

Regierungsvorlage vor, dass die Verschwiegenheitspflicht für Ressortbedienstete grob

ausdehnt und die Weitergabe von klassifizierten Informationen (und dies sind wohl jene über

geplante Reiseaktivitäten von Mitgliedern der Bundesregierung) gänzlich unter Strafe stellt

(Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten; bei Begehen der Tat, um sich oder anderen

einen Vermögensvorteil zuzuwenden oder einem anderen einen Nachteil zuzufügen, bis zu 1

Jahr Freiheitsstrafe).

 

Es ist wohl davon auszugehen, dass der Bundeskanzler die Gattin des Bundespräsidenten

wohl nicht zu einer strafbaren Handlung anstiften wollte, weshalb diese Aussagen auch

dahingehend interpretiert werden können, dass er damit das völlige Koordinationsdefizit im

Bereich der österreichischen Außenpolitik kaschieren wollte. Alles in Allem: Zunächst ein

peinliches Auftreten des Bundeskanzlers dieser Republik; darüber hinaus aber auch ein völlig

untauglicher Ablenkungsversuch.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende

Anfrage:

 

Nach Ihren Aussagen betreffend die Weitergabe von dienstlichen Informationen an

EhegattInnen:

1.    Beabsichtigen Sie eine Regierungsvorlage vorzubereiten, welche die Bestimmungen

       des § 46 Beamten - Dienstrechtsgesetzes (und in Folge des § 310 Strafgesetzbuches)

       dahingehend abändert, dass eine Weitergabe von Amtsgeheimnissen an Ehegattinnen

       in Zukunft generell nicht mehr von den Gesetzen umfasst ist oder soll dies nur für die

       jeweilige Ehegattin des Bundespräsidenten gelten?

 

2.    Bereiten Sie eine Abänderung der Regierungsvorlage im Sinne des § 25 der

       Geschäftsordnung des Nationalrates vor, die diese Gedanken in der

       Regierungsvorlage zu einem Informationssicherheitsgesetz umsetzen?

 

Zur allgemeinen Koordination der Außenpolitik:

3.    Welche Auslandsdienstreisen haben Sie seit Amtsantritt als Bundeskanzler

       unternommen?

 

4.    Wann wurde die Präsidentschaftskanzlei jeweils über eine geplante

       Auslandsdienstreise des Bundeskanzlers informiert?

 

5.    Wann haben Sie jeweils Informationen über geplante Auslandsdienstreisen der

       Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten in Ihrer Koordinierungsfunktion

       erhalten?

 

6.    Haben Sie umgehend jeweils die Präsidentschaftskanzlei davon informiert?

 

7.    Wann sind diese Informationen jeweils ergangen?

 

8.    Wenn die Frage 6 zumindest zum Teil mit „nein“ beantwortet wurde:

       Welche Erwägungen sprachen dafür, den Herrn Bundespräsidenten nicht zu

       informieren?

 

9.    Was werden Sie unternehmen, um der Kritik entgegenzutreten, dass die österreichische

       Besuchsdiplomatie äußerst unkoordiniert erscheint?

10.   Wie wird der Herr Bundespräsident über das Ergebnis einer Auslandsdienstreise der

         Mitglieder der Bundesregierung informiert?

 

11.    Wie rasch erfolgt diese Information?