3074/J XXI.GP
Eingelangt am: 14.11.2001
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend ungeheuerliche öffentliche Entgleisungen des Kärntner Landeshauptmannes
In seiner seit Jahren gewohnt “beherrschten Art" hat der Landeshauptmann von Kärnten und Präsident des FC Kärnten, Dr. Jörg Haider, über die Fußballschiedsrichter am Tag nach der “verdienten" 0 : 2-Niederlage (so Coach Schachner) gegen Austria Wien beim Landesparteitag der Kärntner FPÖ (und nicht am Fußballplatz), also gegenüber einer breiten Öffentlichkeit im Sinne des Strafrechts, folgende “geistreichen" Bemerkungen abgegeben: Es sei eine “hausgemachte Schweinerei", dass drei Tore der Kärntner Mannschaft wegen angeblicher Abseits aberkannt wurden. Haider forderte die für Sport zuständige Ministerin Susanne Riess-Passer auf, “einmal diese Ganoven von Schiedsrichtern, die offenbar käuflich sind, nur weil Herr Stronach mit seiner Austria unbedingt gewinnen muss, zu überprüfen". (APA0213 vom 4.11.2001)
Diese Kritik wurde vom ihm Tags darauf neuerlich bestätigt (“Meine Kritik ist deftig, aber angemessen gewesen")
Die Vizekanzlerin der Republik Österreich - und zuständige Sportministerin - Frau Riess- Passer meinte dazu, dass Sport immer mit Emotionen verbunden sei. Besonders im Fußball würden manchmal “rauhere Umgangsformen herrschen". Es sei ihr deshalb nicht klar, warum jetzt “alle so zart beseitet reagieren würden". Sie erklärte weiters, dass die Vorkommnisse während dieses Spieles ihrer Meinung nach in der Geschichte der Bundesliga einmalig wären, weil zwei Tore, die “absolut in Ordnung gewesen sind", nicht gegeben wurden.
Einzelne Fußballschiedsrichter sowie Gremien des ÖFB (z.B. Senat 4) haben diese Aussagen
aufs entschiedenste zurückgewiesen und u.a. als “Neudimension der Gewalt gegen die ohnehin ohne Lobby dastehenden Schiedsrichter" bezeichnet. Daher wurde u.a. auch ein Verfahren vor der Ethikkommission der Bundesliga eingeleitet (Anzeige wegen “unsachlicher Kritik, Beleidigung, Provokation, Gefährdung und Verletzung wichtiger Grundsätze wie Fairness und Seriosität).
Gemäß dem Bundesministeriengesetz sind Sie jener Bundesminister, der nicht nur für das Strafrecht und die Strafverfolgung, sondern auch für Recht und Gerechtigkeit im Allgemeinen am ressortzuständigsten ist.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz nachstehende
Anfrage:
1. Wie beurteilen Sie als Justizminister die Aberkennung des 1. Tores des FC Kärnten gegen Austria Wien wegen Abseits?
2. Wie beurteilen Sie als Justizminister die Aberkennung des 2. Tores des FC
Kärnten gegen Austria Wien wegen Abseits?
3. Wie beurteilen Sie als Justizminister die Aberkennung des 3. Tores des FC
Kärnten gegen Austria Wien wegen Abseits?
4. Ist Ihnen bekannt, welches Tor oder eben Nicht-Tor (1, 2 oder 3) die
Frau Vizekanzlerin als rechtmäßig wegen Abseits aberkannt ansieht?
5. Ist Ihnen als Bundesminister für Justiz bekannt, ob die Frau Vizekanzlerin
das gesamte Spiel anwesend war? Wenn ja, war sie auch immer auf Ballhöhe?
6. Welche rechtliche Qualifikation kommt der Aussage der Vizekanzlerin und
Sportministerin zu, dass zwei Tore, die “absolut in Ordnung gewesen sind" nicht gegeben wurden? Muss dieses Spiel deswegen wiederholt werden? Kommt dieser Aussage eine Bindungswirkung gegenüber den Gremien des ÖFB zu?
7. Wie lautet § 111 StGB?
8. Wie hat sich die Rechtsprechung zu diesem Paragraph in den letzten zehn Jahren
entwickelt? Welche höchstgerichtlichen Entscheidungen gibt es zu § 111 StGB?
Welche Tendenz lässt sich hinsichtlich der Rechtsprechung dabei herauslesen?
9. Geht die bisherige Judikatur davon aus, dass die Bezeichnung einer kleinen Gruppe,
deren Erkennbarkeit nicht zuletzt durch die Sportkleidung zweifelsfrei gegeben ist, als
“käufliche Ganoven" unter § 111 StGB fällt?
9. War diese Zitataussage des Kärntner Landeshauptmanns Dr. Haider durch das Recht auf
“freie Meinungsäußerung" gedeckt?
10. Kann allenfalls die Äußerung des Landeshauptmannes von Kärnten am Parteitag der
Kärntner FPÖ als “milieubedingte Unmutsäußerung" i.S. des StGB bzw. der
Rechtssprechung qualifiziert werden?
12. Sind “rauhere Umgangsformen im Fußball" - so die Rechtfertigung der
Sportministerin Riess-Passer in ihrer Wortmeldung - durch das StGB und die Rechtssprechung gedeckt? Sind bei Fußballschiedsrichtern die Grenzen zulässiger Kritik weiter gesteckt als bei anderen Privatpersonen?
13. Wenn nein, beabsichtigen Sie eine Reform der §§ 111 ff StGB?
14. Sind aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz für Betroffene (dies sind u.a.
Bundesliga Schiedsrichter) die Voraussetzungen für eine Privatanklage gegeben?
15. Welche Maßnahmen wurden bislangdurch das Justizministerium - in Abstimmung mit
den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - zur Bekämpfung des Rowdytums und
der Gewalt auf Fußballplätzen gesetzt?
16. Welche Haltung nehmen Sie selbst als Fußballfreund und Anhänger von Admira
Mödling zu den Aussagen des Landeshauptmanns von Kärnten Dr. Jörg Haider und der
Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer ein?