3083/J XXI.GP

Eingelangt am: 15.11.2001

 

 


ANFRAGE

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

betreffend Aberkennung des an Dr. Heinrich Gross verliehenen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst

Dem Psychiater und Euthanasieexperten Dr. Heinrich Gross wurde mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 5. November 1975 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse verliehen.

Dies, obwohl Dr. Gross in einem Volksgerichtsprozess im Jahr 1950 wegen Beteiligung an der Kindereuthanasie angeklagt, in erster Instanz verurteilt und das Urteil nur wegen eines Formalfehlers aufgehoben worden ist, und in der Folge eine neuerliche Anklage gegen Dr. Gross nur an dem Umstand gescheitert ist, dass die Anklagebehörde in den Dr. Gross zur Last gelegten Verbrechen nur das Faktum des (verjährten) Totschlags gegeben sah. Die Republik hat somit eine Person geehrt, gegen die von selten der Anklagebehörde immer der Verdacht des (verjährten) Totschlags gegeben war und die wegen ihrer Beteiligung an der Kindereuthanasie nach der Verleihung des Ehrenzeichnes auch mehrmals im Zentrum öffentlicher Diskussionen war. Dr.  hat außerdem unseres Wissens mit den Gehirnpräparaten der ermordeten Kinder wissenschaftliche Forschung betrieben und auch versucht, seine Habilitationsschrift auf diese Arbeiten zu stützen.

Sowohl in der Beantwortung der parlamentarische Anfrage 3799/J, XX. GP des Abgeordneten Öllinger an den damaligen Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr als auch in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 2051/J, XXI. GP des Abgeordneten Brosz wurde darauf verwiesen, dass das Bundesgesetz vom 25. Mai 1955 über die Schaffung des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst und eines Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst keine Aberkennung vorsieht.

Im Rahmen der Nationalratssitzung am 23. 10. 2001 wurde im Zusammenhang mit dem Antrag der Abgeordneten Dr. Khol, Ing. Westenthaler betreffend eines Bundesgesetzes über die Verleihung von Bundesehrenzeichen ein 4-Parteien-§ 27-Antrag zur Änderung des Bundesgesetzes vom 25. Mai 1955 über die Schaffung eines Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst und eines Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst einstimmig beschlossen. Diese Änderung sah die Einfügung des folgenden Paragraphen vor:

"§ 8a. Werden später Tatsachen bekannt, die einer Verleihung entgegengestanden wären oder setzt der oder die Beliehene nachträglich ein Verhalten, das einer Verleihung entgegenstünde, so ist das Ehrenzeichen bzw. das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst abzuerkennen."


In der Begründung des Antrags hieß es: "Diese Aberkennungsmöglichkeit sollte, wie Vorkommnisse der Vergangenheit gezeigt haben - insbesondere die bisherige Unmöglichkeit, Heinrich Grass, der während des Nationalsozialismus Arzt am "Spiegelgrund" war, sein Ehrenzeichen abzuerkennen - unbedingt auch im Bundesgesetz über die Schaffung eines Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst und eines Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst verankert werden."

In der Vergangenheit wurde seitens des Bundesministeriums wiederholt klargestellt, dass eine Aberkennung angestrebt wird. In einem Antwortschreiben an Überlebende des Spiegelgrundes hieß es: "Zusammenfassend kann ich Ihnen jedenfalls versichern, dass vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur alles getan wird, um - selbstverständlich unter Beachtung rechtsstaatlicher Voraussetzungen und Verfahren - eine Aberkennung der an Herrn Dr. Heinrich Gross verliehenen Auszeichnung zu erreichen."

In einem Antwortschreiben an den Klubobmann der Grünen Penzing, Wolfgang Krisch, vom 20. 12. 2000 schrieb Ministerin Gehrer: "Was die Frage der Auszeichnung für Wissenschaft und Kunst betrifft, so halte ich es ebenso wie der Herr Bundespräsident angesichts der in jüngster Zeit bekannt gewordenen Fakten über die in der Zeit des NS - Regimes an der Klinik am Spiegelgrund gehandhabten menschenverachtenden Euthanasiepraktiken nicht für angebracht, dass Dr. Gross eine der höchsten Auszeichnungen besitzt, die die Republik Österreich für auf wissenschaftlichem Gebiet erbrachte Leistungen zu vergeben hat. Wären die vorliegenden Fakten bereits 1975 bekannt gewesen, so denke ich, hätte man wohl von vornherein von der Verleihung einer derartigen Auszeichnung an Dr. Gross Abstand genommen."

Genau auf dieses spätere Bekanntwerden von Tatsachen, die einer Verleihung entgegengestanden wären, zielt die nunmehr erfolgte Gesetzänderung ab. Einer Aberkennung steht daher nichts mehr im Wege.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.  Werden Sie nach Inkrafttreten der erfolgten Gesetzesänderung umgehend die Aberkennung der an Dr. Heinrich Gross verliehenen Auszeichnung vorantreiben?

2.   Bis wann ist mit der Aberkennung zu rechnen?