3234/J XXI.GP
Eingelangt am: 13.12.2001
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Maier
und Genossinnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend “Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen"
Mit Erkenntnis vom 16.3.2000, G
312/97 u.a., hat der VfGH die Wortfolge “von
50.000" in § 39 Abs. 1 lit a Abfallwirtschaftsgesetz 1990 als
verfassungswidrig
aufgehoben. Die genannte Bestimmung sah
für bestimmte
Verwaltungsübertretungen nach dem AWG einen Strafrahmen von S
50.000,-
(€ 3.633,64)
bis S 500.000,- (€36.336,42) vor; S 50.000- waren als Mindeststrafe
vorgesehen.
Der antragstellende UVS Tirol
vermeinte, einen Verstoß gegen Art. 91 B-VG zu
erblicken, demzufolge nach der Rechtsprechung des VfGH ab einer gewissen
Höhe
der Strafdrohung ein Strafverfahren in die gerichtliche Zuständigkeit
überwiesen
werden müsse. Die in § 39 AWG vorgeschriebene Mindeststrafe
überschreite diese
Grenze.
Der ebenfalls antragstellende VwGH
betonte, die angefochtene Norm stehe im
Widerspruch zu § 19 Abs. 2 VStG, wonach bei der Strafzumessung auch die
Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu
berücksichtigen seien. Im
Vergleich zu anderen verwaltungsstrafrechtlichen Tatbeständen ergebe sich
eine
nicht zu rechtfertigende
Ungleichbehandlung.
Die Bundesregierung entgegnete
damit, dass es sich um unterschiedliche
eigenständige Ordnungssysteme - Verwaltungs- und gerichtliches Strafrecht
-
handelt, die nur in sich sachlich gerechtfertigt sein müssen. Die
Strafbemessung sei
aus generalpräventiven Gründen erforderlich, wobei aber auch die
Strafbemessungskriterien des § 19 nicht ausgeschaltet werden und im
übrigen zielen
diese ausschließlich auf Unternehmer
ab.
Der VfGH sprach aus, dass es
grundsätzlich zulässig sei, bei der Normierung der
Strafhöhe gem. § 19 Abs. 1 VStG den Strafzweck besonders zu
berücksichtigen. Der
Schutz der Umwelt sei ein berechtigtes Anliegen, jedoch könne die
erforderliche
Präventivwirkung auch ohne die derzeitigen Mindeststrafe durch Ausnutzen
des
Strafrahmens erfolgen. Eine Beschränkung der Strafdrohung auf Unternehmen
-
welche die Strafhöhe rechtfertigen könnte - gehe aus der
Gesetzesbestimmung nicht
klar hervor. Eine Gesetzesbestimmung, die wegen ihrer inhaltlichen
Unbestimmtheit
nicht auf ihre Gleichheitskonformität überprüft werden
könne, sei gleichheitswidrig.
Die angefochtene Norm lasse eine ausreichende Klarheit vermissen, insbesondere
was ihre angebliche Einschränkung auf gewerbsmäßig tätige
Abfallsammler und
Abfallbehandler betreffe.
Die
Mindestgeldstrafe sei daher jedenfalls überschiessend und insofern
sachlich nicht zu rechtfertigen und verstoße somit gegen das
Gleichheitsgebot.
Aus aktuellen Gründen sei
darauf hingewiesen, dass durch den VfGH ausschließlich
die Mindestgeldstrafe im AWG auf Grund des Verstoßes gegen das
Gleichheitsgebot
aufgehoben wurde, nicht jedoch den
Strafrahmen an sich, nämlich u.a. auch
Geldstrafen bis S 500.000,- (€ 36.336,42) verhängen zu
können. Mindestgeldstrafen
werden aus generalpräventiven Gründen in sensiblen Rechtsmaterien
für notwendig
angesehen.
In der laufenden
politischen Diskussion werden auch von Vertretern der
Bundesregierung immer wieder “Mindest(geld)strafen"
gefordert (z.B.
Lebensmittelsicherheit). Auch im Rahmen der Europäischen
Strafrechtsharmonisierung werden ebenfalls immer wieder
“Mindest(geld)strafen"
gefordert.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an das betreffende Mitglied der
Bundesregierung nachstehende Anfrage:
1. Ist Ihnen diese VfGH - Entscheidung bekannt?
2.
Welche Maßnahmen haben Sie aufgrund dieser Entscheidung bislang seit
März
2000 ergriffen?
3. In welchen Ihrem Ressort zugeordneten Rechtsmaterien, die durch Ihr
Ministerium bzw. im
Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung zu vollziehen
sind, sind “Mindest(geld)strafen"
vorgesehen (ersuche um Auflistung der
Rechtsmaterien und jeweiligen Angabe der Mindest(geld)strafen)? Welche
davon
aufgrund Europäischer Vorgaben?
4. Wenn ja, halten Sie diese “Mindest(geld)strafen" für angemessen?
5.
Welche Höchststrafen sind in den Ihrem Bundesministerium zugeordneten
Rechtsmaterien (die durch Ihr Ministerium bzw. im Rahmen der mittelbaren
Bundesverwaltung zu vollziehen sind) vorgesehen (ersuche um Auflistung der
Rechtsmaterien und der jeweiligen Angaben der Höchst(geld)strafen)?
6. Halten Sie die Strafandrohungen (Strafrahmen) für angemessen?
7. Wenn nein, werden Sie diesbezügliche Änderungen vorschlagen?
8. Wenn ja, in welchen Rechtsmaterien?
9.
In welchen Europäischen Rechtsakten, die Ihrem Ressort zuzuordnen sind,
wurden “Mindest(geld)strafen" festgelegt? In welchen Rechtsmaterien
ist mit
derartigen in der nächsten Zeit zu rechnen?