3290/J XXI.GP
Eingelangt am: 22.01.2002
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Duldung von Missständen in Schlachthöfen
Im Krone-Interview vom 23.12.01 kündigen Sie an, mit
aller Härte gegen die Fleisch-
Mafia und deren Handlanger vorgehen und überraschende Kontrollen
durchführen
zu wollen. Ferner bieten Sie all jenen Tierärzten Polizeischutz an, die
gegen das
internationale Kartell auspacken wollen.
Da seit Jahren von Tierärztinnen auf die
Missstände auf den österreichischen
Schlachthöfen hingewiesen wird und entsprechende Maßnahmen bisher
immer
verweigert wurden, besteht die Befürchtung, dass es wieder nur bei einer
Ankündigungspolitik bleiben wird. Zu begründen ist dies damit, dass
bisher
Schlachthoftierärzte,
die Mängel aufzeigten, oft strafversetzt, entlassen, in ihrer
Tätigkeit eingeschränkt oder in Pension geschickt wurden. Wie lange
die Missstände
schon zurückreichen, das beweist das Beispiel eines steirischen
Tierarztes, der seit
Mitte der achtziger Jahre die
Behörden regelmäßig über Missstände auf den
Schlachthöfen informiert hatte, mit dem Ergebnis, dass all seine Schreiben
ohne
Konsequenzen blieben und er schließlich frühpensioniert wurde.
Auch junge Tierärzte und -ärztinnen haben von
fürchterlichen Misshandlungen von
Tieren berichtet, die sie während ihres sechswöchigen Turnusdienstes
miterleben
mussten. In anderen Fällen wurden Fleischuntersuchungstierärztinnen,
die auf
fleischuntersuchungsrechtliche und tierschutzrechtliche Vergehen (Schweine, die
im
Brühwasserbottich noch leben, schlecht betäubte Rinder, die an den
Hinterbeinen
bereits aufgehängt noch einmal erwachen) hingewiesen haben, wurden der
Fleischbeschau z.B. dadurch enthoben, dass die Ausübung der
Fleischbeschau-
Tätigkeit nur noch an Tagen ermöglicht wurde, an denen keine
Schlachtungen
stattfanden, wodurch sie erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen mussten.
Ebenso wurden einem engagierten Kontrollarzt aus NÖ
(Unterstinkenbrunn) mit
Billigung des Landes NÖ die Existenzgrundlage entzogen, weil er es gewagt
hatte,
bei Schlachttier- und Fleischuntersuchungen die Einhaltung gesetzlicher
Bestimmungen einzufordern. Ihn und weitere 15 KollegInnen hat man ihrer
Ämter
enthoben. Mittlerweile hat man die missliebig gewordenen
Fleischuntersucherinnen
mit Hilfe der Gemeinde und
des AMS durch vormals arbeitslos gemeldete
Tierärztinnen ersetzt. Letztere hatten durchwegs keine Dienstorte bei
ihrer Kammer
gemeldet und verfügten
überdies über keine Tierärzteausweise. Der Betreiber des
betroffenen Schlachthofes sitzt im Gemeinderat und hat sich seine derzeitigen
KontrollorInnen somit gleich selbst ausgesucht, indem diese von der Gemeinde
bestellt worden sind.
Ferner wurde bereits im Mai 2001 mittels einer
Filmdokumentation der grauenvolle
Umstand evident, dass Rinder auf österreichischen Schlachthöfen noch
lebend
bereits aufgeschnitten und verarbeitet werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wieviele
"Überraschungskontrollen" auf den österreichischen
Schlachthöfen
wurden bisher durchgeführt und welche Missstände wurden dabei
festgestellt?
2. In Österreich gibt es
derzeit Kontrollen von Schlachtbetrieben nach § 17 FUG
(BGBI. 1982/522 idgF) durch die dort tätigen
Fleischuntersuchungstierärzte und
nach § 16 FUG durch den Landeshauptmann (Amtstierärzte). Wird es zu
einer
flächendeckenden, unabhängigen Kontrolle der Schlachthöfe
kommen? Wenn ja,
wie wird diese organisiert und welchen Plan gibt es dazu? Wenn nein, womit
begründen Sie trotz der
aufgetretenen Missstände mit den o.g. Kontrollen das
Auslangen finden zu können?
3. Gab oder gibt es eine
Anlaufstelle in Ihrem Ministerium für Beschwerden von
Schlachthoftierärztlnnen,
wurden bzw. werden diese dokumentiert und inwiefern
wurde und wird solchen
Beschwerden nachgegangen?
4. Wieviele und welche Beschwerden seitens
der Fleischbeschauenden und der
Amtstierärzte wurden bisher seitens Ihres Ressorts entgegengenommen (bitte
auch um Angaben über den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerden, um
welches Bundesland und um welchen Bezirk es sich handelt)?
5. Inwiefern werden Sie - wie Sie
angekündigt haben - die Veterinärinnen schützen,
die sich jetzt an die Öffentlichkeit wagen?
6. Warum haben Sie bisher nichts dagegen
unternommen, dass Tierärztinnen und
Fleischuntersuchungsorgane,
die ihrer Pflicht nachgekommen sind und
Missstände aufgezeigt haben, ignoriert, benachteiligt, gekündigt oder
in
Frühpension geschickt
wurden?
7. Was werden Sie unternehmen, damit es
hinkünftig nicht mehr vorkommt, dass
der Behörde missliebige Fleischuntersuchungstierärzte aufgrund von
Unstimmigkeiten zwischen diesen und bestimmten Schlachtbetrieben durch eine
Aufteilung der Arbeit de facto ihrer Beauftragung enthoben werden, indem sie
zur
Fleischuntersuchung nur an jenen Tagen eingesetzt werden, an denen keine
Schlachtungen durchgeführt werden?
8. Im Bundesland Vorarlberg gibt es
das Konzept, dass hinkünftig ein als Controller
tätiger tierärztlicher Nutztierpraktiker keine amtlichen Agenden und
Beleihungen
in seinem Praxisgebiet mehr ausüben darf. Was werden Sie unternehmen, damit
dieses Konzept in ganz Österreich umgesetzt wird?
9. Werden Sie unabhängige
Tierschutzinspektorlnnen, die aufgrund ihrer fachlichen
Qualifikation geeignet sind (beispielsweise einschlägig im Bereich
Tierschutz
tätige, von den Tierschutzorganisationen nominierte Personen), auf den
Schlachthöfen zulassen? Wenn ja, wieviele sollen bestellt werden und unter
welchen Bedingungen sollen sie die Kontrollen durchführen? Wenn nein,
warum
nicht und wie werden Sie sonst unter den gegebenen Bedingungen sicherstellen,,
dass Tierschutznormen eingehalten werden?
10. Wie wird derzeit kontrolliert, unter
in welchem Zustand die Tiere den Schlachthof
erreichen und wie wird
sichergestellt, dass sie sich von den Belastungen des
Transportes sowie des Be- und Entladens erholen können?
11. Wer kontrolliert derzeit die baulichen
Ausführungen des Treibweges sowie den
Betäubungs- und Schlachtvorgang, wo wird dies dokumentiert und welche
Berichte gibt es darüber?
12.Was werden Sie unternehmen, dass die
Vorrichtungen auf den Schlachthöfen
(Geräte, Ausrüstung und Anlagen für die Betäubung und
Tötung der Tiere) den
tierschutzrechtlichen
Bestimmungen entsprechen?
13. Wie stellen Sie sicher bzw. was werden
Sie unternehmen, damit das gesamte mit
der Schlachtung beauftragte
Personal über die erforderliche Eignung und die
erforderlichen Fähigkeiten verfügt?
14. Welche Maßnahmen haben Sie
aufgrund der Filmdokumentation von einem
österreichischen Schlachtbetrieb (sie wurde Ihnen im Mai 2001
vorgeführt), bei
der Rinder noch lebend bereits aufgeschnitten und verarbeitet wurden, getroffen
und was hat sich bisher nachweislich verändert?
15. In § 8.
Geflügelfleischuntersuchungsverordnung (BGBI. 1994/404 idgF) sind die
Beschauzeiten für
Geflügelschlachtungen geregelt. Erachten Sie die
Beschauzeiten von 6 Sekunden
pro Pute und 3 Sekunden pro Huhn für
ausreichend, um parallel zur
Schlachttieruntersuchung die ordnungsgemäße und
tierschutzgerechte Abladung der Tiere in dieser Geschwindigkeit überwachen
zu
können?
16. Sowohl gem.
Geflügelfleischuntersuchungsverordnung (BGBI. 1994/404 idgF) als
auch gem. Geflügelfleisch-Hygieneverordnung (BGBI. 1994/403 idgF) ist in
Österreich die Erzeugung
von Stopflebern und das Schlachten von solcherart
gemästeten Tieren möglich. Beabsichtigen Sie diese
tierquälerische Art der
Tiermast weiterhin gesetzlich
zu tolerieren, und wenn ja, warum?
17. Beabsichtigen Sie der europaweiten
Tendenz zu folgen, im Angesicht
überbordender Fleisch-, v.a. aber Tierschutzskandale in Schlachtbetrieben
hochqualifizierte tierärztliche Fleischuntersucher zunehmend durch
Untersuchungstechniker zu ersetzen?