3343/J XXI.GP

Eingelangt am: 30.01.2002

ANFRAGE

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde


an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

betreffend GVO-Verunreinigungen von Saatgut II

Seit Beginn 2002 gilt in Österreich ein Grenzwert für Verunreinigungen von Saatgut
mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO). "Zufällig" oder auf technisch "nicht
vermeidbare" Weise entstandene Verunreinigungen von Saatgut nicht gentechnisch
veränderter Sorten mit GVO dürfen demnach in der Erstuntersuchung in Verfahren
nach dem Saatgutgesetz 1997 nicht vorhanden sein und bei der Nachkontrolle im
Rahmen der Saatgutverkehrskontrolle den Wert von 0,1% nicht überschreiten. Dies
gilt für konventionelles und für Bio-Saatgut. Bei der endgültigen Verordnung wurde
zwar der GVO-Grenzwert für konventionelles Saatgut, der im Verordnungsentwurf
bei 0,5% angesetzt war, auf 0,1% herabgesetzt, dennoch ist die Einführung von
Grenzwerten für gentechnische Verunreinigungen sehr problematisch, weil dadurch
eine ständige Kontamination der Felder möglich und damit ein Prozess eingeleitet
wird, der irreversibel ist, wobei die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit noch
nicht ausreichend bekannt sind. Für den Biolandbau, der sich der gentechnikfreien
Produktion verschrieben hat, bedeutet dies eine Existengefährdung.

Besonderes Augenmerk muss auch auf die in Österreich oder in der EU nicht
zugelassenen GVO
gerichtet werden, da deren Auswirkungen auf Gesundheit und
Umwelt nicht untersucht wurden und sie daher ein besondere Risiko darstellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Welchen Untersuchungsplan von Saatgut auf GVO gibt es für die Anbausaison
2002 und 2002/2003 und wie sieht er im Detail aus? Was sind die Kriterien der
Proben- bzw. Partieauswahl? Welche Pflanzenarten sind in diesen
Untersuchungsplan miteinbezogen?

2. Wie wird zeitlich und organisatorisch sichergestellt, dass für die Anbausaison
2002 sämtliches Saatgut in Österreich dieser Verordnung entspricht und wie wird
sichergestellt, dass die Untersuchungsergebnisse noch vor der Inverkehrbringung
bzw. Aussaat vorliegen?

3.   Wie ist seit Inkrafttreten der Saatgut-Gentechnik-Verordnung die
Kompetenzverteilung zwischen BMSG und BMLFUW geregelt? Wer ist
zuständig, wenn Verunreinigungen über 0,1% vorliegen?


4. Gelten die Verbotsverordnungen It. Gentechnikgesetz BGBI. II Nr. 45/1997,
BGBI. II Nr. 175/1999 und BGBI. 120/2000, wonach die Inverkehrbringung
bestimmter GVO-Konstrukte verboten ist, nach wie vor bzw. wie sind diese
Verbotsverordnungen mit der Saatgut-Gentechnik-Verordnung vereinbar (gilt für
diese GVO-Konstrukte weiterhin Null-Toleranz oder der Grenzwert von 0,1%)?

5. Der Verordnungsentwurf enthielt eine Reihe von Vorschriften, die in der gültigen
Saatgut-Gentechnik-Verordnung nicht mehr enthalten sind. Wie begründen Sie,
dass die Verordnung jetzt für weniger Arten gilt (§2 im Entwurf), dass keine
genauen Vorschriften bezüglich der Saatgutvermehrung (§4 im Entwurf) mehr
gemacht werden und dass Saatgut für Züchtungs-, Forschungs- und
Ausstellungszwecke, Versuchssaatgut bzw. die Einfuhr von Saatgut nicht mehr
explizit erwähnt wird (ehemals §5)?

6.   Laut § 4 (1) Saatgut-Gentechnik-Verordnung hat der Antragsteller der
Saatgutanerkennungs- oder Sortenzulassungsbehörde die Einhaltung der
Anforderungen dieser Verordnung schriftlich zu bestätigen. Welche
Anforderungen werden an das Zertifikat gestellt, das der Antragsteller im
Rahmen der Zulassung erbringen muss? Wie wird die Korrektheit dieser
Angaben überprüft und wie viele diesbezügliche Untersuchungen seitens der
Saatgutanerkennungs- und Sortenzulassungsbehörde sind für 2002 geplant (bitte
um detaillierte Angaben)?

7. Wie viele Kontrolluntersuchungen des Saatgutes auf GVO wurden im Zuge des
Zertifizierungs-, Zulassungs-, Import- und Kontrollververfahren in der
Anbausaison 2001 insgesamt gemacht und was war das Ergebnis bisheriger
Untersuchungen (bitte um Angaben von Sorte, Chargennummer, Chargengröße,
aus welchen Ländern, ob in Verkehr gebracht oder nicht, ob Basis oder Z-
Saatgut)?

8.   Welche Saatgut-Sorten, -partien und -mengen, waren nach den
Untersuchungsergebnissen im Jahr 2001 insgesamt von GVO-Verunreinigungen
betroffen (bitte auch um Angabe, ob es sich um Basis- oder Z-Saatgut handelt),
welche davon wurden in Verkehr gebracht, aus welchen Ländern wurden sie
importiert, wie hoch war die Kontaminationsgrad und um welche Konstrukte
handelte es sich?

9.  Wieviele Felduntersuchungen von Saatgut im Hinblick auf die Sortenreinheit und
GVO wurden 2001 gemacht, was war das Ergebnis dieser Untersuchungen und
wieviele diesbezügliche Untersuchungen sind für 2002 geplant?

10.Werden Sie künftig die gesamten Untersuchungsergebnisse von Saatgut auf
GVO in Österreich öffentlich bekannt geben (Sorten, betroffene Chargen,
Konstrukte, Kontaminationsgrad, Erzeugerland und Herstellerfirmen)? Wenn ja,
wo und in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?

11.Werden Herstellerfirmen, deren Produkte entgegen ihren Angaben über den
vorgegebenen Grenzwert hinaus GVO enthalten, nun bekanntgegeben? Wenn
nein, warum nicht und welche Maßnahmen werden sonst getroffen, wenn die
Angaben der Hersteller sich als unrichtig erweisen?


12.Welche Maßnahmen sind geplant, wenn nach der Aussaat eine Verunreinigung
von über 0,1% festegestellt wird?

13.Saatgut, das mit nicht zugelassenen GVO bzw. nicht identifizierbaren Events
verunreinigt ist, darf nicht in Verkehr gebracht werden. Welche Anweisungen
haben die zuständigen Behörden, wenn bei einer Kontrolluntersuchung
Verunreinigungen mit nicht zugelassen GVOs nachgewiesen werden (vor und
nach der Inverkehrbringung)?

14.Was werden Sie unternehmen, damit von den Firmen, die GVO weltweit
vermarkten, geeignete Standardmuster zwingend zur Verfügung gestellt werden,
damit die Nachweisführung auf GVO überhaupt ermöglicht werden kann?

15.Planen Sie zur Vermeidung der ständigen Kontamination von Saatgut
systematische Maßnahmen wie Monitoring und Prozesskontrolle? Wenn ja,
welche, wenn nein, wie begründen Sie das? Was unternehmen sie über die
Saatgut-Gentechnik-Verordnung hinaus, um die Produktion von gentechnik-
freiem Saatgut sicherzustellen und zu fördern?

16.Ist die Einrichtung von geschlossenen gentechnikfreien Anbaugebieten geplant?
Wenn ja, welche Maßnahmen sind im Detail geplant? Wenn nein, warum nicht?

17.Stimmt es, dass die Saatgut-Gentechnik-Verordnung nur für in Österreich
zertifiziertes bzw. zugelassenes und in Verkehr gebrachtes Saatgut gilt und für
den unmittelbaren Bezug von Saatgut durch den Landwirt aus anderen EU-
Mitgliedstaaten keine Anwendung findet? Wenn ja, wie gedenken Sie diese
Lücke zu schließen?

18.Wer haftet für die Inverkehr- und Ausbringung von Saatgut, das entgegen den
Vorschriften einen Wert von mehr als 0,1% aufweist?

19.Wer haftet für die Inverkehrbringung und Ausbringung von Saatgut, das mit in
Österreich und der EU nicht zugelassenen GVO kontaminiert ist?

20.Wieviele Bäuerinnen und Bauern waren 2001 von der Inverkehrbringung von
gentechnisch verunreinigtem Saatgut betroffen? Wieviele davon mußten ihre
Ernte vernichten? Wieviele davon wurden entschädigt? Wurden alle Bäuerinnen
und Bauern, die von der Inverkehrbringung von gentechnisch verunreinigtem
Saatgut betroffen waren und ihre Ernte vernichten mußten, entschädigt?

21.Wie hoch waren die Entschädigungszahlungen pro ha und insgesamt und von
wem wurden die Entschädigungszahlungen entrichtet? Wurden die betroffenen
Firmen zu Entschädigungszahlungen herangezogen und wenn ja, in welcher
Höhe, nein, warum nicht? Wie viel Hektar von welchen kontaminierten Sorte und
Chargen wurden in welchem Bundesland beseitigt und wer beteiligte sich jeweils
an den Beseitigungskosten?

22. Wie hoch waren die Strafen für die Firmen, die illegales Saatgut auf den Markt
brachten bzw. was haben die gerichtlichen Verfahren ergeben?


23.Wie wird sichergestellt, dass neue Forschungsergebnisse und Entwicklungen
(Gefahr der Verunreinigung bei weiteren Arten, verbesserte Analysemethoden
etc.) wahrgenommen und die gesetzlichen Maßnahmen dem jeweils aktuellen
Stand des Wissens angepasst werden?

24.Das Biosafety-Protokoll (bzw. Cartagena-Protokoll), das eine gewisse Sicherheit
im grenzüberschreitenden Verkehr und der Handhabung von GVO bietet, kann
erst nach der Ratifikation durch mindestens 50 Staaten in Kraft treten. Sie haben
angekündigt, dass eine Ratifzierung durch Österreich bis Jänner 2002 angestrebt
wird. Warum ist diese Ratifizierung durch Österreich noch nicht erfolgt?

25.Auf EU-Ebene wird dzt. ebenfalls über eine Richtlinie zur Regelung von
gentechnischen Saatgutverunreinigungen diskutiert. Wie bringt Österreich seine
Position auf EU-Ebene ein und welche Position wird vertreten?