3344/J XXI.GP

Eingelangt am: 30.01.2002

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Dr. Madeleine Petrovic und GenossInnen
an den Bundesminister für Justiz


betreffend Verwendung der Prozessgelder in Diversionsverfahren für Opferschutz-
einrichtungen

Mit der Strafprozeßnovelle 1999 wurde ein justizpolitischer Meilenstein endlich Wirklichkeit. Im
Rahmen dieser StPO-Novelle wurden sowohl die Möglichkeit zum Rücktritt von der
Strafverfolgung nach Zahlung eines Geldbetrages (Diversion) als auch die Leistung gemeinnütziger
Leistungen und der Außergerichtlichtliche Tatausgleich (ATA) eingeführt.

Gleichzeitig war aber allen damals politisch Verantwortlichen klar, daß parallel dazu der
Opferschutz - insbesondere zum Schutz von Frauen und Kindern - ausgebaut werden muß. Daher
wurde im Artikel
VI der StPO-Novelle 1999 festgelegt, daß Einrichtungen, die Opfer strafbarer
Handlungen unterstützen und betreuen, vom Bund zu fordern sind. Dazu stand laut Auskunft der
damals an den Verhandlungen beteiligten Organisationen die Zusage im Raum, daß die Einnahmen
aus der Diversion - bzw. zumindest Teile davon - für den Opferschutz zweckgewidmet sind. Davon
ist nun offensichtlich von Seiten des Bundesministeriums für Justiz nicht mehr die Rede, sodaß
möglicherweise nicht genügend Geldmittel für alle Opferschutzeinrichtungen zur Verfügung stehen.

Darüberhinaus ergeben sich für die Opferschutzeinrichtungen bei der Abrechnung der Gelder
weitere Probleme: Die Unterstützung von Opfern strafbarer Handlungen wird insbesondere von
Frauenhäusern, Interventionsstellen gegen Gewalt und Organisationen zur Prozessbegleitung für
sexuell mißbrauchte Kinder und Jugendliche durchgeführt. Diese können zwar seit Anfang des
Jahres 2000 beim Bundesministerium für Justiz Förderungen beantragen, die aber jeweils nur für
einen konkreten Einzelfall gewährt werden. Das bedeutet praktisch, daß jeder einzelne
Betreuungsfall bzw. jede einzelne Prozeßbegleitung mittels Erhebungsbogen einzeln (und
stundenweise) abgerechnet werden muß. Gefordert werden dabei nur die Kosten der
psychotherapeutischen und juristischen Opferbegleitung, nicht jedoch der dahinterstehende
organisatorische und administrative Aufwand.

Daher entsteht jenen Organisationen, die solch eine Prozessbegleitung für Opfer von Straftaten
durchführen, ein erheblicher administrativer Aufwand (Terminvereinbarung, Basisinfrastruktur,
Abrechnungsmodalitäten und Evaluierung) und daher Kosten für Tätigkeiten, die nicht unmittelbare
Prozessbegleitung darstellen, wobei diese Kosten vom Bundesministerium für Justiz nicht ersetzt
werden. Den unterzeichneten Abgeordneten ist bekannt geworden, daß daher die Interventionsstelle
gegen Gewalt in Oberösterreich ihre Tätigkeit im Bereich der Prozeßbegleitung wieder eingestellt
hat. Daher besteht die Gefahr, daß Opfer von Gewalttaten überhaupt keine Hilfestellung und
Betreuung mehr erhalten. Dies ist natürlich ein unhaltbarer Zustand.

Des weiteren war im Zuge der Beschlußfassung über die Strafprozeßnovelle 1999 von Seiten des
Justizministeriums beabsichtigt, die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden und den
Opferschutzeinrichtungen zu intensivieren. Entsprechende Verweise finden sich auch im
Ausschußbericht (1615 d.B.
XX. GP / Bemerkungen zum außergerichtlichen Tatausgleich).


Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.        a) Wie hoch sind die Gesamteinnahmen aus der sogenannten “Diversion" seit deren
Einführung (bitte um Aufschlüsselung nach Kalenderjahren)?

b)   Wie   hoch   war   gleichzeitig   der   Einnahmenentfall   wegen   des   Wegfalls   der
Strafverfügungen?

2.      a) Wie hoch sind die Mittel, die dem Bundesministerium für Justiz von Seiten des
Bundesministeriums für Finanzen zum Zwecke der Förderung von
Opferschutzeinrichtungen zur Verfügung gestellt wurden (bitte um Aufschlüsselung nach
Kalenderjahren)?

b) Wofür wurden diese Mittel im Bundesministerium für Justiz verwendet? (bitte um
Aufschlüsselung nach Kalenderjahren und um Bezeichnung der in jedem Kalenderjahr
geförderten Organisationen sowie die Zahl der bei jeder Organisation geförderten
Betreuungsfalle)?

c) Besteht von Ihrer Seite die politische Absicht, Subventionen in der Größenordnung aller
Gesamteinnahmen aus der Diversion für die Opferschutzeinrichtungen aufzuwenden, wie
das im Rahmen der StPO-Novelle 1999 ursprünglich geplant war? Werden Sie von Ihrer
Seite gegenüber dem Bundesminister für Finanzen für solch eine Vereinbarung eintreten?

3.        a) Warum werden den Opferschutzeinrichtungen nur die Kosten für Prozessbegleitung, nicht
aber die Kosten für die Administration der vielen Einzelabrechnungen (Evaluierung) und die
dahinterstehende Infrastruktur ersetzt? Ist Ihnen bekannt, daß dadurch die Betreuung der
Opfer von Straftaten teilweise gefährdet ist?

b) Hat tatsächlich die oberösterreichische Interventionsstelle gegen Gewalt die Arbeit im
Zusammenhang mit der Prozessbegleitung zurückgelegt, weil der administrative und
personelle Aufwand zu hoch wurde und weil diese Kosten vom BMJ nicht übernommen
wurden? Wenn ja: Was gedenken Sie zu tun, um auch in Oberösterreich weiterhin eine
Prozessbegleitung für die Opfer von Gewalttaten sicherzustellen?

c) Was werden Sie tun, um in Zukunft diesen unhaltbaren Zustand abzustellen und eine faire
Abgeltung der hinter den Beratungsgesprächen stehenden Administration (sog.
Overheadkosten) zu gewährleisten?


4.       a) Durch welche konkreten Maßnahmen wurde die Zusammenarbeit zwischen
Justizbehörden und den Opferschutzeinrichtungen seit 1.1.2000 intensiviert (Bitte um
detailierte Auflistung)?

 

b) Wann und bei welchen Gelegenheiten wurde vom Bundesministerium für Justiz seit
1.1.2000 die fachliche Unterstützung der Opferschutzeinrichtungen in Anspruch
genommen?

c) Welche konkreten Maßnahmen betreffend die Verbesserung der Zusammenarbeit
zwischen Justizbehörden und den Opferschutzeinrichtungen sind seitens Ihres Ministeriums
für das Jahr 2002 geplant?