3353/J XXI.GP

Eingelangt am: 31.01.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima


und GenossInnen

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend die Aufhebung des Atomstromimports aus Drittländern nach Österreich

Per 1. Jänner dieses Jahres ist das Importverbot für Strom aus der Slowakei, Slowenien,
Ungarn und Polen aufgehoben. Bisher war ein Stromimport aus den genannten Staaten laut
Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) in der Fassung des Artikel 7 des
Energieliberalisierungsgesetzes, § 13 Abs 1, nicht gestattet, denn das Gesetz sieht vor, dass
“Stromlieferungsverträge, die den Bezug von elektrischer Energie zur inländischen
Bedarfsdeckung aus Drittstaaten zum Gegenstand haben, die zur Deckung ihres Bedarfs auch
in Anlagen erzeugt werden, die nicht dem Stand der Technik entsprechen oder von denen eine
unmittelbare oder mittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von im Staatsgebiet
befindlichen Menschen, Tieren und Pflanzen ausgeht oder die nicht den Nachweis der
ordnungsgemäßen Entsorgung bei der Erzeugung elektrischer Energie anfallenden Abfälle
erbringen und kein Konzept für künftig aus der Erzeugung anfallende Abfälle erstellen"
unzulässig sind. Mit der Begründung des “vorläufigen Abschluss des Energiekapitels" mit
den genannten EU-Beitrittsländern darf per 1.1.2002 Strom nach Österreich importiert
werden, obwohl sich die Situation hinsichtlich AKW-Sicherheit und Entsorgung nuklearer
Abfälle bis zum heutigen Zeitpunkt nicht verändert hat.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für wirtschaftliche
Angelegenheiten nachstehende

Anfrage:

1)   Halten Sie die Aufhebung des Stromimportverbots aus der Slowakei, Ungarn,

Slowenien und Polen angesichts des Zustands der Atomanlagen in diesen Ländern für
gerechtfertigt?

2)  Wenn ja, warum?

3)   Die Aufhebung des Importverbots steht in klarem Wiederspruch zum ElWOG, das im
§ 13 klar regelt, das Stromimporte aus Drittstaaten mit Anlagen, die nicht dem Stand
der Technik entsprechen, zu untersagen sind. Fühlen Sie sich nicht an die
Bestimmungen des ELWOG gebunden?

4)   Oder sind Sie der Meinung, daß es sich bei Bohunice, Mochovce, Krsko und Paks um
Anlagen handelt, die dem Stand der Technik entsprechen?

5)  Was hat sich zwischen Verhängung des Importverbots und seiner Aufhebung per 1.
Jänner 2002 hinsichtlich AKW-Sicherheit und Entsorgung nuklearer Abfälle in den
genannten Staaten konkret verändert/verbessert?


6)  Was hat sich zwischen der Veröffentlichung der Verordnung zum § 13 im Oktober
2001, der jene Staaten auflistet, aus denen ein Stromimport nach Österreich verboten
ist, der Verlängerung der Verordnung" per Anfang Dezember und schliesslich und
dem neuerlichen Erlassen besagter Verordnung per 1. Jänner 2202 geändert, wodurch
Stromimporte aus genannten Drittstaaten plötzlich zulässig sind?

7)   Sind die Schliessungspläne für das AKW Bohunice, das unbestritten zu den
gefährlichsten Atomkraftwerken der Welt zählt, für 2006/2008 ausreichend, um
dennoch bereits zum jetzigen Zeitpunkt Stromimporte aus der Slowakei zu gestatten?

8)  Wie wollen sie künftig den Nachbarländern, aber auch den EU-Partnern, das
Engagement Österreichs gegen grenznahe AKWs erklären, wenn wir gleichzeitig
Strom aus diesen beziehen?

9)  Wie groß war der Atomstrom-Anteil am Gesamtstromverbrauch in Österreich vor
Aufhebung des Stromimportverbots aus besagten Drittstaaten?

10) Welche Strommengen werden nach der Aufhebung des Importverbots aus besagten
Ländern im heimischen Stromnetz erwartet? (Bitte nach Ländern und Gigawattstunden
aufschlüsseln)

11) Auf welches Ausmass wird sich dabei der Anteil von Atomstrom aus den einzelnen
Staaten belaufen?

12) Planen Sie auch für Tschechien oder andere Länder eine Aufhebung des
Importverbots?

13) Wenn ja welche und zu welchem Zeitpunkt?

14) Wenn nein, warum nicht?

15) Wo liegt der Unterschied im Stand der Energiekapitel-Verhandlungen bzw. dem
vorläufigen Abschluß des Energiekapitels zwischen Tschechien und jenen
Drittstaaten, aus denen per 1. Jänner 2002 Stromimporte gestattet sind?

16) Können Sie ausschliessen, dass von den Anlagen, in denen in besagten Drittstaaten
Strom erzeugt wird (wie etwa Bohunice, Krsko, Paks, Mochovce) und der nun auch
nach Österreich Strom importiert werden kann, eine unmittelbare oder mittelbare
Gefahr für die österreichischen Staatsbürger ausgeht?

17) Wenn ja, wie?

18) Wenn nein, warum gestatten Sie dennoch Stromimporte aus diesen Ländern, obwohl
laut ElWOG in diesem Fall ein Import nicht zulässig ist?

19) Sehen Sie in der Aufhebung des Stromimportverbots aus Polen, Slowenien, Ungarn
und der Slowakei nicht die Gefahr für Umgehungsgeschäfte, da künftig etwa auch
russischer Atom-Strom durch die Hintertür via Ungarn z.B. ganz legal nach Österreich
importiert werden kann?


20) Konterkariert die Aufhebung des Importverbots nicht die heimische Anti-Atom-
Politik?

21) Warum haben Sie als zuständiger Minister nicht von Ihrem Weisungsrecht Gebrauch
gemacht, und die Aufhebung des Stromimports aus besagten Drittstaaten untersagt?

22) Glauben Sie, dass die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung Atomstrom aus
ihren Steckdosen will?

23) Steht der nun legitimierte Import von Atomstrom auch im Zusammenhang mit der
Tatsache, dass die Verbund-Gesellschaft derzeit bereits rund die Hälfte seines
sauberen Stroms aus Wasserkraftwerken im Ausland absetzt?

24) Welche Strommengen kauft Österreich jährlich zu?

25) Aus welchen Ländern stammen die Stromimporte?

26) Wieviel kostet Strom aus Slowenien, der Slowakei, Ungarn und Polen pro
Kilowattstunde?

27) Wieviel kostet heimischer Strom aus Wasserkraftwerken?

28) Wieviel kostet dagegen Ökostrom?