3354/J XXI.GP
Eingelangt am: 31.01.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Ulli Sima
und GenossInnen
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Schlachthof-Skandal und Fleisch-Kontrollsystem
Nach Bekanntwerden des 1.
österreichischen BSE-Falls im Dezember vergangenen Jahres
wurden im
Zuge der Ermittlungen skandalöse Zustände in einigen heimischen
Schlachthöfen
publik. Der Besitzer jenes
Schlachthofs in Martinsberg, in dem die BSE-kranke Kuh
geschlachtet wurde, ist mittlerweilen in U-Haft. Vorgeworfen wird ihm
unrechtsmäßiger
Bezug von EU-Fördermittel in der Höhe von rund 1,45 Millionen Euro
und Erlöse in
Millionenhöhe aus dem Verkauf von wertlosem, aus Tschechien importiertem
Fleisch in
Österreich. In den vergangenen Jahren
sollen laut aktuellen Erhebungen der
Sonderkommission jede Woche rund 16 bis 20 Tonnen Fleisch importiert und
"austrifiziert"
worden sein. Im Visier der Prüfer
stehen auch Schlachthöfe in Tirol und Niederösterreich. Die
Schlachthofcausa entwickelt sich immer mehr zum Kriminalfall und
lässt Schlimmes
hinsichtlich der Kontrollen und des gesamten Kontrollsystems in diesem Bereich
erahnen.
Selbst Österreichs führender Prionenforscher, Herbert Budka,
kritisiert dieses scharf, das
System sei krank, “wenn Leute, die kontrollieren müssen, von denen
existenziell abhängig
sind, die von ihnen überprüft
werden müssen" (APA, 11. Jänner 2002). Die Leidtragenden an
den Misständen sind -
wiedereinmal - die ohnehin schon schwer verunsicherten
Kosnumentlnnen.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für soziale
Sicherheit
und
Generationen nachstehende
Anfrage:
1) Wie konnte Ihrer Meinung nach der erwähnte
Schlachthofbesitzer in Martinsberg
jahrelang
unbehelligt diesen illegalen Machenschaften nachgehen, wertloses Fleisch
als
hochwertiges verkaufen und völlig unberechtigt EU-Fördermittel in
Millionenhöhe
kassieren?
2) Wo liegen Ihrer Meinung nach die Schwachstellen im Kontrollsystem?
3) Warum gibt es keine bundeseinheitlichen Vorgaben für
Kontrollen im agrarischen
Betriebsmittelrecht?
4) Ist es vor dem Hintergrund des aktuellen Schlachhofskandals
zielführend, dass sich
die
Landwirtschaft in Österreich quasi “selbst kontrolliert"?
5) Treten Sie für eine Ausgliederung der Fleisch- und
Schlachhofkontrollen aus dem
Agrarressort
ein?
6) Halten Sie es für zielführend, dass der Bund in
diesem Bereich lediglich eine
Informationsrecht, jedoch
kein “Durchgriffsrecht" hat?
7) Halten Sie es für zielführend, dass die
Tierärzte, die an Schlachttagen den Zustand der
gelieferten
Tiere und die Fleischqualität überprüfen, von den
Schlachthofbesitzern
ökonomisch
abhängig sind?
8) Glauben Sie, dass es sich abhängige Tierärzte
“leisten" können, strenge Kontrollen
durchzuführen
und Misstände aufzudecken?
9) Planen Sie, diesen Zustand künftig zu ändern?
10) Falls ja, wie?
11) Falls nein, warum nicht?
12) Können Sie ausschließen, dass in Niederösterreich
von Behörden Druck in Richtung
laschere
Kontrollen auf die einzelnen Beschau-Tierärzte ausgeübt wurde und
wird?
13) Wie interpretieren Sie die Aussagen der Tierärzte Müller
und Zweimüller im profil
vom 14.
Jänner 2002, wonach sie “von den Behörden unter Druck gesetzt
werden, die
eigentlich
hinter uns stehen sollten"?
14) Gab es Ihres Wissens nach in der Vergangenheit Interventionen von Seiten des
Veterinärdirektors
in Niederösterreich, Dr. Franz Karner, zugunsten des mittlerweilen
inhaftierten Schlachthofbesitzers Willibald R.?
15) Sehen Sie die geplante Ernährungsagentur als die Lösung
der nun offensichtlich
gewordenen
Probleme?
16) Welche finanziellen Mittel sind für die Ernährungsagentur vorgesehen?
17) Wie reagieren Sie auf die jüngst publik gewordene Studie von
Michael Gneist “Zur
Situation
der Schlachthöfe in Niederösterreich" aus dem Jahr 2000, in dem
katastrophale
Zustände in den heimischen Schlachthöfen aufgezeigt werden?
18) Wussten Sie von den alarmierenden Zuständen, wonach - laut
Gneist-Studie - in
Niederösterreichs
Schlachthöfen auch bereits tot angelieferte Tiere weiterverarbeitet
wurden?
19) Wie häufig erfolgte eine Kontrolle der Schlachthöfe
österreichweit in den Jahren
1999,
2000 und 2001?? (bitte nach Bundesländern auflisten)
20) Wieviele und welche Beanstandungen gab es in den Jahren 1999, 2000 und 2001 ?
21) Wieviele Kontrollen in den österreichischen Schlachthöfen sind für 2002 geplant?
22) Haben Sie vor, das Kontrollwesen im Agrarbereich und in den
Schlachthöfen im
besonderen
künftig zu ändern?
23) Falls ja, wie konkret?
24) Was meinten Sie konkret mit Ihrer Aussage nach Bekanntwerden des
Schlachthofskandals,
das sei “nur die Spitze des Eisbergs"?
25) Welche weiteren Verdachtsfälle gibt es in diesem Bereich?