3447/J XXI.GP

Eingelangt am: 19.02.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Heinzl

und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend VP-Verfilzungen und Privilegienskandale auf Kosten von Mietern und

Wohnungseigentümer

Jeder Abgeordnete erhält im Rahmen seiner politischen Tätigkeit eine Menge von
Informationen; Unlängst musste der unterzeichnende Abgeordnete im Rahmen einer
Veranstaltung von folgenden, beinahe unglaublichen Sachverhalten Kenntnis nehmen:

Die Alpenland gemeinnützige Baugenossenschaft hat 11.000 Wohneinheiten in Verwaltung
und eine Bilanzsumme von über 290,69 Mio. € (4 Milliarden Schilling.)
Sie verfügt über 6 Vorstandsmitglieder:

Vorstandsobmann LH a.D. HR Mag. Siegfried Ludwig

Vertreter HR Dr. Kern, Landesamtsdirektor a.D.

NR a.D. Gustav Vetter, Landesparteigeschäftsführer a.D. ÖVP

Prof. Dr. Kaluza .

Mathias Stadlbauer, ÖVP Stadtrat von Gänserndorf a.D.

Dr. Gering, Stadtamtsdirektor Perchtoldsdorf

Weiters verfügt sie über 9 Aufsichtsräte:

HR.i.R Mathias Ludwig (Bruder vom Obmann, weitere Funktionen s. u.)

Dr. Steininger Stadtamtsdirektior in ÖVP Gem. Hörn (ehem. Sekretär

vom LH)

ÖVP Bürgermeister a.D. Walter Öfferl

ÖVP Bürgermeister Nöstler, u.a.

Es handelt sich bei der Besetzung des Vorstandes und des Aufsichtsrates dieser Gesellschaft
um eine beinahe unglaubliche Verfilzung: Einer der Aufsichtsräte ist der Bruder vom
Obmann des Vorstandes, die übrigen Mitglieder sind hochrangige ehemalige ÖVP-
Funktionäre.


Diese Genossenschaft hat einige Töchter, um der Familie Ludwig weitere Einkommen
zuzuschanzen:

KAMPTAL GEMEINNÜTZIGE GMBH

•    Geschäftsführer HR.i.R. Mathias Ludwig (Bruder vom LH Ludwig, Gehalt 4.360,37 €
(S 60.000,-) mtl.

Zuzüglich Spesen, kann jährlich Bauaufträge um einige hundert Millionen Schilling
vergeben)

•    2. und gegenzeichnender Geschäftsführer Bernhard Götterer (Schwiegersohn von LH
Ludwig, stellv. Direktor im Landesheim Hinterbrühl und TERRA Geschäftsführer)

TERRA GEMEINNÜTZIGE GMBH

•    Geschäftsführer Bernhard Götterer (Schwiegersohn von LH Ludwig, stellv. Direktor im
Landesheim Hinterbrühl, Gehalt für einen 5 Stunden Job in der Woche 2.180,19 €(S
30.000,-) mtl. Zuzüglich Spesen, kann jährlich Bauaufträge um einige hundert Millionen
Schilling vergeben). Die Arbeiten für die TERRA werden von Angestellten in der
Alpenland getätigt und die Aufgabe des Geschäftsführers besteht fast ausschließlich darin,
einmal in der Woche in das Büro der Alpenland zu fahren und alles zu unterschreiben.

•    2. und gegenzeichnender Geschäftsführer HR.i.R. Mathias Ludwig (Bruder vom LH
Ludwig und Kamptal Geschäftsführer)

Weitere Anteile bestehen an WET, AUSTRIA AG, NÖSTA, wobei LH Ludwig in allen
Gesellschaften als Funktionär sitzt.

Die WET wird laufend mit Millionenbeträgen von der Alpenland über die Kamptal gefördert.
Die Geschäftsgebarung ist dort so schlecht, dass immer wieder Gelder zugeschossen werden
müssen. Obmann der WET ist Ferdinand Rubl (ÖAAB Finanzreferent). Laut Gerüchten soll
dieser auch immer wieder privat für die eigene Tasche Immobiliengeschäfte machen, was als
Geschäftsführer eines Gemeinnützigen Bauträgers rechtlich unzulässig ist.


Im Rahmen dieses Gespräches wurde von einer weiteren Person dem anfragestellenden
Abgeordneten mitgeteilt, dass auch der Neffe des Landeshauptmannes, Erhart Ludwig, als
Hausverwalter in dieser Gesellschaft beschäftigt ist. Er bekomme dort gegenüber vergleichbar
Beschäftigten mehr als das Doppelte als Entgelt. Angeblich sei dieser bei der
Hausverwalterprüfung vor der Wiener Landesregierung dreimal durchgeflogen und habe erst
in Folge vor der Prüfungskommission der Niederösterreichischen Landesregierung
mehrheitlich diese Prüfung bestanden, weil, so Gerüchte, Landeshauptmann Ludwig “Alles
geregelt habe".

Ebenfalls gibt es Gerüchte, dass der Genannte bei Geschäften “mitschneide".

Auch wurde dem unterzeichnenden Abgeordneten mitgeteilt, dass Auftragnehmer,
Architekten, Baufirmen und Versicherungsmakler fast ausschließlich Partei-, CV- und
Jagdfreunde von Ludwig seien.

Versicherungsmakler soll Dr. Lang in 1040 Wien sein; dieser soll über ca. 95% des
Prämienvolumens von ca. 500 verwalteten Wohnhäusern der Alpenland haben.

Besonders gute Freunde und daher mit Aufträgen gut bedient:

Arch. Presoly aus Wiener Neustadt (hält mit LH Ludwig selbes Jagdgebiet in der Gegend

Piesting),

Arch. Wallner (Verwandt mit LH Vize Prokop und guter Freund des Alpenbüroleiters und CV

Gurus Mag. Rintersbacher, der auch sein Trauzeuge ist) baut jetzt für die Alpenland und WET

gegenüber der Landesregierung 200 Wohnungen und in Folge möglicherweise noch weitere

200 sowie einige andere Wohnbauten in Mank, St. Polten, Kaumberg, Neulengbach,

Hofstetten-Grünau.

Aufträge sollen zuerst ausgeschrieben und dann gereiht werden. Vor dem Beschluss der
Auftragsvergabe durch den Vorstand der Alpenland werden angeblich die Lieblingsfirmen zu
LH Ludwig bestellt, und wenn diese dann geringfügig unter dem Billigstbieter gehen,
bekommen sie den Auftrag.


Weiters wurde dem Abgeordneten folgende Provinzposse mitgeteilt:

Gärtnerei Geissler. Der Eigentümer ist Liegenschaftsnachbar neben der Villa des LH Ludwig
in Perchtoldsdorf. Die Gärtnerei Geissler bekomme mind. 90% der Gärtneraufträge der
Alpenland. Bei einer Arbeit in einem Wohnhaus in Pöchlarn, Wienerstr. 2 habe die Firma
Geissler im Hof einen Pflock zu tief eingeschlagen. Die Isolierung der darunter liegenden
Garage wurde beschädigt. Kostenpunkt der Reparatur über 13.081,11 € (S 108.000,-). Vom
überprüfenden Arch. Podivin, auch ein Jagdfreund vom LH, wurde festgestellt, dass der
Schaden durch die Fa. Geissler verursacht wurde und von dieser zu zahlen sei. Die
Versicherung der Firma Geissler wollte, obwohl von der Alpenland Druck gemacht wurde,
nicht zahlen. So wurde von der Alpenland die Summe Herrn Geissler vorgeschrieben. Hr.
Geissler hat am folgenden Wochenende LH Ludwig über den Zaun darauf angesprochen. In
der folgenden Woche wurden die über 13.081,11 € (S 108.000,-) auf Anweisung von LH
Ludwig vom Finnenkonto der Alpenland bezahlt. Das ist aber das Geld der Genossenschafter
(Mieter und Wohnungseigentümer) und wurde somit missbräuchlich verwendet.

Einen weiteren Skandal bildet der Ankauf einer Liegenschaft von der ÖVP Gemeinde
Hollabrunn um 218 018,50 € (S 3.000.000,-).

Die Grundstücksgröße ist 259 m2, auf welchem ein altes sanierungsbedürftiges Haus Bj. ca.
1920 (wurde dann auch mit Millionenaufwand saniert) stand. Auf den Hinweis, dass die
Liegenschaft max. 58.138,27 € bis 72.672,83 € (S 800.000,- bis 1.000.000,-) wert sei, wurde
gesagt, dass man ja den Parteifreunden in den Gemeinden helfen müsse. Der Bürgermeister
hat es dann leichter mit dem Budget. In dem Haus befinden sich jetzt 4 Wohnungen. Auf
Grund des hohen Kaufpreises und der teuren Sanierung kann dieses Objekt selbst unter
Einbeziehung der Förderung niemals, so wie im WGG für Gemeinnützige vorgeschrieben,
kostendeckend sein; wiederum wurde das Geld der Genossenschafter (Mieter und
Wohnungseigentümer) missbräuchlich verwendet.

Weiterer Fall: Ankauf einer unbebauten Liegenschaft in St. Polten Viehofen von der
Industriellenfamilie Rabus. 8.423 m2 um 1.300.843,7 € (17.900.000,-). Preis pro m2 154,43 €
(S 2.125,-). In der Höchstphase wurden Grundstücke in dieser Lage um max. 116,28 € bis
123,54 € (1.600,- bis 1.700,-) verkauft. Die Differenz von 32,70 € bis 36,34 € (S 450,- bis S
500,-) ergibt einen Betrag von 254.354,92 € bis 290.691,34 € (3,5-4 Mio.) Überpreis für eine
Industriellenfamilie. Wieder mißbräuchliche Verwendung der Gelder der Genossenschafter.
Rabus soll familiäre Verbindung zum ÖVP Bürgermeister von Krems haben und dieser habe
angeblich in der Sache mitgewirkt.


Der ÖVP Bürgermeister von Hofstätten-Grünau Josef Hösl ist im Jahr 2000 in eine von
Alpenland errichtete Wohnung gezogen. (Die Liegenschaft wurde von der Gemeinde
erworben). Adresse Grünau, Hauptplatz 9/Stiege 3. Unter Herrn Hösl, bezog seine
Lebensgefährtin eine Wohnung. Um die beiden Wohnungen zusammenlegen zu können,
wurde in der Decke zwischen den beiden Wohnungen ein Loch für eine Treppe gebaut. Da
aber das förderbare Maximum durch jede Wohnung selber ausgeschöpft war, 72.672,83 € (S
1.000.000,-) für 75 m2 in Niederösterreich, aber man die Förderung für alle 2 Wohnungen
wollte, wurde für die Endbegehung das Loch verbaut. Die 2 Wohnungen wurden dann nach
der Begehung durch eine Treppe verbunden. Dies ist missbräuchliche Verwendung von
Förderungsgeldern. Hr. Hösl verfügt darüber hinaus über Einkommen als Bürgermeister und
Gemeindesekretär, welches wahrscheinlich zu Förderungsunwürdigkeit führt, da es über der
vorgesehenen Grenze liegt.

Der Parteifreund Hr. Dir. Muschawek, Wohnungseigentümer aus Hörn, Rudolf Fischerweg 7-
13, habe angeblich LH-Ludwig angerufen, weil seine Holzfenster alt seien. Ludwig schickt
einen Baumeister der Alpenland und lässt die Fenster austauschen. Bezahlt wird alles aus den
Rücklagen der Wohnungseigentümergemeinschaft ohne entsprechenden Beschluss der
Wohnungseigentümer. Alle anderen Wohnungseigentümer zahlten sich den Fensteraustausch
immer selber. Proteste einzelner Wohnungseigentümer nach der Abrechnung wurden
niedergeschlagen.

Bei der Jahreshauptversammlung im Juni 2001 wurden angeblich die Satzungen der
Genossenschaft ohne entsprechende Vorinformation und mit nicht ausreichender
Abstimmung geändert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte jeder Genossenschafter eine Stimme
und konnte sich mit dieser bei der Jahreshauptversammlung selber vertreten. Die Angestellten
und Funktionäre der Alpenland stellten ungefähr 60 Stimmen, die sie immer gemeinsam
ausübten. Es bestand daher immer die Angst der Funktionäre von einer Mehrzahl der ca. 9000
Genossenschafter abgewählt zu werden. Seit 2001 vertritt jeweils ein gewählter
Genossenschafter 50 andere Genossenschafter. Die meisten Wohnhäuser haben aber keine 50
Wohnungseigentümer oder Mieter und können daher überhaupt keinen Vertreter oder nur
mehr sehr schwer stellen. Über Einsprüche bei der Wahl anwesender Genossenschafter wurde
von Ludwig und anderen Vorständen sprichwörtlich “darüber gefahren".

Der Vorstand und Aufsichtsrat fährt einmal im Jahr auf Kosten der Alpenland (der Mieter und
Wohnungseigentümer) mit Gattinnen auf Betriebsurlaub. Im Jahr 2000 nach Barcelona. Im
Jahr 2001 in das Baltikum. First Class und 5 Stern Hotels sind angeblich selbstverständlich.


Die Angestellten fahren jedes zweite Jahr auf Kosten der Alpenland auf Betriebsurlaub. Um
weitere Beanstandungen im Prüfbereich durch den Verband der Gemeinnützigen zu umgehen,
wurde im Jahr 2001 der Kulturverein Alpenland für die Finanzierung der Reisen gegründet.
Die Alpenland zahlt in diesen jährlich 8.720,74 € bis 10.900,93 € (S 120.000,- bis
S 150.000,-) ein.

LH Ludwig hat nach seinem Ausscheiden als LH von der EVN in seiner Funktion als
Aufsichtspräsident der EVN einen Dienst-Mercedes mit Fahrer erhalten, der im Tag und
Nacht und am Wochenende zur Verfügung steht. Er ist aber fast jeden Tag mit diesem
Dienstauto im Büro der Alpenland und bei allen anderen Terminen, aber fast nicht für die
EVN unterwegs.

Im Jahr 2000 hat er die Funktion als Aufsichtsratpräsident zurückgelegt und ist nur mehr
Umweltbeauftragter der EVN. Den Dienst-Mercedes mit Fahrer hat er immer noch. Die Autos
konnte er nach einiger Zeit immer günstig als Gebrauchtwagen von der EVN als Privatauto
erwerben. Interessant für EVN Aktionäre und Energieabnehmer der EVN.

Zusammenfassend kann gesagt werden, wenn diese gegenüber dem unterzeichnenden
Abgeordneten getätigten Aussagen der Wirklichkeit entsprechen, dass unter dem Deckmantel
einer Gemeinnützigen und auf Kosten von Mietern, Wohnungseigentümern, Steuerzahlern
und somit der Allgemeinheit ein ehemaliger Landeshauptmann sich, seine Familie, die ÖVP
und CV Freunde bereichert.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit nachstehende

Anfrage:

1.      Sind Ihnen als zuständiger Bundesminister diese Sachverhalte bekannt?


2.      Wenn ja, was haben Sie bisher unternommen, haben Sie insbesondere die

Staatsanwaltschaft von diesen Sachverhalten verständigt und die notwendigen
Überprüfungen vorgenommen?

3.      Inwiefern ist die von Ihrem Ressort erlassene Prüfungsrichtlinienverordnung

geeignet, diesen Sachverhalt aufzuklären, und ist Ihnen bekannt, ob bei Prüfung der
Gebarung der Alpenland gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft entsprechende
Probleme durch den Revisionsverband aufgezeigt wurden?

4.      Wie beurteilen sie im dargelegten Fall die Aufsichtspflicht des Landes

Niederösterreich gegenüber dem gemeinnützigen Bauträger und in welcher Form ist
es möglich, die vorhandene Unvereinbarkeit zu beseitigen?

5.      Hat Ihnen das Land Niederösterreich für die Jahre 1995 bis 2000 Berichte über ihre
Tätigkeit aufgrund der Bestimmung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes unter
Anführung etwaig getroffener Maßnahmen erstattet und welchen Inhalt haben diese
Berichte, geordnet nach Jahren?

6.      Wurde in der unter Punkt 5. angefragten Berichterstattung des Landes
Niederösterreich die Gebarung der Alpenland gemeinnützige
Wohnbaugenossenschaft auffällig, und wenn ja, welche Maßnahmen wurden
diesbezüglich durch die Landesregierung Niederösterreich getroffen?

7.      Wurde durch den Revisionsverband für die Geschäftsjahre 1995 bis 2000 hinsichtlich
der Gebarung der Alpenland gemeinnützige Baugenossenschaft ein
uneingeschränkter Bestätigungs- bzw. Prüfungsvermerk erteilt?

8.      Wie beurteilen Sie als zuständiger Bundesminister den Sachverhalt, dass in einer

Genossenschaft, die über eine Bilanzsumme von 4 Mrd. Schilling verfügt, der Bruder
des Vorstandsvorsitzenden auch im Aufsichtsrat ist?

9.      Wie beurteilen Sie als zuständiger Bundesminister den Sachverhalt, dass in Töchtern
dieser Genossenschaft die Geschäftsführungsagenden in den Händen des Bruders und
des Schwiegersohnes des Vorstandsvorsitzenden der Muttergesellschaft liegt?


10.    Würden Sie die Struktur in diesen Gesellschaften als eher typisch für kleine
Familienunternehmen und nicht für Unternehmungen mit einem Budget in
Milliardenhöhe bezeichnen?