349/J XXI.GP
ANFRAGE
des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft
betreffend Strategie bei den WTO - Verhandlungen
Die Ministerkonferenz der WTO in Seattle wurde ohne bindende Ergebnisse
beendet. Die Landwirtschaft gehört nach geltendem WTO - Abkommen neben dem
Dienstleistungssektor zu den wenigen Themen, die auch nach der geplatzten
„Millenium - Runde“ weiterverhandelt werden müssen. Bereits im Jänner 2000
starteten in Genf die WTO - Verhandlungen zum Agrarbereich. Ziel ist nach wie vor
die Liberalisierung des Agrarmarktes und die „Beseitigung von
Handelshemmnissen“.
Die europäische Gesamtstrategie ist auf weitere Liberalisierung ausgerichtet, im
Agrarbereich jedoch will man weiterhin Exportsubventionen, Ausgleichszahlungen
und den Außenschutz verteidigen. Als Begründung dafür wird die Zauberformel der
„Multifunktionalität der europäischen Landwirtschaft“ verwendet. Als gleichzeitig
aggressiver Agrarexporteur hat die EU jedoch schlechte Karten.
Dadurch, daß die Verhandlungen in anderen Bereichen derzeit eingestellt sind,
bestehen auch nur geringe Möglichkeiten zum Interessensabtausch mit anderen
Bereichen. Jetzt müssen Kompromisse innerhalb der Agrarverhandlungen gefunden
werden. Dies bietet gleichzeitig die Chance zu einer grundlegenden Reform des
Agrarabkommens jenseits der reinen Liberalisierungslogik.
In der Zwischenzeit einigten sich Regierungsvertreter von gut 135 Ländern im
Biosafety - Protokoll auf ein Rahmenabkommen für den internationalen Handel mit
gentechnisch manipulierten Organismen (GMO). Darunter fallen Lebensmittel
ebenso wie Saatgut, Tiere und Tierfutter wie auch Bakterien. Als größter Erfolg gilt,
dass sich Länder künftig gegen GMO - Importe verwahren können, ohne ihre
Bedenken wissenschaftlich untermauern zu müssen, wie in den WTO -
Bestimmungen vorgesehen. Allerdings setzte sich auch die sogenannte „Miami -
Gruppe“, bestehend aus den USA, Kanada, Argentinien, Australien, Chile und
Uruguay, durch mit der Auflage, dass GMO - Produkte in den ersten zwei Jahren nach
In - Kraft - Treten des Abkommens nicht extra gekennzeichnet werden müssen,
sondern die Formulierung „enthält möglicherweise lebende behandelte Organismen“
ausreicht.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Was ist Ausgangsbasis, Grundlage und Thema der weiteren Verhandlungen im
Agrarbereich?
2. In welchem Gremium bzw. auf welchen Ebenen werden die WTO -
Agrarverhandlungen stattfinden? Stimmt es, daß sie im WTO - Ausschuß für
Landwirtschaft stattfinden werden? Stimmt es, daß die Ausschüsse streng
vertraulich sind?
3. In welcher Form werden die nationalen Parlamente und die Öffentlichkeit über
die laufenden Verhandlungen informiert werden? Welche Möglichkeiten der
demokratischen Mitbestimmung sind vorgesehen? Was konkret schlagen Sie zu
einer umfassenden Demokratisierung der WTO vor?
4. Bekanntlich kann die EU ihre Überschüsse, stimuliert durch Futtermittelimporte
aus den Ländern der sog. „Dritten Welt“ und einem hohen Einsatz von
Agrarchemikalien, nur über subventionierte Exporte absetzen. Diese stehen im
Widerspruch zu den WTO - Regeln und sind gleichzeitig Konfliktpunkt mit
anderen WTO - Mitgliedstaaten. Welche Position vertreten Sie hinsichtlich der
Exportsubventionen im Agrarbereich?
5. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß die Subventionen für Lebendtierexporte
abgeschafft werden? Wenn nein, warum nicht?
6. Die EU - und auch die österreichische Agrarpolitik propagiert die
„Multifunktionalität der Landwirtschaft“. Wie glaubwürdig ist dieses Konzept,
wenn die EU - Agenda 2000 weiterhin auf eine exportorientierte
Intensivlandwirtschaft setzt?
7. Werden Sie sich anläßlich der WTO - Verhandlungen auf EU - Ebene für eine
Umgestaltung des mengen - und flächenbezogenen (und damit WTO - widrigen)
Förderungssystems einsetzen zugunsten ökologischer und arbeitspolitischer
Anreize? Wenn nein, warum befürworten Sie das derzeitige EU - Agrar -
Förderungssystem, das große und intensiv wirtschaftende Betriebe begüngstigt
und für die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft ruinös ist?
8. Stimmt es, daß die EU bei den Verhandlungen in Seattle versucht hat, die
Beibehaltung des Agrarförderungssystems zu „erkaufen“ durch
Kompromißbereitschaft im Bereich Biotechnologie?
9. Nach dem Biosafety - Protokoll kann ein Land die Einfuhr gentechnisch
veränderter Organismen auf Basis des Verdachts einer Umwelt - oder
Gesundheitsgefährdung verbieten. Werden Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch
machen?
10. Den Verfechtern der Gentechnik gelang es, eine Art Wahrungsklausel in das
Biosafety - Protokoll zu reklamieren. Demnach darf es bestehende internationale
Verträge wie den WTO - Vertrag nicht außer Kraft setzen (bekanntlich sind laut
WTO - Vertrag Importverbote wissenschaftlich zu belegen). Was werden Sie
unternehmen, damit sich die WTO bei künftigen Schiedsgerichtssprüchen an
den
Bestimmungen des Biosafety - Protokolls orientiert?
11. Welche Möglichkeiten sehen Sie, zu verhindern, daß Biotechnologie - und
Nahrungsmittelmultis über die Androhung von WTO - Schiedsgerichtsverfahren
Druck auf die Regierungen ausüben, ihre Grenzen für genmanipuliertes Saatgut
und gentechnisch veränderte Nahrungsmittel zu öffnen?
12. Stimmt es, daß sich die Umweltminister Dänemarks, Großbritanniens,
Frankreichs, Belgiens und Italiens in Seattle aus Sorge darüber, das Biosafety -
Abkommen könnte unterminiert werden, gegen eine Biotechnologie -
Arbeitsgruppe auf WTO - Ebene ausgesprochen haben? Welche Position haben
Sie diesbezüglich vertreten bzw. vertreten Sie?
13. Bisher hat die WTO Handelssanktionen zum grenzüberschreitenden
Umweltschutz abgewehrt. Was konkret werden Sie im Lauf der Verhandlungen
vorschlagen, damit nationale Umweltschutzmaßnahmen, Produktstandards oder
gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnungsregelungen nicht als
Handelshemmnis ausgelegt werden können?
14. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß Entwicklungsländern, deren
Volkswirtschaften von der Landwirtschaft dominiert sind, im Rahmen des WTO -
Abkommens das Recht auf Ernährungssicherheit und ländliche Entwicklung
eingeräumt wird?