355/J XXI.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel
und Genossen
an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales
betreffend Treffsicherheit sozial - und familienpolitischer Leistungen
Im Regierungsprogramm der FPÖ/ÖVP - Bundesregierung ist festgehalten, daß die
Einkommensobergrenze für den Mehrkinderzuschlag (bei der Familienbeihilfe für Familien
ab drei Kindern - Anmerkung) entfällt. Gleichzeitig ist unter dem Titel „Treffsicherheit des
Sozialsystems und Bündelung der Sozialleistungen“ angeführt: „Weil aber rascher als in der
Vergangenheit Veränderungen am Arbeitsmarkt oder in den Formen des Zusammenlebens
entstehen, muß sich der Sozialstaat immer wieder an neue Herausforderungen anpassen und
ständig die Treffsicherheit, die Angemessenheit, die Zielgenauigkeit und die
Mißbrauchssicherheit der einzelnen Elemente des Sozialstaats überprüfen und korrigieren“.
Und weiter heißt es: „Die bestehende Verfassungslage inklusive der relevanten Erkenntnisse
des Verfassungsgerichtshofes sowie das Versicherungsprinzip sind zu beachten“.
In einem Interview des Wochenmagazins „NEWS“ hat Finanzminister Karl - Heinz Grasser
unter anderem gemeint: „Ich sehe nicht ein, warum der Lebenspartner eines Menschen meiner
Einkommenskategorie Karenzgeld oder Familienbeihilfe bekommen soll“. Und weiter heißt
es in dem Bericht: Grasser will - entgegen der Grundlagen des Koalitionspaktes - den
Sozialstaat dadurch sanieren, daß er „zuerst die Reichen zur Kasse bittet“. Er will alle
Sozialtransfers durchforsten und bald Vorschläge präsentieren, nach denen nur noch „die, die
es brauchen, Subventionen vom Staat bekommen. Denen, die es nicht brauchen, wird kein
Geld mehr nachgeschmissen“.
ÖVP - Generalsekretärin Maria Rauch - Kallat stellte hingegen gegenüber der Tageszeitung
„Die Presse“ vom 22. Februar 2000 fest: „Das kommt auch nicht in Frage“.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Arbeit,
Gesundheit und Soziales nachstehende
Anfrage:
1. Teilen Sie die Ansicht des Finanzministers, daß ab einer bestimmten
Einkommenskategorie Karenzgeld oder Familienbeihilfe nicht mehr ausbezahlt
werden sollen?
2. Wenn nein, welche Gründe sind für Sie ausschlaggebend, daß keine
Einkommensgrenzen beim Bezug von Karenzgeld oder Familienbeihilfe gelten
sollen?
3. Wird die bestehende Einkommensgrenze beim Bezug des Mehrkindzuschlages, wie
im Koalitionsübereinkommen festgehalten, tatsächlich wegfallen?
4. In welchem Ressort wird die Arbeitsgruppe zur Durchforstung und Überprüfung der
Treffsicherheit von Sozialtransfers angesiedelt sein und welche anderen Ressort - und
Interessensvertreter bzw. Experten nehmen darüber hinaus daran teil?
5. Könnten Sie sich prinzipiell vorstellen, daß Einkommensgrenzen beim Bezug der
Familienbeihilfe, des Karenzgeldes, der Steuerabsetzbeträge, der Schüler - und
Lehrlingsfreifahrt, der Fahrtenbeihilfe für SchülerInnen und Lehrlinge sowie bei der
Schulbuchaktion eingeführt werden?
6. Soll das Karenzgeld weiterhin eine Versicherungsleistung (Einkommensersatz -
leistung) bleiben? Wenn nein, welche Gründe sprechen dagegen?