3551/J XXI.GP
Eingelangt am: 28.02.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Lunacek,
Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Chaos und Führungslosigkeit im Außenministerium
Die wirtschaftliche und politische Globalisierung
verstärkt die Bedeutung der
Außenpolitik jedes Staates. Das gilt in besonderem Maße für
die Mitgliedstaaten der
EU. Österreichs Außenpolitik stellt somit nicht mehr die Summe der
Beziehungen zu
und die Politik gegenüber anderen Staaten dar, sondern erhält eine
besondere, nicht
zuletzt strategische Bedeutung für die Vermittlung und Durchsetzung
politischer
Interessen. Umso wesentlicher ist es in den letzten Jahren für
Österreich geworden,
eine stringente und glaubwürdige Außenpolitik zu haben. Dazu ist es
notwendig,
dass der/die Bundesminister/in für auswärtige Angelegenheiten eine
starke Stellung
innerhalb der Regierung hat und den Missbrauch der Außenpolitik für
innenpolitische
Interessen verhindern kann.
Genau das aber muss in letzter Zeit bezweifelt werden.
Aufgrund der nationalistischen und populistischen Politik
der FPÖ, insbesondere des
Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, nimmt Österreichs
Außenpolitik Schaden
und wird dauerhaft
geschwächt. Die Liste mit negativen Beispielen ist lang. Dazu
zählen das Volksbegehren
gegen Temelin, das in Wahrheit ein Anti-Erweiterungs-
volksbegehren gewesen ist, und die Diskussion um die Benes-Dekrete, in der sich
die beiden Regierungspartner bis heute nicht auf eine gemeinsame und schon gar
nicht auf eine EU-erweiterungsfreundliche Position einigen können.
All das führt dazu, dass Österreich als Partner nicht mehr ernst
genommen wird.
Während Österreichs Außenpolitik in den
letzten Jahren vor allem belächelt wurde,
steigt nun der Unmut anderer EU-Staaten, weil die Erweiterungs- und
außenpolitischen Bemühungen der EU insgesamt durch das Verhalten der
österreichischen Regierung Schaden nehmen.
Im Zuge dessen hat das BMaA insbesondere eines gezeigt: Das
außenpolitische
Krisenmanagement ist nicht nur schlecht sondern existiert kaum mehr.
Die
Außenministerin war bis heute nicht in der Lage, wichtige Fragen zu
Jörg
Haiders Irak-Reise zu
beantworten. Die ersten Antworten im Außenpolitischen
Ausschuss dokumentierten ein hohes Maß an Unwissen,
Informationslücken und
Führungslosigkeit.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Verurteilen Sie persönlich Jörg Haiders Reise in den Irak?
2. Teilen alle Mitglieder der Bundesregierung Ihren Standpunkt?
3. Teilen Sie
Jörg Haiders Meinung, dass seine umstrittene Reise in den Irak
“etwas
bewegen" und dass die Uno die Sanktionen
lockern müssen werde (APA 0335
vom 27.2.2002)?
4. Wann ist das BMaA
zum ersten Mal über die Absicht Jörg Haiders, eine Reise
nach Bagdad zu unternehmen, informiert worden?
5. Wie und wann wurde
die österreichische Mission bei den Vereinten Nationen in
New York informiert?
6. Ist diese Information nach Wien einberichtet worden?
7. Wenn ja, wer hat
wann in Wien diese Information erhalten (Sektion, GS, KBM,
BM)?
8. Die Firma FSI, die sich am 17.1.2002 fernschriftlich an die österreichische
Mission in New York gewandt hat, hat sich nach
eigenen Angaben auch direkt an
das BMaA in Wien gewandt. Wer ist dort wann
und in welcher Form über die
geplante Reise informiert worden?
9. An wen (Sektion, GS, KBM, BM) ist darüber weiterberichtet worden?
10. Nach der Ablehnung
einer Einfuhr “humanitärer Hilfsgüter" erfolgte eine
weiteres
Ansuchen, in dem lediglich eine Fluggenehmigung ohne Transport von Hilfs-
gütern beantragt wurde. Dieses Faktum beweist, dass es sich nicht um eine
humanitäre Reise gehandelt hat. Welchen
Zweck hat die Reise Jörg Haiders in
den Irak dann Ihrer Meinung nach gehabt?
11 .Welche Informationen
über die geplante Reise in den Irak hat die zuständige
Sektion vor Reiseantritt erhalten?
12. Welche Informationen
über die geplante Reise hat der Generalsekretär im BMaA
vor Reiseantritt erhalten?
13. Welche Informationen
über die geplante Reise hat das Kabinett der Bundes-
ministerin vor Reiseantritt erhalten?
14. Welche
Informationen über die geplante Reise haben Sie, als Bundesministerin
für auswärtige Angelegenheiten, selbst vor Reiseantritt Jörg
Haiders erhalten?
15. Sie
haben selbst mehrere Male erklärt, vor Antritt der Reise nichts
darüber
gewusst zu haben. Hätten Ihre BeamtInnen Sie über diese Reise
informieren
müssen?
16. Warum hielt es niemand für notwendig, Sie zu informieren?
17. Ist das
BMaA von der Botschaft der USA über die Haider-Reise informiert
worden?
18. Wenn ja, wer, wann, von wem und mit welchem Inhalt?
19. Haben Sie nach Jörg Haiders Reise
in den Irak mit ihm persönlich über diese
Reise gesprochen?
20. Wenn ja, was war der Inhalt dieses Gesprächs?
21. Hat
Jörg Haider Sie nach seiner Reise über die Ergebnisse der
Gespräche mit
Saddam Hussein unterrichtet?
22. Was sind diese Ergebnisse?
23. Wenn nein, haben Sie einen Bericht von ihm eingefordert?
24. Hat Jörg Haider Sie über seine Besuche in irakischen Spitälern informiert?
25. Hat Jörg Haider Sie auch
über seine Bemühungen, zwischen Irak und Kuwait
Gespräche über kuwaitische Kriegsgefangene in Gang zu bringen
informiert?
26. Für wen waren Haiders “Hilfsgüter" bestimmt?
27. Wem hat
Jörg Haider welche “Hilfsgüter" im Irak bzw. vorher schon
in Damaskus
zur Übergabe überlassen?
28. Um
welche “Hilfsgüter" handelte es sich konkret und von wem sind
sie zur
Verfügung gestellt
worden?
29. Die
Mitnahme der “humanitären Güter" wurde vom
Sanktionenausschuss der
UNO nicht genehmigt. Sie ist trotzdem erfolgt. War die Einfuhr der Güter
nach
Syrien und/oder in den Irak trotz fehlender Zustimmung legal?
30. Wenn
nein, welche österreichischen Gesetze und welche internationalen
Vorschriften wurden dadurch verletzt?
31. Am
11.2.2002 hat “ein Sprecher" des BMaA gegenüber der APA
erklärt, das
BMaA begrüße “lösungsorientierte Gespräche Jörg
Haiders in Bagdad". Welche
“Lösungen" sollte Jörg Haider mit Unterstützung des
Außenministeriums
verfolgen?
32. Der Sprecher stellte auch klar, dass “Haider über die Positionen der
österreichischen Regierung informiert" gewesen
sei. Wer hat Haider wann über
diese Positionen informiert?
33. Wie lauten die
“Positionen der österreichischen Regierung", über die
Haider
informiert wurde?
34. Handelt es sich bei
dieser Erklärung vom 11.2.2002 um eine offizielle
Stellungnahme des BMaA?
35. Mit wem hat der
“Sprecher" des BMaA in bezug auf diese Aussage Rücksprache
gehalten?
36. Wer hat diese Erklärung autorisiert?
37. Wann sind Sie von Ihrem Pressesprecher über diese Aussage informiert worden?
38. Im
Außenpolitischen Ausschuss vom 14.2.2002 haben Sie gesagt, dass diese
Aussage ohne Rücksprache mit Ihnen an die Öffentlichkeit gegangen
sei. Ist es
üblich, dass Ihr Pressesprecher derart schwerwiegende Aussagen ohne
Rück-
sprache mit Ihnen machen lässt?
39. Warum hielt es auch
diesmal niemand für notwendig, Sie im Vorfeld zu
informieren?
40. Haben Sie, nachdem Ihnen
diese “Begrüßung allfällig lösungsorientierter
Gespräche" bekannt geworden ist, diese Aussage sofort öffentlich
korrigiert?
41. Wenn ja, wie lautete ihre Position dazu?
42. Wenn nein, warum nicht?
43. In der Sitzung des
Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrats (vom
14.2.2002) haben Sie die gesamte Verantwortung für jene
“Begrüßung allfällig
lösungsorientierter Gespräche"
auf Ihren Pressesprecherjohannes Peterlik
geschoben. Warum haben Sie ihm dann trotz des
Ersuchens des Ausschuss-
vorsitzenden mit den Worten “Das ist nicht zielführend" ein
Auskunftsverbot
erteilt?
44.
FPÖ-Funktionäre betreiben seit Mai 2001 eine
“Österreichisch-Irakische Gesell-
schaft", die die Freundschaft mit dem irakischen Regime pflegt und sich
unter
anderem für die Aufhebung des Flugverbots für die irakische Luftwaffe
einsetzt.
Unterstützt das BMaA die Tätigkeit dieser
Österreichisch-Irakischen Gesell-
schaft?
45. Wenn ja, in welcher Form?
46. Werden Sie dem
UN-Sanktionenkomitee einen Bericht über die Untersuchungen
zur Reise Jörg Haiders in den Irak übermitteln?
47. Was wird der Inhalt dieses Berichts sein?
48. Für wann ist die Überbringung des Berichts geplant?
49. Haben
Funktionärinnen bzw. Regierungsmitglieder der FPÖ versucht, Sie vom
Verfassen dieses Berichts abzubringen?
50. Haben
Funktionärinnen bzw. Regierungsmitglieder der FPÖ versucht, auf Ihre
öffentlichen Stellungnahmen zur Reise Jörg Haiders in den Irak
Einfluss
auszuüben?
51. Ist durch die Reise nach Bagdad Schaden für Österreich entstanden?
52. Wenn ja, worin liegt dieser Schaden?
53. Die Vorgänge rund
um die Irak-Reise haben gezeigt, dass die Informationsflüsse
zur Bundesministerin zu schlecht
funktionieren, um ähnlichen Vorfällen vorzu-
beugen bzw. den Schaden zu minimieren. Was werden Sie unternehmen, um
sicherzustellen, dass Sie in Zukunft über wichtige Vorgänge
rechtzeitig informiert
werden?
54. Welche personellen
Konsequenzen innerhalb Ihres Ministeriums haben Sie nach
den Vorfällen und Pannen rund um die
Irak-Reise gezogen?
55. Begrüßen Sie
Haiders Aussage vom 27.2.2002: “Wenn es der Kuwait wünscht,
werde ich mich wieder einschalten."?
56. Wie sehr werden Ihre
außenpolitischen Initiativen durch das Handeln der FPÖ
behindert?
57. Welche Maßnahmen
werden Sie ergreifen, um zukünftige Querschläge aus der
FPÖ im Bereich der Außenpolitik zu verhindern?