3559/J XXI.GP

Eingelangt am: 28.02.2002

 

ANFRAGE


der Abgeordneten Lunacek, Kogler, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend notwendige Reform der öffentlichen Exportfinanzierung

Als österreichische Exportkreditagentur unterstützt die österreichische Kontrollbank
(OeBK) österreichische Firmen auch bei Projekten in Entwicklungsländern. Diese
Kredite werden öffentlich in Form von Kreditgarantien und Refinanzierungen
unterstützt. Obwohl die OeKB im Auftrag der Republik Österreich arbeitet, werden
die Projekte der antragstellenden Firmen nicht nach festgeschriebenen und klaren
Sozial-, Entwicklungs-, Umwelt- oder Menschenrechtsstandards geprüft. Die OeKB
sowie die Beiräte, die über Garantie- bzw. Refinanzierungsansuchen zu entscheiden
haben, bewahren absolutes Stillschweigen. Weder die Öffentlichkeit noch das
Parlament wird über geplante oder durchgeführte Projekte in sensiblen Bereichen
informiert.

Die Ministerkonferenz der OECD befasste sich mit der Notwendigkeit einer
umfassenden Reform der Exportkreditagenturen (ECAs) und beauftragte die
Arbeitsgruppe über Exportkredite und Kreditgarantien (ECG) mit der Ausarbeitung
von gemeinsamen Ansätzen zu Umweltrichtlinien.

Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang auch die Einigung für einen
Informationsaustausch über Umweltfragen bei größeren Projekten. Der Fortschritt in
dieser Frage zeugt von der Absicht der ECAs, beim Thema Umweltverträglichkeit
mehr Kooperation als bisher zu suchen, den Informationsaustausch auszuweiten
und vom OECD-Sekretariat verwalten zu lassen.

Inzwischen wurde jede ECA angehalten, Verfahren zu entwickeln, mit denen die
Umweltrelevanz von Großprojekten festgehalten werden soll, um daraufhin
Prüfverfahren einzuleiten. Während die Vertreter einiger ECAs, wie die der USA, die
Festlegung von Umwelt-Standards mindestens auf dem Niveau der Weltbank und
der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung fordern, ist auch die
Mindestbasis der Standards in den Empfängerländern in Diskussion.

Es ist unbekannt, welche Position Österreich im Rahmen dieser Arbeitsgruppe
vertritt. Angeblich spielen die österreichischen Vertreterinnen bei der Frage, ob
Nichtregierungsorganisationen zu Konsultationen eingeladen werden sollen, eine
Bremserrolle. Als Begründung wird die gesetzliche Lage angeführt
(Verschwiegenheitspflicht). Auch artikuliert Österreich angeblich Widerstand gegen
die Festschreibung einer nachhaltigen Entwicklung als eines der Ziele der
Exportfinanzierung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE:

1. Welche Position vertritt Österreich auf der Ebene der OECD hinsichtlich einer
Reform der Exportkreditagenturen (ECAs)?

2.  In welcher Weise informieren Sie die Öffentlichkeit und das Parlament über
laufenden Verhandlungen für eine Reform der ECAs bei der OECD?

3. Welche Vorschläge wurden seitens Österreichs in der Arbeitsgruppe über
Exportkredite und Kreditgarantien (ECG) hinsichtlich der Ausarbeitung von
gemeinsamen Ansätzen zu Umweltrichtlinien gemacht?

4. Welche Kriterien für die Umweltrelevanz von Großprojekten wurden seitens
Österreich vorgeschlagen (Standards mindestens auf dem Niveau der Weltbank
oder Standards der Empfängerländer etc.)?

5. Stimmt es, dass sich Österreich dagegen ausgesprochen hat,
Nichtregierungsorganisationen zu Konsultationen zuzulassen?

6. Stimmt es, dass sich Österreich gegen die Festschreibung einer nachhaltigen
Entwicklung als eines der Ziele der Exportfinanzierung ausspricht?

7. Was werden Sie unternehmen, um mehr Transparenz bei den
Entscheidungsprozessen der OeKB zu schaffen?

8.  Sind Sie bereit, das Ausfuhrförderungsgesetz dahingehend zu ändern, dass
Informationen über Projekte, die als sensibel eingestuft werden, der
Öffentlichkeit, den Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechts-NGOs sowie
dem Parlament noch während der Prüfphase zur Verfügung stehen?

9. Sind Sie bereit, bei der Entwicklung von neuen Umwelt-, Sozial- und
Menschenrechtskriterien die Nichtregierungsorganisationen und das Parlament
mit einzubinden?

10. Mittlerweile haben immer mehr ECAs Beobachtungskriterien für die
Umweltrelevanz von Projekten eingeführt, damit diese Erfahrungen in die OECD-
Verhandlungen einfließen können. Die OeKB ist in dieser Hinsicht kein Beispiel
für "good practice", sondern bietet nur unverbindliche Umweltrichtlinien an. Was
werden Sie unternehmen, damit der "Umweltschutz-Fragebogen" der OeKB
aussagekräftiger wird?

11. Befürworten Sie, dass Entscheidungen der Kontrollbank über Exportkredite und
Exportgarantien - ähnlich wie bei der Weltbank oder der World Commission on
Dams - nach klaren Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards getroffen
werden?

12. Befürworten Sie, dass die Einhaltung der Umwelt-, Sozial- und Menschenrechts-
standards mit einem an die österreichische Umweltverträglichkeitsprüfung


angelehnten Verfahren garantiert wird? Wenn nein, mit welchem Verfahren soll
die Einhaltung dieser Standards sonst garantiert werden?

13. Der Rechnungshof äußerte in seinem Nachtrag zum Tätigkeitsbericht 1997
ernste Bedenken gegen die Doppelrolle der Kommerzbanken als Eigentümer und
direkte Kunden der OeKB, da in dieser Konstellation Interessenskollisionen nicht
von vornherein auszuschließen wären. Wie beurteilen Sie diese Kritik und was
werden Sie unternehmen, sie zu entkräften?

14. Weiters bemerkte der Rechnungshof, dass kontroversielle Projekte zumeist nicht
im Beirat, sondern in den Sitzungen für Garantiepolitik behandelt würden, wo
auch die Entscheidungen über Anträge fielen, die an die Grenzen der
garantiepolitischen Richtlinien heranreichten. Wie beurteilen Sie diese Kritik und
welche Rolle spielen die Beiräte bei der Entscheidung von kontroversiellen
Projekten?

15. Stimmt es, dass angesichts der zunehmenden Abdrängung der öffentlichen
Exportfinanzierung in die risikoreicheren Märkte höhere Ausfälle und wachsende
Belastungen für den Bundeshaushalt wahrscheinlich werden? Wenn ja, welche
Konsequenzen ziehen Sie daraus? Wenn nein, wie entkräften Sie dieses
Argument?

16. Der OECD-Ausschuss für Entwicklungshilfe (DAC) steht auf dem Standpunkt,
dass Exportkredite prinzipiell nicht der Entwicklungshilfe zuzuordnen sind, da sie
vornehmlich dem Zweck der Exportförderung dienen. Deshalb sollte bei einem
zinsengestützten Kredit nur die öffentliche Stützung in die ODA hineingerechnet
werden, nicht jedoch der gesamte Exportkredit, wie das in Österreich gängige
Praxis ist. Alle anderen DAC-Mitglieder haben ihre Meldepraxis diesbezüglich
bereits geändert. Werden Sie daher ebensfalls die Meldepraxis dahingehend
ändern, dass nur der Anteil der öffentlichen Stützung in die ODA hineingerechnet
wird? Wenn nein, wie begründen Sie das?

17. In welchem Zusammenhang stehen die begünstigten Exportkredite mit dem
österreichischen Programm für Entwicklungszusammenarbeit (insbesondere mit
den Schwerpunktsektoren Umwelt, Frauenförderung, Armutsbekämpfung)?

18. In welchem Zusammenhang stehen die begünstigten Exportkredite mit den
Schwerpunktländern der österreichischen EZA?

19. Die OECD beanstandet schwere Verfahrensmängel dahingehend, dass die
Sektion
VII im Außenamt, die zur Beurteilung der Entwicklungshilfefähigkeit eines
Exportgeschäftes herangezogen wird, erst zu einem bereits fortgeschrittenen
Stadium der Projektgenehmigung herangezogen wird und dass das Ministerium
keine Möglichkeit habe, den Verlauf der Projekte zu kontrollieren. Was werden
Sie unternehmen, um dieser Kritik der OECD zu begegnen?

20. Sind Sie hinkünftig bereit, dem Parlament und der Öffentlichkeit nähere
Informationen über die als Entwicklungshilfe gemeldeten Kredite zur Verfügung

zu stellen? Wenn ja, in welcher Form, wenn nein, warum nicht?