3579/J XXI.GP

Eingelangt am: 06.03.2002

ANFRAGE

des Abgeordneten Grünewald, Lunacek, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit
betreffend Aufklärung über die Irak-Reise Jörg Haiders


Die kürzlich erfolgte Reise von LH Dr. Jörg Haider nach Bagdad fällt aufgrund des
Verdachts einer Umgehung der UN-Sanktionen, an die auch Österreich gebunden
ist, auch in den Kompetenzbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Arbeit.

Zusätzlich war mit dieser Irak-Reise eine Lieferung von Arzneispezialitäten als
Schenkung verbunden. Solche donations werden üblicherweise nach Richtlinien der
Weltgesundheitsorganisation abgewickelt. Siehe auch WHO/EDM/PAR/99.4
Guidelines for Drug Donations. Erhältlich unter: www.int//medicines/library/par/who-
edm-par-99-4/who-edm-par-99-4.pdf
oder auch unter dem Meldeblatt für “unhelpful
donations"; siehe: www.int/medicines/library/par/unhelpfuldonations.doc .
Den Medien ist zu entnehmen, dass es sich zumindest zum Teil um Arznei-
spezialitäten der Firma Baxter/lmmuno gehandelt habe. Die Zeitschrift Forum (436-
438, 24-29 Heft April/Juni 1990) hat berichtet, Baxter/lmmuno hätte ethisch
fragwürdige Schenkungen mit als infektiös zu betrachtenden FVIII nach Indien
durchgeführt.

Es stellt sich die Frage, ob auch bei der nun erfolgten Schenkung diverse
international akzeptierte und rechtsgültige Regeln (über jene des UN-
Sanktionenkomitees hinaus) verletzt worden sind, und es sich daher um eine
sogenannte “unhelpful donation" handelt, die natürlich auch unethisch wäre, da
allgemein anerkannte ethische Grundregeln verletzt worden sein könnten.

Das Wirtschaftsministerium war bis heute nicht in der Lage, wichtige Fragen zu Jörg
Haiders Irak-Reise zu beantworten.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Verurteilen Sie persönlich Jörg Haiders Reise in den Irak?

2.  Teilen Sie Jörg Haiders Meinung, dass seine umstrittene Reise in den Irak “etwas
bewegen" werde (APA 0335 vom 27.2.2002)?

3.  Wann ist das BMWA zum ersten Mal über die Absicht Jörg Haiders, eine Reise
nach Bagdad zu unternehmen, informiert worden?

4. Welche Informationen über die geplante Reise in den Irak hat die zuständige
Sektion vor Reiseantritt erhalten?

5.  Welche Informationen über die geplante Reise haben Sie selbst vor Reiseantritt
Jörg Haiders erhalten?

6.  Haben Sie nach Jörg Haiders Reise in den Irak mit ihm persönlich über diese
Reise gesprochen?

7. Wenn ja, was war der Inhalt dieses Gesprächs?

8. Hat Jörg Haider Sie über seine Besuche in irakischen Spitälern informiert?

9. Für wen waren Haiders "Hilfsgüter" bestimmt?

10. Wem hat Jörg Haider welche “Hilfsgüter" im Irak bzw. vorher schon in Damaskus
zur Übergabe überlassen?

11. Um welche “Hilfsgüter" handelte es sich konkret und von wem sind sie zur
Verfügung gestellt worden?

12. Die Mitnahme der “humanitären Güter" wurde vom Sanktionenausschuss der
UNO nicht genehmigt. Sie ist trotzdem erfolgt. War die Einfuhr der Güter nach
Syrien und/oder in den Irak trotz fehlender Zustimmung legal?

13. Wenn nein, welche österreichischen Gesetze und welche internationalen
Vorschriften wurden dadurch verletzt?

14. Nach der Ablehnung einer Einfuhr “humanitärer Hilfsgüter" in den Irak erfolgte ein
weiteres Ansuchen, in dem lediglich eine Fluggenehmigung ohne Transport von
Hilfsgütern beantragt wurde. Dieses Faktum beweist, dass es sich nicht um eine
humanitäre Reise gehandelt hat. Welchen Zweck hat die Reise Jörg Haiders in
den Irak dann Ihrer Meinung nach gehabt?


15. Aus welchen Arzneispezialitäten oder Medizinprodukten bestand die Lieferung?
(Bitte Handelsnamen, INN, Chargennummer, Anzahl und Ablaufdatum und Wert
angeben.)

16. Sind die Produkte gemäß WHO-Richtlinie im Empfängerland zugelassen?

17. Sind die geschenkten Produkte in Österreich zugelassen?

18. Wie ist die Lieferung erfolgt? Per Flugzeug, welcher Flug? Per Lastwagen, ab
wo? Wurde sichergestellt, dass gemäß WHO-Richtlinien der Landtransport durch
den Schenkenden finanziert wurde?

19. Sind alle Bestimmungen des österreichischen Arzneimittelgesetzes bei diesem
Export eingehalten worden? Wenn nein, welche nicht ? Warum nicht?

20. Gab es eine Ausfuhrbewilligung? Wenn nein, warum nicht?

21. Waren die Arzneispezialitäten in der WHO-Liste der “essential drugs" enthalten ?
Wenn nein, warum dann eine “donation"?

22.  Wenn laut Angaben die Kosten für die Flugreise deutlich höher waren als der
Wert der Medizinischen Güter, bewegt sich dann nicht die PR-Aktion gegenüber
der angeblichen Hilfsaktion, insbesondere wenn sich die wöchentlichen
Therapiekosten für kritische Patientinnen mit einer bösartigen Bluterkrankung
bereits in der Höhe des angeblichen Gesamtwertes der mitgeführten Güter
bewegen, in Höhe der Gesamtkosten und würde daher eine Spendenaktion an
eine fachspezifische NGO sinnvoller erscheinen lassen als eine so
kostenintensive Übergabe?

23. Medikamente zur Krebsbekämpfung sind risikoreich und mit beträchtlichen
Nebenwirkungen verbunden, die gelegentlich zu therapiebedingten Todesfällen
führen können. War es sichergestellt, dass vor Ort Erfahrungen im Umgang mit
diesen Medikamenten existieren und die Medikamentenbeschreibungen auch in
der Landessprache abgefasst sind?

24. Der Wert der sogenannten Hilfsgüter ist so niedrig dass befürchtet werden muss,
dass eine kontinuierliche Behandlung damit nicht gewährleistet werden kann. Zu
kurze oder unterbrochene Therapien können aber zur Resistenzentwicklung der
Krebszellen gegenüber diesen Medikamenten führen und so die Probleme noch
verstärken. Worin lag daher die Logistik dieser Lieferungen?

25. Können Sie ausschließen, dass Haider seinem irakischen Freund auch Proben
eines Pockenimpfstoffes mitgebracht hat, was von Bedeutung auch in Hinsicht
auf die im Irak vermuteten biologischen Kampfstoffe sein könnte?

26.FPÖ-Funktionäre betreiben seit Mai 2001 eine "Österreichisch-Irakische Gesell-
schaft", die die Freundschaft mit dem irakischen Regime pflegt und sich unter
anderem für die Aufhebung des Flugverbots für die irakische Luftwaffe einsetzt.
Unterstützt das BMWA die Tätigkeit dieser Österreichisch-Irakischen Gesell-
schaft?


27. Wenn ja, in welcher Form?

28. Werden Sie dem UN-Sanktionenkomitee einen Bericht über die Untersuchungen
zur Reise Jörg Haiders in den Irak übermitteln?

29. Was wird der Inhalt dieses Berichts sein?

30. Für wann ist die Überbringung des Berichts geplant?

31. Haben Funktionärinnen bzw. Regierungsmitglieder der FPÖ versucht, auf Ihre
öffentlichen Stellungnahmen zur Reise Jörg Haiders in den Irak Einfluss
auszuüben?

32. Ist durch die Reise nach Bagdad Schaden für Österreich entstanden?

33. Wenn ja, worin liegt dieser Schaden?

34. Begrüßen Sie Haiders Aussage vom 27.2.2002: “Wenn es der Kuwait wünscht,
werde ich mich wieder einschalten"?