3583/J XXI.GP

Eingelangt am: 07.03.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten


betreffend Vorgehensweise der österreichischen UN-Botschaft in New York zum Fall
eines unter Verdacht der Folter stehenden österreichischen Polizisten im Kosovo

Die US-Zeitung “Washington Post" berichtete in ihrer Ausgabe vom 6. März 2002,
dass ein österreichischer Polizist, der am 26. Feber d.J. gemeinsam mit kosovo-
albanischen Polizeioffizieren in Prizren wegen des Verdachts auf Folter eines
Albaners festgenommen worden war, kürzlich von österreichischen Beamten
Unterstützung für seine Flucht erhalten habe. Michael Steiner, der Leiter der UNO-
Mission im Kosovo, wird dabei mit folgendem Satz zitiert: “There appears to be little
doubt as to the active participation of Austrian authorities."

In der ZIB2 vom 6. März wurde ein Brief des österreichischen UN-Botschafters Dr.
Gerhard Pfanzelter gezeigt und zitiert, in dem dieser warnt, dass eine Auslieferung
des österreichischen Polizisten vor ein UN-Tribunal Konsequenzen für die Beteiligung
Österreichs an weiteren UNO-Missionen mit sich bringen könnte. Zitat Washington
Post (unter: http://www.washingtonpost.com/wp-dvn/articles/A45849-2002Mar6.htrnl):
“He also warned that if the incident was not resolved to his government's satisfaction,
Austria would consider ending its participation in U.N. peacekeeping operations
around the world."

Österreich hat gerade als neutraler Staat seine Aufgabe stets in der Unterstützung
von friedenserhaltenden UNO-Missionen gesehen. Nun ist Österreich, nach anderen
peinlichen außenpolitischen Fehlern, einmal mehr im Blickfeld negativer Kritik.
Mitverursacht wurde das durch eine zumindest widersprüchliche Vorgehensweise
von Beamtinnen des BMaA.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.  Wann und wie hat das BMaA von der Verhaftung des österreichischen Polizisten
im Kosovo erfahren?

2. Wann und wie wurde das BMaA über den Verdacht der Folter durch den
österreichischen Polizisten informiert?


3.  Sind Sie im Vorfeld über die Absicht des betroffenen österreichischen Polizisten,
den Kosovo zu verlassen, informiert worden?

4. Welchem Zweck diente Ihrer Meinung nach die Rückreise des Polizisten nach
Österreich?

5. Welche Informationen über gesundheitliche Probleme des betroffenen Polizisten
hatten Sie vor seiner Rückreise nach Österreich? Welche liegen Ihnen nun vor?

6. Wie und wann wurde die österreichische Mission bei den Vereinten Nationen in
New York über den Fall des österreichischen Polizisten im Kosovo informiert?

7.  Ist diese Information nach Wien einberichtet worden?

8. Wenn ja, wer hat wann in Wien diese Information erhalten (Sektion, GS, KBM,
BM)?

9. Wie lautete der Wortlaut des Briefes von Botschafter Dr. Pfanzelter?

10. Seit wann lag Ihnen der Brief vor?

11. Sie haben am 6. März 2002 im ORF erklärt, dass es sich bei der ganzen Angele-
genheit um ein “Missverständnis" handle. Wie interpretieren Sie dann den Brief
des österreichischen Botschafters?

12. Wie stehen Sie zur Interpretation des Briefes durch die Medien?

13. Haben Sie mit Botschafter Dr. Pfanzelter bereits Rücksprache über diesen Brief
und seine eigene Interpretation gehalten?

14. Welches Ergebnis hatte dieses Gespräch?

15. Wird diese Angelegenheit Konsequenzen für die zukünftige Teilnahme
Österreichs an UN-Missionen haben?

16. Wie werden Sie selbst dafür Sorge tragen, dass der Fall restlos aufgeklärt wird
und darüber hinaus alle Fakten gegenüber den Vereinten Nationen transparent
gemacht werden?

17. Wenn es sich tatsächlich um ein Missverständnis handelt: In welcher Weise und
wann wurden die Vereinten Nationen vom BMaA bzw. der österreichischen UN-
Botschaft über dieses Missverständnis aufgeklärt?

18. Wie lautet die Position der österreichischen Regierung zu zukünftigen
Peacekeeping-Missionen der UNO?